Beste Freunde |21.01.2020|10:00

Weigl-Freund Zottl: Lünen statt Lissabon

Best friends: Johannes Zottl (l.) und Nationalspieler Julian Weigl.[Foto: privat]

Mit dem Wechsel von Borussia Dortmund zu Benfica Lissabon Anfang Januar hat Julian Weigl für einen frühen Transfercoup im neuen Jahr 2020 gesorgt. Was den fünfmaligen deutschen Nationalspieler und DFB-Pokalsieger von 2017 zu seinem Wechsel nach Portugal bewog, weiß ein Spieler des Westfalenligisten Lüner SV wohl am besten. Johannes Zottl ist Weigls bester Freund, beide kommen aus Bayern und kickten in der Jugend in Rosenheim. Im August 2018 zog "Joey" nach Westfalen, spielte zunächst ein Jahr beim FC Iserlohn und ist seit dieser Saison beim Lüner SV, ganz in der Nähe von Dortmund, am Ball. Im FUSSBALL.DE-Interview schildert der 25-Jährige, der an der privaten Hochschule IST in Düsseldorf Sportmanagement studiert, unter anderem, wie ihn Weigl aus Bayern in den Ruhrpott lockte.

FUSSBALL.DE: Johannes Zottl, wann fliegen Sie nach Lissabon?

Johannes Zottl:  Es gibt noch keinen festen Termin, aber natürlich möchte ich Julian so bald wie möglich in Portugal besuchen. Da wir mit dem Lüner SV gerade mit der Vorbereitung auf die restliche Rückrunde begonnen haben und ich hier noch einige andere Dinge erledigen muss, passt es jetzt zeitlich einfach noch nicht.

Wie lange kennen Sie und Julian Weigl sich schon?

"Pack' ein paar Sachen zusammen und komm' hierher"

Seit gut zehn Jahren. Wir haben uns über einen gemeinsamen Kumpel in Rosenheim kennengelernt und sofort sehr gut verstanden. Daraus ist eine sehr enge Freundschaft entstanden, die auch nicht darunter gelitten hat, als er 2015 von 1860 München zum BVB gewechselt ist und dann rein örtlich auf einmal weit weg war.

Haben Sie in der Jugend oder später eigentlich mal gegeneinander gespielt?

Ja, allerdings nur bei einem Turnier. Da war er in seinem ersten Seniorenjahr bei 1860 München II und ich bei 1860 Rosenheim. Das war ganz amüsant, er musste mich bei Ecken immer decken. (lacht)

War er der Grund, dass Sie drei Jahre später von Bayern in den Ruhrpott gefolgt sind?

Auch! In der Zeit ist meine Oma, zu der ich ein sehr enges Verhältnis hatte, plötzlich verstorben. Wir haben mit der gesamten Familie unter einem Dach gewohnt, und für mich war das traurige Ereignis der Auslöser, die gewohnte Umgebung zu verlassen und etwas Neues auszuprobieren. Julian hat mich dann angerufen und gesagt: 'Pack' ein paar Sachen zusammen und komm' hierher!' Das habe ich gemacht und bin bei ihm eingezogen.

Dortmund ist fast 700 Kilometer von Ihrem Heimatort entfernt. Haben Sie oft Heimweh oder kommen Sie im Ruhrpott gut zurecht?

Ich habe mich hier von Anfang an sehr wohl gefühlt. Die Menschen in der Region sind anders als in Bayern, sehr offen und direkt. Damit komme ich gut klar. Außerdem hat der Fußball hier noch einmal einen ganz anderen, höheren Stellenwert als in Bayern, was mir natürlich auch entgegenkommt.

In Rosenheim haben Sie in der Regionalliga gespielt, in Iserlohn und nun in Lünen zwei Klassen tiefer. Wie sieht es mit Ihren sportlichen Ambitionen, vielleicht sogar in Richtung Profifußball, aus?

Mein Ziel ist es ganz klar, wieder höher zu spielen. Bei 1860 Rosenheim habe ich aufgrund eines Kreuzbandrisses wenig gespielt, daher wollte ich hier lieber etwas tiefer neu starten. Das war anfangs natürlich eine Umstellung für mich, denn die Bedingungen, das Training und so weiter sind in der Regionalliga eben anders als in der Westfalenliga.

Am 26. April 2019 haben Sie für Schlagzeilen auch in Ihrer Heimat Rosenheim gesorgt, allerdings wegen eines schweren Unfalls auf dem Platz. Was ist beim Spiel Ihres damaligen Vereins FC Iserlohn gegen den neuen Klub Lüner SV genau passiert?

Ich bin nach einem Laufduell mit voller Wucht mit dem Kopf gegen eine Betonwand, die hinter einem Tor stand, geknallt. Dabei habe ich das Bewusstsein verloren und meine Zunge verschluckt. Wenn mir Meris Memic vom Lüner SV nicht geistesgegenwärtig die Zunge aus dem Hals gezogen hätte, wäre es noch viel schlimmer ausgegangen. Ich weiß nicht, ob ich dann noch leben würde...

Sind Sie seitdem vorsichtiger auf dem Platz?

Nach dem Unfall gab es schon einen Moment, an dem ich darüber nachgedacht habe, mit dem Fußball aufzuhören. Ich hatte sieben Brüche im Gesicht, unter anderem eine Schädelbasisfraktur, und war vier Tage lang komplett ohne Erinnerung. Es hätte aber auch alles vorbei sein können, nicht nur mit dem Fußball. Dennoch habe ich weiter gemacht und stand schon drei Monate später wieder auf dem Platz.

In der laufenden Saison haben Sie in 13 Spielen 15 Tore erzielt und gelten laut der Lokalpresse als wichtigster Spieler beim Lüner SV. Haben höherklassige Vereine Sie nicht spätestens jetzt auf dem Zettel?

Ja, es gibt einige Anfragen, mit denen ich mich aktuell beschäftige. Mal sehen, was daraus wird...

Nach Lissabon geht es aber nicht, oder?

Nein, nein! Wenn, dann nur privat, um Julian zu besuchen.

Wann hat er Sie denn zum letzten Mal in der Lüner Kampfbahn Schwansbell angefeuert?

Das war am 1. Dezember gegen den FC Lennestadt. Er war häufig bei meinen Spielen – und ich natürlich auch bei seinen. Schon als ich noch in Rosenheim gelebt habe, habe ich jede Gelegenheit genutzt, um ihn live zu sehen - zum Beispiel in München gegen die Bayern. Als ich dann nach Dortmund gezogen bin, war ich fast bei jedem BVB-Heimspiel im Stadion. Das war normal für uns, ich habe ihn ja auch nie als den Profi oder Nationalspieler gesehen – er ist einfach mein bester Freund.