Transfercoup |06.10.2020|21:50

Darum wechselt Martin Harnik in die 5. Liga

Ex-Profi Martin Harnik im Trikot seines neuen Vereins TuS Dassendorf.[Foto: imago images/Hanno Bode]

Anzeige

68 Länderspiele für Österreich, 240 Bundesligapartien, Einsätze in der Champions League und Europa League: Schon bald wird Martin Harnik (33) seiner eindrucksvollen sportlichen Vita die ersten Auftritte in der Oberliga Hamburg hinzufügen. Ab sofort geht er dort für Serienmeister TuS Dassendorf auf Torejagd. Im FUSSBALL.DE-Interview spricht Sportchef Jan Schönteich über den Transfercoup.

FUSSBALL.DE: Mit der Verpflichtung von Martin Harnik hat die TuS Dassendorf für großes Aufsehen gesorgt. Wie haben Sie es geschafft, ihn von einem Wechsel in die 5. Liga zu überzeugen, Herr Schönteich?

Jan Schönteich: Eines vorweg: Natürlich sind wir sehr glücklich und stolz, dass Martin ab sofort in unserem Trikot aufläuft. Für uns ist die Sache an sich aber gar nicht so sensationell, wie es vielleicht von außen wirkt. Vielmehr war es eher naheliegend, dass Martin eines Tages für uns spielen würde.

Das müssen Sie uns näher erläutern!

"In den zurückliegenden Monaten war er als Zuschauer praktisch bei fast jedem Test- und Ligaspiel vor Ort. Künftig schaut er halt nicht nur zu, sondern steht für uns auf dem Platz"

Schönteich: Martin ist in Hamburg geboren, hat zusammen mit unserem Trainer Jean-Pierre Richter in der Jugend beim SC Vier- und Marschlande gespielt. Unser Angreifer Mattia Maggio ist Martins Schwager. Von daher besteht der Kontakt schon seit längerer Zeit. Martin wohnt außerdem bei uns im Dorf, übrigens fast als einziger unserer Spieler. In den zurückliegenden Monaten war er als Zuschauer praktisch bei fast jedem Test- und Ligaspiel vor Ort. Künftig schaut er halt nicht nur zu, sondern steht für uns auf dem Platz. (lacht) Klar ist aber auch, dass noch einige Dinge zusammengekommen sind, die für uns sprachen.

Was meinen Sie genau?

Schönteich: Wenn Martin in der abgelaufenen Saison mit dem Hamburger SV in die Bundesliga aufgestiegen wäre, hätte sich sein Vertrag automatisch verlängert. Dann wäre er sicher beim HSV geblieben, um noch einmal anzugreifen. Beim SV Werder Bremen, an den er noch bis 2021 gebunden war, fehlte ihm jedoch die sportliche Perspektive. Deshalb hat er sich entschieden, den Vertrag aufzulösen und seine Profikarriere zu beenden. Und wie gesagt: Dann war der Wechsel zu uns naheliegend.

Gab es denn keine anderen Angebote?

Schönteich: Martin hatte einige Optionen, hätte beispielsweise zum Drittligisten VfB Lübeck oder nach Dänemark wechseln können. Es hat für ihn aber nirgendwo so gepasst, dass er gesagt hätte, ich verlasse noch einmal meine Heimat und Familie. So kamen wir ins Spiel.

In Dassendorf hat Martin Harnik einen Drei-Jahres-Vertrag unterschrieben. Mal offen gefragt: Wie kann sich ein Fünftligist das leisten?

Schönteich: Ums Geld geht es bei dieser Verpflichtung ganz bestimmt nicht, auch wenn sich Martin im Rahmen unserer Möglichkeiten ein paar Euro dazuverdienen kann. Klar ist, dass er unseren Etat für das Team nicht belastet. Wir konnten mit anderen Aspekten punkten. Er baut gerade ein Haus, seine Frau Sharon ist sehr stark im Pferdebereich engagiert. Da konnten wir durch unser Netzwerk einige Türen öffnen. Vielleicht gelingt uns das auch noch, wenn es um eine neue berufliche Orientierung geht. Da ist Martin aber aktuell noch in der Findungsphase.

Wird er die Mannschaft sofort verstärken?

Schönteich: Martin steht mit 33 Jahren voll im Saft, ist sportlich ohne Zweifel eine Waffe für uns. Vor allem aber ist er als Mensch ein absolut umgänglicher, netter und angenehmer Charakter. Er wird uns allen in sämtlichen Bereichen weiterhelfen. Es ist unser großer Wunsch, dass er noch drei, vier oder gar fünf Jahre auf hohem Niveau für uns spielen kann.

In den vergangenen sieben Jahren schloss die TuS Dassendorf die Saison in der Oberliga Hamburg sechsmal als Meister ab, verzichtete jedoch jeweils auf den möglichen Aufstieg in die Regionalliga Nord. Könnte sich das jetzt ändern?

Schönteich: Nur weil wir einen langjährigen Profi verpflichtet haben, ändern wir ganz bestimmt nicht unsere Philosophie. Aktuell gibt es ohnehin Wichtigeres, als sich über einen möglichen Aufstieg Gedanken zu machen. Wir müssen erst einmal sehen, dass wir die Saison in der Corona-Pandemie irgendwie vernünftig über die Bühne bringen. Das wird schon schwierig genug, wie zahlreiche Spielausfälle in den vergangenen Wochen zeigen. Aber die Gesundheit steht an erster Stelle. Grundsätzlich würde ich nicht ausschließen, dass wir uns irgendwann mal mit der Regionalliga beschäftigen. Erst einmal müssen wir dafür jedoch die Rahmenbedingungen weiter verbessern.

Anzeige