FLVW-Kaminabend: beeindruckendes Schauspiel
Die SJC Hövelriege beeindruckte mit ihrem Stück: "Du sollst nicht töten". [Foto: Eva Paechnatz]
"Toleranz statt Diskriminierung". Integration und Inklusion war das Leitthema beim 5. Kaminabend des Fußball- und Leichtathletik-Verbandes in der Rotunde im SportCentrum Kamen•Kaiserau am Donnerstagabend. Zwei Halbzeiten, wie beim Fußball eben üblich, wurden dazu absolviert. Die erste tatsächlich im wahrsten Sinne des Wortes gespielt. Denn auf der Bühne stand die Jugend-Theatergruppe des SJC Hövelriege mit einem aufwühlenden und nachdenklichen Theaterstück. Die zweite Halbzeit gestaltete WDR-Sportmoderator Sven Pistor mit Gästen zu dem genannten Thema.
800.000 Menschen getötet, Hyperinflation, Hungersnot, Wehrmacht wichtige Rohstoffe konfisziert, komplette Infrastruktur zerstört, eine Million Menschen obdachlos, deutsche Unternehmen haben profitiert. Wie aus der Pistole geschossen werden die Fakten im Chor heruntergerattert. Dann erzählt Oma Irina, die das Massaker der deutschen Wehrmacht am 13. Dezember 1943 im griechischen Kalavrita als kleines Mädchen miterlebte, die zu Tränen rührenden Erlebnisse von diesem schrecklichen Tag, als deutsche Soldaten die meisten ihrer Familienmitglieder töteten. „Ein Tag“, sagte sie, „wo ein schwarzes Tuch über Kalavrita gelegt wurde“. In dem Stück „Du sollst nicht töten“ geht es um Jugendliche, die sich mit der griechisch-deutschen Geschichte auseinandersetzen und zeitgleich versuchen, die eigenen Schwierigkeiten des Lebens zu bewältigen.
Regisseur Martin Brettschneider gelang es dank der schauspielerischen Leistung der Heranwachsenden vom SJC Hövelriege diese Mischung aus Alltagsschwierigkeiten und nachwirkender Zeitgeschichte beeindruckend aufzuziehen. Nach der Griechenlandfahrt im Sommer 2012 entstand die Idee zu diesem Theaterstück und wurde mit dem Julius-Hirsch-Preis – der an das Schicksal des siebenfachen deutschen Nationalspielers Julius Hirsch erinnert, der 1933 wegen seiner jüdischen Herkunft aus seinem Verein Karlsruher FV ausgeschlossen und 1943 im KZ Auschwitz ermordet wurde – ausgezeichnet.
Anschließend bat Sven Pistor seine Gäste zur Talkrunde auf die Bühne. Jimmy Hartwig, früherer Nationalspieler und jetzt DFB-Integrations-Botschafter, bekannte, dass er Integration lebt und ist stolz, dass er mit dem DFB diesen Weg gehen kann. „Wir haben eine fantastische Jugend“, stellte er fest und bat darum, Respekt den Mitspielern, Gegnern und vor allem gegenüber den Schiedsrichtern zu zeigen.
Ulli Echtermann von Borussia Dröschede zeigte das seit drei Jahren laufende Integrationsprojekt seines Vereines auf, der eine 60prozentige Mitgliederschar mit Migrationshintergrund aufweist. Aufgestellt wurde ein 15 Punkte umfassender Verhaltenskodex, wo sich alle zu respektieren haben, deutsch gesprochen wird und Grenzen aufgezeigt werden. Vor gut einem Jahr stellte der Klub zudem eine Ausstellung zum Antisemitismus auf die Beine.
Immer noch Berührungsängste beim Thema Inklusion
Uwe Steinebach, FLVW-Koordinator für den Behindertenfußball, stellte bei seiner Arbeit fest, dass der Inklusionsgedanke noch mit Problemen behaftet ist, Berührungsängste vorherrschen und alles erst noch zusammenwachsen muss. Das FLVW-Integrationsturnier mit dem Schirmherren und FLVW-Botschafter Hans Tilkowski sei ein verheißungsvoller Wegweiser gewesen. „Ich bin immer wieder begeistert“, tat er kund, „mit welcher Freude Behinderte auf mich zukommen.“ An das Integrationsturnier schloss Jürgen Lücke vom SC Hörstel an. Sein Verein richtete diese Veranstaltung aus und hat zudem eine integrative Gruppe im Spielbetrieb. „Es gibt dabei so viele unmittelbare Berührungspunkte mit den Jugendlichen“, verriet er, „sie zeigen ihre Freude so direkt.“Sven Pistor fasste den 5. Kaminabend mit einem Satz zusammen. „Ich glaube, in den Köpfen hat sowohl das Theaterstück als auch die Talkrunde vieles angestoßen.“ Und FLVW-Präsident Hermann Korfmacher, der die vielen Gäste, Sponsoren des Verbandes in „seinem Haus“ begrüßte, glaubt, dass „uns vieles erhellen lässt“.
"Ich glaube, in den Köpfen hat das Theaterstück und der Abend viel angestoßen."