Sarpei: "Kometenschießen zum Aufwärmen"
Sarpei: "Der Trainer oder die Trainerin muss Werte vorleben"[Foto: Imago]
Am 17. November 2013 hatte "Das T steht für Coach" auf Tele 5 Premiere. Vom ersten Dreh an war es ein bisschen 'Mission Impossible'. Hans Sarpei versuchte relativ talentfreien, manchmal übergewichtigen und oft auch restalkoholisierten Kreisklassefußballern das Kicken beizubringen. Nach dem Senderwechsel zu Sport1 avancierte die Sendung zum Hit und Sarpei zur Kultfigur des Amateurfußballs in Deutschland. Der heute 44-jährige Sarpei bestritt in seiner Karriere 190 Bundesligaspiele und erreichte 2010 mit Ghana das WM-Viertelfinale. Im FUSSBALL.DE-Interview spricht er über Shisha-Rauchen als Aufwärmtechnik und eine mögliche Fortsetzung der Sendung.
FUSSBALL.DE: Herr Sarpei, wie sehr hat Ihnen der Fußball in den vergangenen Monaten gefehlt?
Hans Sarpei: Eigentlich gar nicht so. Im Mai und Juni waren andere Sachen wichtiger.
Jetzt geht es gottseidank langsam wieder los. Sie haben gerade das Jugendcamp eines Kölner Vereins geleitet.
"Ohne die Ehrenamtler wäre der Amateurfußball in Deutschland aufgeschmissen"
Sarpei: Stimmt, das hat Spaß gemacht, wir sind in den zwei Wochen eine richtige Gemeinschaft geworden. Die Eltern haben mich schon nach einem Termin für nächstes Jahr gefragt. Morgens starteten wir immer mit einem Tanz in den Tag.
Auf welche Musik wird bei einem Hans-Sarpei-Fußballcamp getanzt?
Sarpei: "Feels like Home" von Sean Paul. Am ersten Tag waren die Kinder und ihre Eltern noch etwas zurückhaltend. Bald forderten alle sofort den Tanz. Gut, wenn man mit einem Lächeln in den Tag startet. Wer locker wird, spielt besser Fußball.
Sechs Jahre lang waren Sie in den Kreisligen unterwegs. Was haben Sie selbst dazugelernt, bei den sechzig Mannschaften, die sie trainiert haben? Zum Konzept der Sendung gehörte es ja, dass Sie viele unfassbar schlechte Fußballer trainieren mussten.
Sarpei: Bevor wir hingefahren sind, habe ich mir irgendwelche Sachen überlegt - Übungen, Trainingseinheiten, und dann kommst du da an bei einem Klub in der Kreisklasse C und merkst: Das funktioniert gar nicht. Da habe ich viele Dinge gelernt. Übers Aufwärmen etwa. Manche rauchen vor dem Training Shisha, um die Lunge warm zu machen. Manche machen Kometenschießen. Die kommen aus der Umkleide und ballern den Ball volle Pulle in den Himmel.
Klingt nach dem perfekten Rezept für eine Oberschenkelzerrung.
Sarpei: Dachte ich auch. Hat sich aber nie einer verletzt. Kennen Sie den Esel?
Leider bislang nein.
Sarpei: Die Mannschaft, die das Trainingsspiel verloren hat, geht auf alle Viere. Man streckt dann ein Bein nach hinten weg und blökt i-aah. Das weckt schon den Ehrgeiz, da will dann keiner verlieren. Bis auf die Bambinis, weil die es nämlich lustig finden, einen Esel nachzumachen.
Wie lief "Das T…" normalerweise ab?
Sarpei: Wir kamen mit unserer Produktion Donnerstag beim Klub an, haben bis Samstag mit denen trainiert, sonntags dann das Spiel. Unsere Ansprache hat viele Reserven bei den Spielern freigesetzt. Fast alle haben Vollgas gegeben. Und wenn wir weg waren, fielen die meisten wieder in ihre alten Muster zurück, machten wieder genau die gleichen Fehler. Aber ein Erlebnis war es für uns alle. Mir ist während der sechs Staffeln nochmal bewusst geworden, wie wichtig Zusammenhalt für eine Fußballmannschaft sein kann.
Wie haben Sie das Ehrenamt bei Ihren Besuchen in den vielen Fußballvereinen erlebt?
Sarpei: Ohne diese Leute würde Chaos herrschen, viele Vereine müssten sich abmelden. Mich hat es immer wieder beeindruckt, wie viel Freizeit die Leute aus dem Vorstand, die Platzwarte oder Trainer in ihre Tätigkeit für den Verein stecken. Das Geld ist knapp im kleinen Verein. Ohne die Ehrenamtler wäre der Amateurfußball in Deutschland aufgeschmissen.
Ist Fußball ein Integrationsmotor in Deutschland?
Sarpei: Das meine ich schon. Fußball schafft es viel besser als etwa die Politik oder der Job, Leute von unterschiedlicher Herkunft zusammenzubringen. Man geht in den Verein und man kennt die Regeln. Man gehört sofort einer Gemeinschaft an. Trainer ist eine Schlüsselrolle. Der Trainer oder die Trainerin muss Werte vorleben. Hautfarbe, Religion, Herkunft – das nimmt man beim Fußball gar nicht so wahr, weil dieser Zusammenhalt sofort funktioniert.
Wie oft werden Sie heute noch auf "Das T steht für Coach" angesprochen?
Sarpei: Die Leute fragen mich immer noch, wann es weiter geht. Eigentlich wären wir dieses Jahr wieder gestartet, mit einem neuen Titel der Sendung, einer neuen Produktionsfirma. Aber das Virus hat uns gestoppt. Jetzt müssen wir einfach sehen. Für mich steht fest: Wenn wir weiter machen sollten, dann mindestens auf dem gleichen Niveau wie früher.