SC Mülheim-Nord |06.11.2014|12:15

Start-up: Kurth coacht Kölner Kreisligisten

Wegweiser: Markus Kurth mit einem Spieler des SC Mülheim-Nord. [Foto: Wolfram Kämpf]

In Köln-Mülheim bewegt sich was. Unter dem Titel „Mülheim 2020“ bemüht sich die städtische Verwaltung - unterstützt von Land, Bund und Europäischer Union - den Stadtteil voranzubringen. Die Fußballer des SC Mülheim-Nord sind da schon einen kleinen Schritt weiter. Sie haben auf dem Weg zurück nach oben das erste Etappenziel erreicht. Der ehemalige Landesligist stieg in die Kreisliga A auf. So soll es weitergehen. Und dabei setzen sie vor allen Dingen auf den neuen Trainer: Markus Kurth.

Der gebürtige Neusser absolvierte 330 Spiele in der Bundesliga und 2. Bundesliga. Er lief für Bayer Leverkusen, den 1. FC Nürnberg, den 1. FC Köln und den MSV Duisburg auf. Das war ein gute Schule und ist ein gutes Fundament für die neue Aufgabe. „Ich will Erfahrungen sammeln und dafür ist der Job in Mülheim perfekt“, sagt der 41-Jährige, der bislang als Co-Trainer beim Regionalligisten FC Viktoria Köln und als Chefcoach beim Niederrhein-Oberligisten Sportfreunde Baumberg arbeitete.

Persönliche Kontakte waren es, die im Sommer ein Engagement bei dem kleinen, aber durchaus traditionsreichen Verein im rechtrheinischen Köln ermöglichten. „Als im Vorstand die Idee aufkam, Markus Kurth den Trainerjob bei uns anzubieten, habe ich gedacht, dass das niemals funktionieren würde“, sagt Walter Vogt. Doch der Vereinsvorsitzende sah sich schon kurz darauf eines Besseren belehrt. „Er ist uns extrem entgegengekommen“, erklärt Vogt.

Frischer Wind durch den Ex-Profi

"Hier musst du schauen, ob alle Jungs Stutzen haben, alle Spielerpässe vorliegen und für das Training ausreichend Bälle zur Verfügung stehen"

Eingewöhnen musste sich Kurth nicht lange. Der reibungslose Einstieg hat gute Gründe. Der Ex-Profi wohnt im benachbarten Stadtteil Holweide. Sein Sohn Maurice spielte eine Weile für Mülheim-Nord. Von daher kennt der Papa die Anlage, die Nöte, die Menschen, das multikulturelle Umfeld des Vereins. Und er hatte kein Problem damit, sich mit den Bedingungen zu arrangieren. Hinzu kommt das besondere Verhältnis zu den Machern beim SC. „Ich bin mit dem Vorstandsmitglied Frank Feinen und einigen anderen Klubverantwortlichen schon lange befreundet“, erklärt Kurth, „als der Verein dann im Sommer einen Coach suchte, habe ich spontan ja gesagt.“

Mit seiner Entscheidung half Kurth dem Klub aus einem Dilemma. Denn Muzaffer Yilmaz, der das Team im Saisonendspurt interimsweise als Spielertrainer zum Aufstieg geführt hatte, wollte wieder kürzertreten. So war der Job auf der Trainerbank trotz des sportlichen Erfolgs vakant. Doch es wurde ein Lösung gefunden, mit der alle zufrieden sind.

Die Verpflichtung Kurths sorgte für neue Energie – zusätzlich zur Aufbruchstimmung nach dem Aufstieg. „Er ist ein super Fang für den Klub. Die Spieler sind begeistert und ziehen voll mit“, sagt Vogt. Ihn beeindruckt vor allem die Akribie, mit der Kurth zu Werke geht. Der einstige Offensivspieler sei stets schon 30 Minuten vor Trainingsbeginn auf der Anlage, um die Einheit vorzubereiten, sagt der Klubchef. „Wenn ich ihn dabei beobachte, wie er die Trainingsmaterialien aufbaut, denke ich jedes Mal: Mensch, der Markus hat heute schon wieder einiges vor. Bei ihm ist ganz klar vieles hängengeblieben in all den Jahren als Profi.“

Das will Kurth nicht bestreiten. Die Liste der Trainer, unter denen er gearbeitet hat, ist lang und weist einige namhafte Vertreter des Faches auf. Sie reicht von Friedel Rausch und Felix Magath über Willi Entenmann und Heiko Scholz bis zu Ewald Lienen und Friedhelm Funkel. „Ich habe mir sicherlich von jedem Coach etwas abgucken können“, sagt Kurth. Die Akribie von Lienen, die Aufrichtigkeit von Scholz und die Härte von Magath.

Allemal ein interessanter Mix. Aber Kurth will daraus seinen eigenen Stil entwickeln, seinen eigenen Weg finden. Eine Idee hat er natürlich schon. Seine Philosophie und Zielrichtung ist klar: Kurth will frühes Pressing, schnelles Umschaltspiel und attraktiven Fußball sehen. „In diesem Ansinnen unterscheide ich mich wohl kaum vom Großteil meiner Trainerkollegen“, sagt Kurth, „entscheidend ist aber, was für Spielertypen dir als Coach zur Verfügung stehen. Das System muss schließlich zu den Jungs im Kader passen.“

Und die spielen derzeit in der Kreisliga A. Und dort ist weniger taktisches Feintuning als vielmehr Basisarbeit gefragt. „Hier musst du schauen, ob alle Jungs Stutzen haben, alle Spielerpässe vorliegen und für das Training ausreichend Bälle zur Verfügung stehen“, erzählt Kurth. Ein annähernd professionelles Umfeld sucht man rund um den in die Jahre gekommenen Aschenplatz an der Rixdorfer Straße vergebens. Die Trümpfe des Klubs sind andere: eine familiäre Atmosphäre und kurze Entscheidungswege. Wer anpackt, kann etwas bewegen – so einfach ist das. Und Kurth packt an. Schließlich will er nicht nur als Trainer vorankommen und sich seinem langfristigen Ziel, einem Engagement in der Regionalliga, ein Stückchen nähern, sondern er will seinen Spielern die Chance eröffnen, sich weiterzuentwickeln.

Kurth eifert in dieser Beziehung einem Vorbild nach. Auch er hatte einen Mentor - wenn auch auf einer anderen Ebene. Hermann Gerland, der Kurth als Jugendspieler einige Male gesehen hatte, glaubte an ihn und holte ihn nach Nürnberg, als seine Karriere in Leverkusen gerade etwas klemmte. „Ihm habe ich viel zu verdanken“, sagt Kurth.

Fünf Erstliga-Aufstiege

Zunächst war es für den Offensivspieler ein Rückschritt. Er ging mit den Franken in die Regionalliga. Doch die damals dritthöchste Spielklasse war genau das richtige Feld für ihn, um sich zu entfalten. Mit 16 Toren in 34 Spielen war er maßgeblich am Aufstieg beteiligt. Mehr noch: Unter Magath glückte der Durchmarsch bis in die Bundesliga. „Das war schon der Wahnsinn“, sagt Kurth, der für die Franken 121 Spielen absolvierte und dabei 30 Tore erzielte. Ein Jahr später wechselte er zum Zweitligisten 1. FC Köln, mit dem er in der darauf folgenden Saison in die Bundesliga aufstieg. Mit dem Engagement beim MSV Duisburg (121 Spiele/33 Tore) endete die Zeit in den deutschen Profiligen, in der Kurth alleine fünf Erstliga-Aufstiege miterlebte.

Die vielen Jahre als Profi haben Kurth vor allem drei Dinge gelehrt: Flexibel zu sein, einen Job nicht halbherzig anzugehen und trotz allem gelassen zu bleiben. „In Sachen Trainerkarriere setze ich mich nicht unter Druck“, sagt Kurth, der zudem als Angestellter einem Bürojob nachgeht. „Aber wenn ein passendes Angebot kommt, stehe ich bereit“, sagt er.

Klubchef Vogt weiß das und will ihm auf keinen Fall Steine in den Weg legen, wenn ein Ober- oder Regionalligist anfragt. „Da hat er unser Wort“, sagt Vogt. Doch noch ist es nicht so weit. Noch ist Kurth Bestandteil des Aufwärtstrends eines kleinen Klubs, der sich in der A-Liga etablieren will, sehnlichst auf den Bau eines Kunstrasenplatzes wartet und sich freut, dass immerhin die Einfahrt und der Parkplatz frisch gepflastert worden sind.

Kurth lebt genau diese Freuden und Sorgen voll mit. Ohne Distanz, Überheblichkeit oder Allüren. Kein Wunder, dass Vogt hofft, dass der einstige Profi dem Klub noch ein wenig erhalten bleibt: „Das wäre toll. Denn es passt einfach. Auch menschlich. Der Markus gehört zu uns. Er ist inzwischen ein echter Mülheimer Jung.“