Wer mit der Ehrenrunde tourt, muss stark sein
Ehrenrunde mit dem WM-Pokal, statt im Leipziger Alfred-Kunze-Sportpark [Foto: Getty Images]
Christian Meyer muss dieser Tage stark sein. In mehrfacher Hinsicht. Zum einen, weil die Belastung groß ist. Wegen der Ehrenrunde. Und weil die Entbehrungen groß sind. Wegen der Ehrenrunde. Doch eins nach dem Anderen.
Am heutigen Samstag gastiert die Ehrenrunde beim SV Hinterzarten. Im südwestlichen Zipfel der Republik. Weiter weg von Zuhause geht es nicht mehr für Christian Meyer. Bis nach Leipzig sind es rund 630 Kilometer. Das heißt, der 35-Jährige hat keine Chance, um 15 Uhr das Spiel des FC International Leipzig gegen die BSG Chemie Leipzig zu sehen.
Es ist die Partie seines Klubs. Im wahrsten Sinne des Wortes. Christian Meyer war Mitgründer des FC International Leipzig. Im August 2013 war das. Bis Januar 2015 fungierte er sogar als Präsident. Und jetzt steht der Klub vor seinem größten Erfolg in der noch sehr jungen Vereinsgeschichte. Es geht um den Aufstieg in die Oberliga Nordost. Am Samstag, am vorletzten Spieltag, trifft der Zweite auf den Dritten in der Wernesgrüner Sachsenliga. Auch der Vize-Meister steigt direkt auf. "Es werden bis zu 3.000 Zuschauer erwartet", sagt Christian Meyer. Nur er ist nicht Alfred-Kunze-Sportpark dabei.
Fast drei Monate unterwegs
"Und nach Feierabend gibt es meistens noch ein Bierchen"
Aber Christian Meyer lamentiert nicht. Mit dieser Geschichte geht er nicht hausieren. Im Gegenteil. Davon erfährt man erst im zweiten Anlauf. Denn der Mittelstürmer ist stark. Fußballerisch sowieso. In seiner Jugend brachte er es bis in die U 18- und die U 19-Nationalmannschaft und spielte dort an der Seite von Spielern wie Sebastian Deisler, Sebastian Kehl oder Timo Hildebrand. Aber mental auch. Denn er kann sich auf die Aufgabe fokussieren, die für ihn ansteht.
Seit 15 Jahren arbeitet Christian Meyer mittlerweile selbstständig im Eventbereich. Die dabei gesammelte Erfahrung brachte ihm einen Job auf der Ehrenrunde ein. Als einer von zwei Teamleitern begleitet er die "2014 FIFA World Cup Winner’s Trophy" auf der kompletten Deutschland-Tour, zu allen 63 Stopps, von der Auftaktveranstaltung am 26. Mai in Frankfurt am Main bis zum letzten Halt Ende August. Das heißt, er wird fast drei Monate nur unterwegs sein. Das erfordert Substanz, da muss man stark sein.
Körperliche Fitness erfordert der Job auf der Ehrenrunde in mehrerer Hinsicht. Man sollte gut beisammen sein und sich schnell regenerieren können. Für Langschläfer ist die Tour nichts. Die Tage sind ausgefüllt. An Eventtagen ist das Team spätestens um 9 Uhr unterwegs. Um 21 Uhr machen die Trucks zu. Dann wird abgebaut. "Und nach Feierabend gibt es meistens noch ein Bierchen", erzählt Christian Meyer. So dass die Crew-Mitglieder vor Mitternacht selten ins Bett kommen.
"Wir sind eingespielt"
Lange Tage, die auch Muskeleinsatz verlangen. Einmal am Tag muss Ehrenrunde -Setup aufgebaut – und wieder abgebaut werden. Klingt so einfach, ist aber nicht leicht. Zwei Trucks und drei Mercedes-Benz-Sprinter gehören dem Ehrenrunde -Konvoi an. Randvoll bepackt mit Material. Stellwände, Tensatoren, Sandsäcke, Pflastersteine und vier überdimensionale Sterne gehören zum Beispiel zum Equipment. Das Gewicht, das sie täglich bewegen, haben sie noch nicht gemessen. Aber das Team hat mittlerweile, nach zehn Stopps eine Routine entwickelt. "Wir haben die Abläufe drin. Wir sind eingespielt", sagt Christian Meyer.
Was wichtig ist. Denn es ist ein zusammengewürfelter Haufen, der sich da für die Ehrenrunde zusammengefunden hat. Sieben Personen sind es, die die Ehrenrunde von vorne bis hinten begleitet. Es ist von Vorteil, wenn man sich versteht, wenn man über einen derart langen Zeitraum zusammen ist.
Aber es scheint bisher auch nicht sonderlich schwer zu sein, die Laune zu behalten, stark zu sein. "Wir werden von den Vereinen und Organisatoren stets sehr positiv, sehr herzlich, mit offenen Armen empfangen", erzählt Christian Meyer. Er berichtet davon, dass an jedem Ort, an dem sie ankommen, bereits die Freiwilligen warten. Und die würden auch richtig mit anpacken. "Das sind die ja auch von der Vereinsarbeit gewohnt", sagt er.
Und dann gibt es auch noch die vielen Situationen, aus denen Christian Meyer und seine Kollegen die Kraft für die lange Tour schöpfen. Immer wieder die glücklichen Gesichter, derer die den WM-Pokal sehen durften. "Das ist wichtig für uns", sagt er und berichtet im gleichen Atemzug von einem Kind, das körperlich und geistig behindert ist. "Das habe ich mit reingeschleust, es hat mich anschließend umarmt und fest gedrückt. Das war eine sehr schöne Begegnung." Man hört, das es ihn bewegt. Und man weiß somit auch, dass er deswegen manche Entbehrung auf sich nehmen kann. Auch wenn es den eigenen Verein betrifft.