Mobil im Spiel |09.04.2018|08:30

Amateurklubs: Digitale Chancen optimal nutzen

Mit der Welt vernetzen: Den Dorfklub in den sozialen Medien präsentieren.[Foto: 2018 Getty Images For DFB Journal]

Die Welt wird immer mobiler und digitaler. Die Veränderungen sind überall spürbar – im Arbeitsleben, im Alltag, auch im Amateurfußball und der Vereinsarbeit. Da macht es Sinn für Amateurklubs, sich die Chancen und Vorteile der Digitalisierung zu vergegenwärtigen und diese bestmöglich zu nutzen. Unser Autor gibt Innenansichten aus seiner Tätigkeit als Trainer und Öffentlichkeitsarbeiter seines Vereins aus der 8. Liga.

Für Trainer im Amateurbereich war es früher ein eisernes Gesetz. Wer nicht am Training teilnehmen kann, hat dies dem Coach persönlich mitzuteilen, mindestens am Telefon, besser noch von Angesicht von Angesicht. Früher, das war die Zeit, als manches, aber nicht alles besser war. Früher, das war, als Spielausfälle in der Mannschaft noch mittels Telefonkette über Festnetz weitergegeben werden mussten. Früher, das war auch noch, als es schon Handys und SMS gab.

Sechs Jahre ist es her, seit ich in meinem Heimatverein das Traineramt für die 1. Mannschaft übernommen habe. Besagter FC Germania 09 Niederrodenbach spielt in der 8. Liga, in Hessen wohlklingend Kreisoberliga genannt, einer der vielen dörflichen Klubs in den Ausläufern des Rhein-Main-Gebiets, wenige Kilometer entfernt von Hanau, der Heimatstadt der Brüder Grimm und von Rudi Völler.

Eine meiner ersten Amtshandlungen war, mit dem eisernen Gesetz zu brechen. Abmeldungen fürs Training sind bei mir auch per WhatsApp erlaubt, ehrlich gesagt sind sie mir sogar lieber, als wenn mich der Spieler anruft. Einige ältere Kollegen kritisieren, die Textnachrichten würden die Hemmschwelle senken, das Training abzusagen. Das mag teilweise so sein. Andererseits: Lust auf Fußball sollte ein Spieler schon mitbringen, um Bestandteil einer Mannschaft zu sein. Und die Zeit, die sich ein Trainer spart, während seines normalen Arbeitstages kein Gestammel über Jahrestage mit der Freundin oder Geburtstage der Großtante ertragen zu müssen und womöglich noch in eine langwierige Diskussion einzusteigen, von wegen schlechtes Gewissen und so, ja, diese Zeitersparnis ist viel wert. Trainer im Amateurfußball, wird zurecht behauptet, könnten über Trainingsabsagen ein Buch schreiben. Dank der schriftlich oder in Audios festgehaltenen Beweise in den Messengern dieser Welt können sie es nun tatsächlich. Mit Leichtigkeit. Noch ein schöner Nebeneffekt der Digitalisierung.

"Achim, wo ist die Mappe von der Zweiten, da ist der Pass noch drin"

Chancen und Vorteile

Digitalisierung ist ein großes Wort. So gut wie jeder hat den Begriff schon gehört. Was sich dahinter genau verbirgt, können nur wenige erklären. Per Definition bezeichnet Digitalisierung die Veränderungen von Prozessen, Objekten und Ereignissen, die bei einer zunehmenden Nutzung digitaler Geräte erfolgt. Die zunehmende Nutzung digitaler Geräte ist unübersehbar, die Veränderungen sind überall spürbar – im Arbeitsleben, im Alltag, in Beziehungen und eben auch im Amateurfußball sowie der Vereinsarbeit. Da macht es Sinn, sich die Chancen und Vorteile zu vergegenwärtigen und diese im Rahmen der eigenen Möglichkeiten zu nutzen.

Wie gefühlt jede Mannschaft von den Pampers-Kickern bis zu den Jungsenioren haben wir eine WhatsApp -Gruppe. Das wird, zugegeben, für reichlich verbalen Unsinn genutzt (was wiederum dem Teamklima zugutekommt), in erster Linie ist diese Gruppe jedoch ein effektives und schnelles Kommunikationsmittel. Wie sieht der Trainingsplan für den nächsten Monat aus? Screenshot von der Datei verschickt, schon wissen alle Bescheid. Wo genau ist der Sportplatz unseres nächsten Auswärtsgegners? Link von FUSSBALL.DE inklusive Routenplaner geteilt, fertig. Die Zeiten, in denen Ausdrucke in der Kabine als Informationsquelle dienten, sind vorbei. Unser rühriger Betreuer, ein in Würde ergrautes, gerne grummelndes und absolut unbezahlbares Vereinsunikat, hängt die Blätter natürlich trotzdem noch tapfer auf, allein, es wirft keiner mehr einen Blick darauf.

Dafür schaut jeder auf sein Smartphone. Darum ist FUSSBALL.DE mit seiner App so eine feine Sache für jeden Amateurfußballer, jede Amateurfußballerin, jeden Trainer, jeden Ehrenamtler, jedes Vereinsmitglied, jeden Fan. Längst ist es ein etabliertes Ritual, dass wenige Minuten nach Abpfiff viele Spieler in der Kabine die App anklicken, um zu erfahren, wie die Konkurrenz gespielt hat, welche Auswirkungen das in der Tabelle hat, wer die Tore erzielt hat. Eifrig werden die Liveticker auf FUSSBALL.DE studiert, Spielverläufe nachvollzogen, vergebene Elfmeter oder kuriose Vorkommnisse kommentiert.

Ideale Visitenkarte

Als Trainer und gleichzeitig Öffentlichkeitsarbeiter des Vereins ist FUSSBALL.DE für mich weit mehr als nur Ergebnisportal. Die Mannschaftsseiten dort sind zum Beispiel eine ideale Visitenkarte mit hoher Reichweite. Darum schalte ich vor der Saison unseren Kader im DFBnet zur Veröffentlichung frei, sodass er über FUSSBALL.DE angezeigt wird – mit Einsatzzeiten und Toren jedes Spielers. Wer sein persönliches Spielerprofil aktiviert, bekommt noch mehr Leistungsdaten und seine Vereinshistorie anzeigt. Der Amateurkicker präsentiert sich wie ein Profi. Früher undenkbar, heute Standard.

Was das Ganze für den Verein noch attraktiver macht: Der Klub kann Ergebnisse, Tabelle, Kader oder Vereinsspielplan direkt für seine eigene Homepage nutzen und dort über so genannte Widgets ausspielen. Das macht dem Webmaster die Arbeit leichter und garantiert ständige Aktualität.

Meine Woche als Trainer beginnt ebenfalls digital. Der Bereich Training & Service  auf FUSSBALL.DE ist ein virtueller Übungsplatz, der für meine tatsächliche Arbeit auf dem Platz so gut wie unverzichtbar ist. Rund 1000 Trainingseinheiten werden auf der Plattform angeboten und erklärt, hier findet jeder Coach für jede Altersklasse wertvolle Anregungen, im Normalfall auch passende Einheiten zu den Themenschwerpunkten, die er in seinen nächsten Einheiten setzen will.

Schon jetzt fiebere ich der Teammanagement-App entgegen, an der beim DFB gearbeitet wird und die Trainingsinhalte noch mobiler und visueller machen will. Damit wird es weiter vereinfacht, seiner Mannschaft auf dem Platz Übungen und Spielformen zum Beispiel über das Tablet zu zeigen und zu verdeutlichen. Die Generation Laptop-Trainer ist auch auf den Amateursportplätzen angekommen - und das ist in der Vermittlung mehr Segen als Fluch.

Spielbericht online

Am Spieltag selbst geht es für mich vormittags mit der Smartphone-App oder mit dem Laptop ins DFBnet, das Tool, das für die wichtigste Verbesserung im deutschen Amateurfußball seit Einführung der Rückpassregel gesorgt hat – nämlich dafür, dass Spielberichte nicht mehr von Hand ausgefüllt werden müssen. Wer zwischendurch bei einem Turnier gezwungen ist, doch noch einen Bogen handschriftlich abzugeben und dabei alle Passnummern einzeln einzutragen, weiß, was ihm im Alltag erspart bleibt. Dank des DFBnet geht die Mannschaftsaufstellung ruckzuck. Zwei bis drei Positionen auf Fingerdruck geändert, für die Spieler neue Nummern vergeben, Aufstellung freigeben – mehr ist für mich als Teamverantwortlicher nicht zu tun.

Der nächste große Schritt vollzieht sich aktuell durch PassOnline. Das Passwesen wird papierlos. Heißt: Keine Abmeldungen per Post mehr, die schusseligerweise nicht als Einschreiben versendet werden und damit ungültig sind. Keine Passmappen mehr, die jede Woche neu sortiert werden müssen, in denen ein Foto nachgereicht werden muss oder die beim Betreuer den kalten Schweiß ausbrechen lassen, weil ein Pass nicht auffindbar ist: "Achim, wo ist die Mappe von der Zweiten, da ist der Pass noch drin." "Die haben die Jungs schon am Donnerstag für ihr Auswärtsspiel mitgenommen…"

Neben den Anwendungen des DFB hat jeder Verein natürlich seine eigenen Online-Kanäle. Oder sollte sie haben. Da die Lokalzeitungen vielerorts bei weitem nicht mehr so nah am Geschehen auf den Kreisliga-Sportplätzen sind wie vor Jahren, ist der Amateurverein selbst sein wichtigster Kommunikator. Die Technik und die Online-Welt bieten die entsprechenden Möglichkeiten dafür. Eine Homepage ist fast schon Old School, hat aber weiter ihre Daseinsberechtigung als virtuelles Vereinsheim, in dem man auf einen Blick das Wichtigste über den Klub wie Anfahrtsweg, Trainingszeiten, Ansprechpartner, Mannschaften usw. findet. Noch wichtiger sind mir aber die Social-Media-Plattformen . Dort können wir als Verein schnell aktuelle Informationen verbreiten, lustig sein, experimentieren, interagieren, besondere Gesichter und Geschichten in den Mittelpunkt rücken – zusammengefasst: zeigen, wie viel im Klub eigentlich passiert. Vor allem erreicht man so eher die stetig zunehmende Zahl an Menschen, die mit den klassischen Kommunikationsinstrumenten der Vergangenheit nichts mehr am Hut haben.

Auf drei Kanälen unterwegs

Die Germania ist auf Facebook , Instagram und Twitter vertreten. Die Kanäle bespiele vorwiegend ich, mehrmals pro Woche. Manchmal arbeiten die Spieler mit Fotos und Videos zu. Knapp 1000 Follower haben wir insgesamt, das ist nicht Bayern München oder Borussia Dortmund, aber, hey, es könnte schlechter sein für einen Achtligisten vom Lande. Formate wie unser "Spieler fragen Spieler", bei dem regelmäßig donnerstags ein Spieler von einem Mannschaftskollegen interviewt wird und interessante Anekdoten zutage fördert, oder die, nun ja, Pressekonferenz (ohne eigentliche Presse) mit den Stimmen der Trainer, die wir nach den Spielen auf Facebook live übertragen, sind mittlerweile im ganzen Fußballkreis bekannt und erreichen bis zu 2500 User.

Abgehobener Quatsch für einen kleinen Amateurverein? Manchmal vielleicht, aber insgesamt stelle ich fest, dass diese Aktivitäten neben Interesse auch Bindung schaffen. Wenn zum Derby gegen den Ortsrivalen bei ähnlicher Tabellenkonstellation 500 statt 350 Zuschauer im Vergleich zum Vorjahr kommen oder wir einen neuen Sponsorenrücksteller haben, auf dem sich mehrere Gönner gegen einen kleinen Obolus präsentieren, hat das auch damit zu tun, dass wir uns schrittweise digitaler und mobiler darstellen.

Eine neue Dimension könnte sich schon bald erschließen – dann nämlich, wenn eine Kamera von sporttotal.tv auf unserem Sportplatz angebracht würde. Das Unternehmen hat mit dem DFB und den meisten Landesverbänden einen Kooperationsvertrag abgeschlossen und will nach der Pilotphase der vergangenen neun Monate nun immer mehr Anlagen mit seiner Technik ausstatten. Die Vereine, die mitmachen, bekommen gegen eine monatliche Nutzungsgebühr von 9,90 Euro Livestreams von ihren Spielen auf sportttotal.tv und FUSSBALL.DE geboten sowie die Möglichkeit, Highlight-Clips zu erstellen. Der Gedanke, im Vereinsheim nach dem Spiel zusammenzusitzen und sich bei Frikadelle und Kaltschale gemeinsam alle Spiele und alle Tore aus der eigenen Liga anzuschauen, ist keine Utopie mehr. Ich würde mich in Niederrodenbach darauf freuen. Zumal die Technik künftig noch individuelle Spielanalyse-Möglichkeiten bieten soll. Das könnte ich sogar in der 8. Liga gut gebrauchen, besser gesagt: gerade dort.