Aufholjagd |08.05.2018|17:00

Wahnsinn in der Kreisliga: Aus 0:7 wird 7:7!

Unglaubliches Spiel in der Kreisliga: TuRa 86 steckt gegen die SG Schönebeck nicht auf und gleicht einen 0:7-Rückstand noch aus! Murat Kekec (links) traf fünf Mal für TuRa.[Foto: FUSSBALL.DE,privat(2)/Collage: FUSBALL.DE]

Das Revierderby zwischen Borussia Dortmund und Schalke 04 gilt als das verrückteste Spiel der Saison. Nach einer 4:0-Führung des BVB zur Pause drehen die Gelsenkirchener am 25. November 2017 die Partie noch in der zweiten Halbzeit, Naldos Ausgleich in der Nachspielzeit ist schon jetzt ein Fall für die Geschichtsbücher. Wer glaubt, damit im Fußball gesehen zu haben, war am vergangenen Sonntag nicht an der Ardelhütte in Essen.

Im Kreisliga-Match führt die SG Schönebeck gegen TuRa 86 zur Pause mit 7:0. So weit, so normal, denn schließlich empfängt hier der Tabellensechste den Drittletzten – der nach den Rückzügen der DJK Sportfreunde Katernberg und des BV Altenessen 06 faktisch Ligaschlusslicht ist. 19 Punkte trennen die beiden Mannschaften, jeder rechnet daher mit einem Schönebecker Heimsieg, auch wenn sieben Stück in den ersten 45 Minuten schon eine deutliche Ansage sind. Nach dem Abpfiff besteht der Abstand zwischen beiden Teams: immer noch 19 Punkte.

"Wir sind in der ersten Halbzeit gar nicht ins Spiel gekommen, das war fast schon Arbeitsverweigerung von den Jungs. Keine Bewegung, keine Zweikämpfe, nichts", moppert Timo Köpke, Sportlicher Leiter der Altendorfer. In der Kabine wird es folglich laut, die beiden Trainer Daniel und Sebastian Möser falten die Spieler so zusammen, dass man es laut Köpke "bis nach Oberhausen hört".

Wie vor einem halben Jahr Domenico Tedesco in der Schalker Umkleide im Signal Iduna Park gehen die Möser-Brüder zwar bei ihrer Motivationsrede nicht vor ihrer Mannschaft auf den Boden und in die Knie, aber auch bei TuRa lautet zunächst das Motto: "Lass uns den Arsch hochkriegen und wenigstens die zweiten Halbzeit gewinnen!"

"7:7 nach 0:7 hört sich toll an, aber davon kaufen können wir uns im Kampf um den Klassenerhalt nichts. Das Ergebnis bringt auch nur einen Punkt"

Das klappt - und wie! Als Murat Kekec in der 47. Minute zum 1:7 aus Sicht der 86er trifft, geht ein Ruck durch die Truppe. Die Abwehrspieler haben zu dem Zeitpunkt noch gefeixt: "Nur noch sechs", berichtet Timo Köpke lachend. Doch nun nimmt der Wahnsinn seinen Lauf. Murat Kekec legt bis zu 79. Minute vier Tore nach, er läuft an diesem Tag zu einer Form auf, die Bayern-Star Robert Lewandowski bei seinem Fünferpack am 22. September 2015 gegen Wolfsburg (fünf Tore in neun Minuten) alle Ehre gemacht hätte.

"Das war natülich stark von Murat, aber er hätte sich die Tore besser für die gesamte Rükrunde aufteilen sollen", bemerkt Timo Köpke über den Stümer, den die 86er erst in der Winterpause reaktivierten. In Schönebeck treffen nach der Murat-Kekec-Show schließlich Jens Bungardt und Abdol Aziz Remmo zum 6:7 und 7:7. Нach unseren ersten beiden schnellen Toren haben wir wieder an uns geglaubt und dann immer weiter nach vorne gespielt", nickt Murat Kekec.

Irre: Am Ende ist sogar ein Sieg für den Abstiegskandidaten drin. Erst vergibt Abdul Aziz Remmo in der 89. Minute eine Riesenchance zum 8:7, ehe in der Nachspielzeit ein Freistoß aus perfekter Position direkt am 16er weit ins Gebüsch hinterm Schönebecker Kasten fliegt. "Man muss aber zugeben, dass Schönebeck zwischendurch auch dicke Dinger hatte, zum Beispiel hat Mahmoud Ibrahim aus eineinhalb Metern nur den Pfosten getroffen. Den macht der sonst blind", meint Timo Köpke über den dreifachen SGS-Torschützen.

Auf der anderen Seite macht TuRa die verrückte Aufholjagd irgendwie stolz, aber mehr auch nicht. "7:7 nach 0:7 hört sich toll an, aber davon kaufen können wir uns im Kampf um den Klassenerhalt nichts. Das Ergebnis bringt auch nur einen Punkt", betont Timo Köpke.

Gefeiert wurde dementsprechend in der Gästekabine nicht, die Lage im Keller der Essener Kreisliga, Gruppe 1, bleibt prekär. 15 Punkte haben die Altendorfer auf dem Konto, drei weniger als die DJK SG Altenessen auf Rang 14. Drei Spieltage stehen bis zum Kreisliga-Kehraus am 3. Juni noch aus, allerdings hat TuRa 86 schon eine Partie mehr absolviert als die Konkurrenten aus Altenessen sowie den davor platzierten Dellwigern und Stoppenbergern. Und welcher Platz zum Klassenerhalt reicht, wird sich ohnehin erst nach dem Saisonende herausstellen, wenn alle Auf- und Absteiger in den überkreislichen Ligen feststehen. Mit den üblichen Relegationsspielen kann sich diese Entscheidung bis Mitte/Ende Juni hinziehen.

"Leider hat sich unsere Situation durch das 7:7 ja nicht verbessert", weiß Murat Kekec. Schon am kommenden Sonntag müssen er und die 86er wieder Außergewöhnliches leisten, denn dann geht es zum Aufstiegsaspiranten SC Türkiyemspor. Noch einmal fünf Tore möchte Murat Kekec beim Wiedersehen mit seinem Ex-Verein nicht versprechen...