Hövelhofs Rekordfrauen: 219 Tore, 1 Gegentor
Sie können nicht nur Tore schießen, sondern auch zünftig feiern: die Frauen des Hövelhofer SV. [Foto: privat]
Irgendwo zwischen Cala Ratjada und dem Festplatz in Hövelhof hatte Claudia Kersting vorrübergehend die Stimme verloren. Hinter ihr lag ein strammes Partyprogramm. Mit den Frauen des Hövelhofer SV feierte sie erst auf einer Planwagentour, dann auf Mallorca und hinterher noch auf dem heimischen Schützenfest. Es waren Tage voller Jubel, Trubel und Heiserkeit nach einem Jahr der Rekorde, in dem Hövelhofs Frauen bundesweit Maßstäbe gesetzt hatten.
Ob die Fußballerinnen neben dem Platz Lautstärkerekorde gebrochen haben, ist nicht überliefert. Fest steht nur, dass sie auf dem Feld für zwei Bestmarken sorgten. Mit einem Torverhältnis von 219:1 stieg das Team aus dem Kreis Paderborn in die Bezirksliga auf. Keine Mannschaft in Deutschland erzielte in der abgelaufenen Saison mehr Treffer. Selbst der FC Kreuzberg, die Tormaschine im Männerfußball, kam nur auf 212. Hövelhof stellte mit nur einem einzigen Gegentor auch die beste Frauen-Abwehr der Republik.
21:0 zum Saisonauftakt
Bereits in der Saison zuvor stimmte die Statistik. Stattliche 2,5 Punkte holte Hövelhof damals im Schnitt, kassierte nur zwei Niederlagen. Trotzdem reichte es nur zu Platz drei. „Das ist halt die Kreisliga. Man verliert nur zwei Spiele und verfehlt trotzdem seine Ziele“, sagt Kersting. In Hövelhof machte sich in der Sommerpause eine Jetzt-erst-recht-Mentalität breit. „Wir mussten es einfach packen“, sagt Kapitänin Kersting. Nach einem 21:0-Sieg zum Saisonauftakt wusste jeder, dass es der HSV ernst meinte. Später gab es noch ein 20:0 und ein 19:0.
"Damals konnten wir noch nicht mal den Anstoß vernünftig ausführen"
Solche Ergebnisse rufen automatisch Skeptiker auf den Plan. Es gibt die Frage, ob sich so ein überlegenes Team Verstärkung aus höheren Klassen geholt hat. „Das ist nicht der Fall. Die ein oder andere hat schon mal in der Bezirksliga gespielt, aber ansonsten ist unsere große Stärke die Geschlossenheit“, betont Claudia Kersting. Das beweist die Statistik: Hövelhof hatte in der Aufstiegssaison 17 verschiedene Torschützinnen.
Auch Carina Dohle zeigte Stärken im Abschluss. Dabei hütet sie eigentlich das Tor beim HSV. Doch Coach Levent Yönek gönnte Carina Dohle auch mal einen Einsatz im Angriff. Das zahlte sich aus. Der Torfrau gelang ein Dreierpack. Spielerinnen aus der U17 leisteten mit guten Leistungen und Toren ebenfalls ihren Beitrag zum Aufstieg.
Sieben Absagen, zwei Abbrüche
Eigentlich klingt es nach einer perfekten Saison. Wenn da nicht die vielen Absagen gewesen wären. Siebenmal verzichtete ein Gegner auf das Duell mit Hövelhof. In zwei Partien gab es einen Spielabbruch. Die Trainer der anderen Mannschaft wollten so eine noch höhere Niederlage verhindern. „Die Absagen und Abbrüche haben uns natürlich den Schnitt versaut“, sagt Claudia Kersting. Sie kann die Einstellung mancher Gegner nicht nachvollziehen und denkt dabei an die ihre eigenen Anfänge. „Anfangs habe ich als Spielerin auch viele Klatschen kassiert. Damals konnten wir noch nicht mal den Anstoß vernünftig ausführen“, erzählt Kersting.
Doch sie bewies Geduld. Mit Erfolg. Im dritten Jahr nach der Teamgründung stieg Kersting mit Hövelhof in die Bezirksliga auf. Wie ein guter Anstoß aussieht, müssen sie und ihre Teamkolleginnen nur noch selten zeigen. Einmal pro Partie legten sie den Ball auf den Mittelpunkt – immer zum Beginn einer Halbzeit. Und am drittletzten Spieltag musste der HSV einen weiteren Anstoß ausführen. Dabei hatte das Spitzenspiel gegen den SC Borchen II wie jede Partie begonnen. Zwei Minuten waren gespielt, schon jubelte Hövelhof. „Da haben wir uns ziemlich lange gefreut. Eigentlich zu lange“, erzählt Torschützin Kersting. Borchen glich aus. Kersting kann heute darüber lachen, zumal sie kurz nach dem Rückschlag das Siegtor folgen ließ. Nach dem Erfolg gegen den einzigen Verfolger konnte der HSV feiern und sich neue Ziele stecken.
In der Bezirksliga zählt für Hövelhof wieder nur Platz eins. „Wir haben im Pokal schon bewiesen, dass wir mit höherklassigen Mannschaften mithalten können“, sagt Kersting. Gegen Borchens erste Mannschaft, die in der Westfalenliga um Punkte spielt, schied Hövelhof unglücklich aus. „Da haben wir kurz vor Schluss den Gegentreffer kassiert, allerdings mussten wir zu dem Zeitpunkt schon 3:0 führen“, meint Claudia Kersting. Wenn Hövelhof die Leistungen in der Bezirksliga bestätigt, könnte es sein, dass die Spielerinnen in der kommenden Saison nur eines verlieren: ihre Stimmen auf der nächsten Aufstiegsfeier.
Anmerkung der Redaktion: An diesem Text wurde um am 15.7. um 11.55 Uhr eine kleine Änderung vorgenommen.