Ex-Profi |11.09.2020|11:00

Lewejohann: Früher mit Poldi, jetzt Kreisliga

Lewejohann (r.): "Von Oberhausens U 19-Cheftrainer Markus Kaya (l.) kann ich viel lernen."[Foto: Rot-Weiß Oberhausen]

Bei seinem Comeback trug sich Ex-Profi René Lewejohann, Zugang beim Gelsenkirchener A-Kreisligisten Sportfreunde Bulmke, gleich in die Torschützenliste ein. Im FUSSBALL.DE-Interview spricht der 36 Jahre alte Mittelstürmer über Schicksalsschläge, seine neue Aufgabe bei Rot-Weiß Oberhausen und verpasste Chancen in seinem Fußballer-Leben.

FUSSBALL.DE: Wie kam es zu Ihrem Wechsel zu den Sportfreunden Bulmke in die A-Kreisliga Gelsenkirchen, Herr Lewejohann?

René Lewejohann:  Das ist ein reiner Freundschaftsdienst für meine ehemaligen Teamkollegen. Das neue Trainergespann der Sportfreunde mit Ali Vural, mit dem ich zusammen für die U 19 des VfL Bochum gespielt hatte, und Cahit Gündogan, den ich noch aus meiner Zeit bei der U 23 des FC Schalke 04 kenne, hatte mich angesprochen, ob ich nicht Lust hätte, noch einmal meine alten Fußballtreter aus dem Keller zu holen. Es ist einfach schön, am Ende meiner Karriere mit den alten Kumpels zu spielen.

Wie verlief Ihr Comeback im ersten Pflichtspiel?

"Ich habe mich an den Fußball geklammert, bin dadurch nicht auf die schiefe Bahn geraten"

Lewejohann:  Unsere Auftaktpartie beim SSV/FCA Rotthausen haben wir 2:1 gewonnen und mir gelang dabei der Ausgleichstreffer. Ich hatte mich riesig auf das Spiel gefreut, war vor dem Anpfiff sogar ein wenig nervös und verspürte tatsächlich eine Anspannung - wie bei Spielen aus früheren Zeiten.

Sie hatten ihre aktive Karriere 2017 offiziell für beendet erklärt, waren danach Trainer bei der Spvgg Erkenschwick in der Westfalenliga und bei der Hammer SpVg in der Oberliga Westfalen. Warum jetzt die Rolle rückwärts?

Lewejohann:  Ich habe mich als Trainer an der Seitenlinie immer wohlgefühlt, wollte aber auch in den vergangenen Jahren am liebsten noch mitspielen. Obwohl ich während meiner Karriere viermal am Sprunggelenk und zweimal am Knie operiert wurde, verspüre ich immer noch ein Kribbeln. Es juckt noch in den Füßen.

Wie haben Sie sich fitgehalten und was war für Sie die größte Herausforderung?

Lewejohann:  Fadi Ramadan war mein Personal-Trainer beim M.A.S. Fight Club in Gelsenkirchen. Wie der mich rangenommen hat, war unbeschreiblich. Wir haben wirklich hart gearbeitet. Mit dem Ergebnis, dass ich jetzt 20 Kilo weniger wiege.

Sie waren U 20-Nationalspieler, haben auch sieben Spiele in der 2. Bundesliga absolviert. Wo liegt der Reiz, in der Kreisliga auf Asche zu kicken?

Lewejohann:  Den authentischen und ehrlichen Fußball findet man nur in der Kreisklasse, wo noch auf Asche und ohne Linienrichter gespielt wird. Ich bin ein Kind des Ruhrgebiets und fühle mich in dieser Liga auch sehr wohl. Wann immer meine Zeit es zulässt, werde ich in der Kreisklasse auflaufen.

Sie waren einst gemeinsam mit den späteren Weltmeistern Bastian Schweinsteiger, Per Mertesacker und Lukas Podolski am Ball. Warum hat es für Sie nicht bis ganz nach oben gereicht?

Lewejohann:  Mein Ruf eilte mir stets voraus. Ich war als junger Spieler nicht pflegeleicht, hätte öfter mal meinen Mund halten sollen, stand mir manchmal selbst im Weg. Ich komme aus einer Arbeiterfamilie, in der das Geld immer knapp war. Damals gab es noch keine Nachwuchsleistungszentren, in denen junge Spieler an die Hand genommen wurden. Ich habe mich an den Fußball geklammert, bin dadurch nicht auf die schiefe Bahn geraten. Leider warfen mich zahlreiche Verletzungen immer wieder zurück.

Seit wenigen Wochen sind Sie auch Co-Trainer bei der U 19 von Rot-Weiß Oberhausen, die in der West-Staffel der A-Junioren-Bundesliga spielt. Wie kam es dazu?

Lewejohann:  Oberhausens neuer U 19-Cheftrainer Markus Kaya, mit dem ich gut befreundet bin und auch in der Traditionsmannschaft des FC Schalke 04 zusammenspiele, hat mir nach persönlichen Schicksalsschlägen sehr geholfen und mich zu RWO geholt. Dafür bin ich ihm sehr dankbar. Markus hatte zuvor viel Erfahrung im Nachwuchsbereich von Schalke 04 gesammelt. Davon profitiere ich, kann viel von ihm lernen.

Was war passiert?

Lewejohann:  Im vergangenen Jahr musste ich zwei schwere Schicksalsschläge innerhalb kurzer Zeit verkraften. Erst verstarb mein Bruder Björn, danach mein Vater. Ich bin danach in ein tiefes Loch gefallen, mir ging es richtig schlecht. Dass ich jetzt für einen Traditionsverein wie Rot-Weiß Oberhausen arbeiten kann, tut mir gut. Ich gehe meine neue Aufgabe mit großem Elan an.

Hat Ihnen der Fußball geholfen, damit fertig zu werden?

Lewejohann:  Auf jeden Fall. Auch Schalkes Eurofighter Mike Büskens hat mir Mut zugesprochen und sagte zu mir: Kein anderer hätte das gepackt. Ich habe nie an dir gezweifelt, weil du es gewohnt bist zu kämpfen. Das baut einen natürlich auf.

Planen Sie eine Rückkehr als Cheftrainer oder werden Sie sich dauerhaft mit dem Posten des Co-Trainers begnügen?

Lewejohann:  Ich bin bewusst den Weg in die zweite Reihe gegangen, um mich weiterzuentwickeln und aus dieser Perspektive auf eine Menge Details zu schauen und zu achten, die man als Cheftrainer gar nicht im Blick hat. Fakt ist, dass ich aus der Vergangenheit gelernt habe, den Moment zu genießen. Ich bin unglaublich glücklich und dankbar, für einen Traditionsverein wie Rot-Weiß Oberhausen zu arbeiten und eine Mannschaft mitzuführen, die enorm wichtig als Schnittstelle zum Seniorenfußball anzusehen ist. Wie es mit mir irgendwann mal weitergeht, wird man dann sehen. Jetzt steht erst einmal die Ausbildung dieses Jahrgangs im Vordergrund.

Was reizt Sie daran, mit Jugendlichen zu arbeiten?

Lewejohann: Junge Spieler haben noch den Traum vom Profifußball. In der Oberliga hat sich das bei den meisten Spielern, die andere Ziele in ihrer Lebensplanung verfolgen, bereits erledigt. Ich will meine Erfahrungen an die Spieler weitergeben.

Und parallel dazu in der A-Kreisliga Tore schießen. Welche Ziele verfolgen Sie mit den Sportfreunden Bulmke?

Lewejohann:  Der Klub will den Durchmarsch von der Kreis- bis in die Bezirksliga schaffen. Ich will dabei helfen, diese Ziele zu erreichen. Ich bin immer noch der ehrgeizige Typ von früher. Wenn ich auf dem Platz stehe, dann will ich auch gewinnen.