Landesliga|14.06.2015|09:00

Alegre: Landesliga statt Primera División

Nach dem unvollendeten Traum: David Marti Alegre und der SV Deutz fühlen sich wohl miteinander. [Foto: Benjamin Horn]

Beim FC Valencia wollte David Marti Alegre Profifußballer werden. Er duellierte sich mit heutigen Stars wie Isco von Real Madrid oder Juan Mata (Manchester United). Der Arbeit wegen kam Alegre dann nach Deutschland, dort hat er beim Kölner Landesliga-Aufsteiger SV Deutz 05 eine neue sportliche Heimat gefunden.

Manchmal kommt er noch, dieser Gedanke: Was wäre gewesen, wenn…? Wenn ihn keine Verletzungen zurückgeworfen hätten und er sein volles Potenzial zur richtigen Zeit abgerufen hätte. Wäre David Marti Alegre dann heute Profifußballer in der spanischen Primera División statt deren Spiele von Deutschland aus am Fernseher zu verfolgen? "Ich weiß es nicht. Es gehört so viel Glück dazu, aber die Chance war auf jeden Fall da", sagt er.

Ingenieur bei Ford – Glücksfall für den SV Deutz

Mit 14 Jahren kam der talentierte Angreifer ins Nachwuchsleistungszentrum des FC Valencia und durchlief anschließend alle Jugendmannschaften des Topklubs. Anfang des Jahrtausends gehörte der FC Valencia noch zu den großen Namen im europäischen Klubfußball, stand 2000 und 2001 im Finale der Champions League. Als David Marti Alegre erstmals für die Jugendauswahl des größten Vereins aus seiner Heimatstadt stürmte, hatte Valencia gerade das Double aus Meisterschaft und UEFA-Pokal gewonnen. Das war im Jahr 2004. Die Vorbilder des jungen Stürmers waren die Argentinier Roberto Ayala und Pablo Aimar, aber auch Torhüter Santiago Canizares, der mehr als 300 Spiele für den Klub mit der Fledermaus im Logo absolvierte.

"Ich bin glücklich, wie es ist"

Wie oft David Marti Alegre für Valencia auf dem Rasen stand, weiß er nicht genau. Nach Ablauf der Ausbildung in der Jugendakademie wurde der technisch versierte Stürmer in die zweite Mannschaft übernommen und stand heutigen Stars wie Juan Mata von Manchester United oder Real Madrids Isco auf dem Rasen gegenüber. Es folgte eine Leihe zu einem Drittligisten aus der Region, eine Rückkehr zum FC Valencia gab es anschließend nicht mehr. "Ich hatte Pech mit einigen Verletzungen und mein Vertrag ist ausgelaufen."

Weil seine Eltern viel Wert auf eine gute Ausbildung legten, studierte Alegre neben dem Fußball. Einen Job fand er nach dem Studium schließlich in Deutschland - wie viele andere hoch qualifizierte Spanier, die ihr Heimatland verlassen, weil sie bei einer Jugendarbeitslosenquote von mehr als 50 Prozent keine berufliche Perspektive sehen.

David Marti Alegre arbeitet nun als Ingenieur bei Ford in Köln. Der Sport trat zunächst in den Hintergrund - bis der Spanier seinen heutigen Mitspieler Filippo Zammitto kennenlernte und zum Training begleitete. Für die Sportvereinigung Deutz 05 ein absoluter Glücksfall. "Wir haben ihn gleich ins Vereinsheim gezerrt und ihm einen Vertrag vorgelegt", erzählt SV-Trainer Wolfgang Rieger. 41 Tore in 45 Ligaspielen hat Alegre in zweieinhalb Jahren für die Deutzer erzielt. "Ich fühle mich hier richtig wohl. Der Verein ist wie eine Familie", sagt der Angreifer. Dem 26-Jährigen fiel es daher leicht, mehreren Angeboten höherklassiger Vereine zu widerstehen.

Mit 16 Toren und sieben Vorlagen in 23 Spielen hatte Alegre maßgeblichen Anteil daran, dass der Kölner Traditionsverein als Tabellenzweiter der Bezirksliga, Staffel 1, in der abgelaufenen Saison den Aufstieg in die Landesliga geschafft hat. Allein in den ersten zehn Saisonspielen traf die Deutzer Nummer zehn zehnmal. "Die Hinrunde war gut. In der Rückrunde haben wir schlecht begonnen, aber dann elf Siege in Folge gelandet. Damit können wir zufrieden sein", sagt David Marti Alegre.

Noch immer großer Valencia-Fan

Mittlerweile ärgert er sich nur über seine eigene Urlaubsplanung. Anfang August ist der FC Valencia in Alegres neuer Heimat zu Gast und nimmt an einem Vorbereitungsturnier mit dem 1. FC Köln, Stoke City und dem FC Porto teil. "Leider habe ich meine Flüge schon gebucht. Ich wäre gerne dabei gewesen." Noch immer ist er großer Fan des Vereins, der aus finanzieller Not in den vergangenen Jahren seine größten Stars wie David Villa, Juan Mata oder Jordi Alba verkaufen musste. Heute gehört der deutsche Nationalspieler Shkodran Mustafi zu den sportlichen Aushängeschildern des FC Valencia.

Auf den Trikots, die sich Alegre jedes Jahr kauft, steht über der Nummer zehn ohnehin ein anderer Name: sein eigener. Es sind die letzten Überbleibsel des unvollendeten Traums von der großen Karriere im Profifußball, den so viele träumen und den nur die wenigsten leben dürfen.

Nach drei Wochen, die David Marti Alegre mit seiner Freundin und seinen Eltern in Spanien verbringen wird, beginnt die Vorbereitung auf die kommende Saison in der Landesliga. "Wir haben viel Qualität in der Mannschaft und können einen Platz im oberen Mittelfeld erreichen", meint er. Der FC Valencia darf nach dem vierten Platz in der abgelaufenen Saison die Qualifikation für die Champions League spielen. Was wäre gewesen, wenn…? "Ich bin glücklich, wie es ist", sagt Alegre.