Disteln-Trainer Koseler: "Wir sind elf Freunde"
Daniel Koseler (M.): "Wir haben eine hungrige Truppe, keine zusammengekaufte Mannschaft."[Foto: privat]
Der SV Vestia Disteln hat Erstaunliches erreicht. Als Aufsteiger hat die Mannschaft den zweiten Platz in der Westfalenliga belegt - mit sehr überschaubaren Mitteln. Entscheidenden Anteil daran hat Trainer Daniel Koseler. Als Spieler gewann der 29-Jährige mit der A-Jugend des FC Schalke 04 die Deutsche Meisterschaft. Seine Mitspieler waren damals unter anderem die beiden deutschen Nationalspieler Leroy Sané und Thilo Kehrer. Ein FUSSBALL.DE-Interview mit einem Trainer, dem viele eine große Zukunft prophezeien.
FUSSBALL.DE: Daniel Koseler, als Aufsteiger haben Sie direkt den zweiten Platz in der Westfalenliga belegt. Kommt das für Sie überraschend?
Daniel Koseler: Ja, schon. Dass wir so durchstarten werden, war nicht absehbar. Wir wollten uns natürlich schnell auf diesem Niveau etablieren und eine gute Rolle spielen. Aber dass wir es so gut machen würden, war nicht absehbar. Im Gegensatz zu anderen Klubs in der der Westfalenliga haben wir kaum personelle Veränderungen vorgenommen. Der Stamm der Mannschaft setzt sich aus den Spielern zusammen, die ich vor drei Jahren in der Bezirksliga übernommen habe und die schon damals Stammkräfte bei uns waren.
Also zwei Aufstiege in drei Jahren mit einem ähnlichen Kader. Wie ist das möglich?
Koseler: Ich will es nicht zu hoch hängen, aber auf uns trifft die Aussage zu, dass wir elf Freunde sind. Wir haben einen super Teamgeist. Bei uns stehen keine Spieler im Kader, die vielleicht schon Oberliga oder sogar Regionalliga gespielt haben. Unsere Jungs sind mit den Herausforderungen gewachsen und besser geworden. Wir haben eine hungrige Truppe, keine zusammengekaufte Mannschaft.
Sind Sie auch unterschätzt worden?
Koseler: Ich glaube schon, dass der eine oder andere gedacht hat, wer ist denn dieser SV Vestia Disteln, der da jetzt kommt? Und dann auch noch mit einem Kader, der eigentlich in der Bezirksliga zu Hause ist. Aber da haben wir ziemlich schnell die richtigen Antworten draufgegeben. Jetzt werden wir nicht mehr unterschätzt.
"Mit Leroy Sané war ich zusammen an der DFB-Eliteschule des Fußballs in Gelsenkirchen - das war eine coole Zeit damals"
Am Anfang lief es aber nicht so gut…
Koseler: Wir hatten tatsächlich Startschwierigkeiten und mussten uns dem höheren Niveau zunächst anpassen. Wir haben Fehler gemacht, die direkt bestraft worden sind. Da haben wir wirklich Lehrgeld bezahlt. Aber diese Rückschläge haben uns nur stärker gemacht. Was wir wirklich leisten können, haben wir nach Weihnachten gezeigt.
In diesem Jahr haben Sie die Mannschaft von Platz neun auf Rang zwei geführt.
Koseler: Wir waren die beste Rückrundenmannschaft und hatten zwischendurch eine Serie von neun Siegen in Folge. Wir haben uns aber auch in dieser Phase klargemacht, warum wir uns mehrfach in der Woche treffen: Wir wollen Spaß haben, wir wollen Fußball spielen, wir wollen gemeinsam erfolgreich sein. Diese Gedanken haben uns durch die Saison getragen. Nur so konnten wir auch die Topteams der Liga schlagen und ihnen den Schneid abkaufen.
Sie gehen jetzt in die vierte Saison als Trainer des SV Vestia Disteln. Zweimal sind Sie bereits aufgestiegen, diesmal haben Sie den Sprung in die Oberliga nur knapp verpasst. Was ist mittelfristig möglich?
Koseler: Bei aller Euphorie und bei allen Ambitionen darf man nicht vergessen, dass wir ein großer Freundeskreis sind, der zusammen Fußball spielt. Und das inzwischen recht erfolgreich. Darauf haben wir einfach Bock. So kann es gerne weitergehen. Wohin uns unser Weg dann führen wird, das weiß ich heute nicht. Für mich sind sowieso ganz andere Dinge viel entscheidender als der kurzfristige Erfolg: Mir ist es wichtig, dass jeder Spieler bereit ist, alles zu geben und Verantwortung zu übernehmen. Wenn das der Fall ist, stellt sich der Erfolg von ganz alleine ein. Davon bin ich überzeugt. Und aus dieser Überzeugung handeln wir weiter. Ich habe auf jeden Fall Hunger auf mehr. Ich würde mich auch gegen einen Aufstieg in die Oberliga nicht wehren. Wir haben den Anspruch, guten und erfolgreichen Fußball zu spielen. Aber wir bleiben locker, nur dann kann man Höchstleistung bringen. Wir geben alles. Gehen wir es an!
Sie selbst waren auf dem Weg zum Fußballprofi. In der Jugend beim FC Schalke 04 haben Sie unter anderem mit Leroy Sané und Thilo Kehrer zusammengespielt. Warum haben Sie es nicht geschafft?
Koseler: Es kann nicht jeder schaffen. Nur die wenigsten packen es. Ich habe es nicht geschafft. Viele verschiedene Gründe sind zusammengekommen. Leistungstechnisch war ich auf einem guten Weg. Aber es kommen dann auch soziale Faktoren dazu. Ganz wichtig auch: Setzt der Trainer auf dich? Ich war damals noch nicht so weit und habe den Schritt zurück in die Oberliga gemacht, um von dort nochmal anzugreifen. Leider habe ich mich dort dann schwer verletzt. Im Knie war alles kaputt, was kaputt gehen konnte. Danach bin ich nicht mehr zurückgekommen. Aber ohne Fußball geht es nicht. Deshalb bin ich sehr schnell Trainer geworden.
Was zeichnet Sie als Trainer aus?
Koseler: Da muss man wahrscheinlich besser andere fragen. Aber ich sehe mich als Energiespender. Ich ziehe die Jungs mit und pushe sie zu Höchstleistungen.
Wenn man eine Mannschaft in drei Jahren aus der Bezirksliga in die Spitzengruppe der Westfalenliga führt, kommen sicher Anfragen anderer Vereine, oder?
Koseler: Ich fühle mich hier sehr gut aufgehoben. Ich kann mich und meine Vorstellungen einbringen und umsetzen. Bestimmt kommt irgendwann der Zeitpunkt, an dem ich mir auch etwas anderes vorstellen kann. Aber im Moment bin ich hier wirklich zufrieden. Mein Ziel ist es, die Jungs besser und die Menschen im Verein glücklich zu machen. Vielleicht können wir noch den einen oder anderen Schritt nach oben gehen. Denn natürlich habe ich Ziele und Ansprüche: Ich möchte kein Hobbytrainer sein. Als Spieler durfte ich in den Profifußball reinschnuppern. Das hat schon richtig Bock gemacht. Keine Ahnung, wo meine Reise mittelfristig hingeht.
Sie haben mit Sané und Kehrer zusammengespielt. Haben Sie noch Kontakt zu den beiden?
Koseler: Nein, unsere Wege sind in verschiedene Richtungen gegangen. Mit Leroy war ich zusammen an der DFB-Eliteschule des Fußballs in Gelsenkirchen - das war eine coole Zeit damals. Wir haben häufig zusammen gegessen oder Hausaufgaben gemacht. Aber Kontakt haben wir heute trotzdem nicht mehr viel. Er ist im großen internationalen Fußball unterwegs, ich bin Trainer beim SV Vestia Disteln. Wir haben am Donnerstag mit der Vorbereitung auf die neue Saison begonnen. Es ist alles gut, so wie es gekommen ist.