Robert Klauß: Zweitligacoach als Joker
"Joker" Klauß: "Robert hat eine besondere Gabe, kann aus Halbchancen Tore erzielen. Leider hat es diesmal nicht geklappt".[Foto: imago]
Mehr als fünf Jahre nach dem Ende seiner aktiven Laufbahn war Robert Klauß, Cheftrainer beim Zweitligisten 1. FC Nürnberg, erstmals wieder als Spieler im Amateurfußball aktiv. Für seinen Heimatklub SSV Markranstädt, der in der Sachsenliga den vierten Tabellenplatz belegt, wurde der 36 Jahre alte Fußball-Lehrer im Achtelfinale des Landespokals gegen den NOFV-Oberligisten FSV Budissa Bautzen in der Schlussphase eingewechselt, konnte das Pokal-Aus (0:3) aber als "Joker" auch nicht mehr verhindern.
Für den SSV war Mittelstürmer Klauß, der gebürtig aus Eberswalde stammt, bereits von 2006 bis 2009 sowie von 2013 bis zu seinem Karriereende 2016 auf Torejagd gegangen. Jetzt nutzte er die knappe Freizeit während der Länderspielpause in der 2. Bundesliga nicht nur zu einem Heimattrip, sondern auch zu einem Kurz-Comeback.
Der Sachsenligist lag bei Klauß' Einwechslung bereits 0:2 zurück. SSV-Trainer Olaf Brosius, der seit drei Jahren für die erste Mannschaft zuständig ist, schickte Robert Klauß zum Warmmachen, um den FCN-Trainer in der Schlussviertelstunde als "Ass im Ärmel" zu bringen und vielleicht noch für die Wende zu sorgen. "Es war mit Robert abgesprochen, dass ich ihn erst in der zweiten Halbzeit bringe", sagt der 58 Jahre alte Brosius, der beim SSV als Technischer Leiter und Platzwart hauptberuflich angestellt ist, im Gespräch mit FUSSBALL.DE . "Robert hat eine besondere Gabe, kann aus Halbchancen Tore erzielen. Leider hat es diesmal nicht geklappt."
Viererpack bei den Alten Herren gab Anstoß
Robert Klauß, der während seiner aktiven Laufbahn für den SSV Markranstädt und RB Leipzig unter anderem 48 Oberligapartien absolviert hatte, stürmt seit eineinhalb Jahren für das Altherrenteam in seinem Wohnort Markranstädt. Der torreiche 6:4-Sieg der Ü 35 gegen den SSV Stötteritz, bei dem Klauß ein Viererpack gelungen war, brachte dann auch den Stein ins Rollen.
"Über WhatsApp hatte ich Robert zu seinen vier Toren gratuliert und ihm im Scherz mitgeteilt, dass ich ihn für unsere erste Mannschaft auf dem Schirm habe", verrät Brosius, der Klauß seit vielen Jahren kennt und mit ihm ein freundschaftliches Verhältnis pflegt. 2006 war der heutige Cheftrainer des 1. FC Nürnberg als junger Spieler vom FC Strausberg erstmals zum SSV Markranstädt gewechselt. Auch damals war Olaf Brosius sein Trainer bei der zweiten Mannschaft. "Dass Robert einwilligte und bei uns im Sachsenpokal ausgeholfen hatte, freut uns alle sehr", so Brosius.
Nicht nur die 300 Zuschauer, die beim Sachsenpokalspiel im dichten Nebel vor Ort waren, mussten zweimal hinschauen, bis sie den prominenten SSV-Spieler erkannten. Auch in der Markranstädter Kabine sorgte das Wiedersehen zwischen dem FCN-Chefcoach und seinem "neuen" Teamkollegen Kevin Thallinger für Freude. Der 20 Jahre alte Mittelfeldspieler wurde von Robert Klauß in der Nachwuchsabteilung bei RB Leipzig ausgebildet.
"So schließt sich manchmal der Kreis", kommentiert Brosius das Zusammentreffen von Schüler und Lehrer, die jetzt im Pokal zusammen in einem Team standen.
Weitere Klauß-Einsätze nicht in Sicht
Dass es künftig zu weiteren Einsätzen von Robert Klauß für die erste Mannschaft des SSV Markranstädt kommen wird, ist nicht nur wegen seines zeitaufwändigen Jobs in der 2. Bundesliga äußerst unwahrscheinlich. Seit dieser Woche ist der Spielbetrieb im gesamten Sächsischen Fußball-Verband (SFV) ausgesetzt, nachdem im Rahmen der Corona-Pandemie die von der Politik definierte "Überlastungsstufe" bei den Krankenhauseinweisungen erreicht worden war.
"Wir hoffen, dass in der nächsten Woche eine neue Verordnung in Kraft tritt, die den Amateursport etwas anders behandelt als beispielsweise private Treffen", sagt Trainer Olaf Brosius. "Wenn das nicht der Fall sein sollte, dann müssen wir uns darauf einstellen, dass der Spielbetrieb bis Weihnachten ausgesetzt bleibt und wir in diesem Jahr keine Spiele mehr absolvieren werden."
In der Meisterschaft läuft es für den Tabellenvierten SSV Markranstädt mit 23 Punkten aus elf Partien sehr ordentlich. Der noch unbesiegte Spitzenreiter SC Freital ist nur vier Zähler entfernt. In der Sachsenliga spielen in dieser Saison 20 Mannschaften. Nach einer einfachen Runde (ohne Rückspiele) sollen die Auf- und Abstiegsrunden durchgeführt werden. "Wir streben in dieser Saison den Aufstieg nicht an", betont Brosius. "Wir wollen jedoch unbedingt die Aufstiegsrunde der besten zehn Mannschaften erreichen, weil von den zehn Teams in der Abstiegsrunde bis zu acht Mannschaften in die Landesklasse absteigen müssen."
SSV Markranstädt gibt RB Leipzig "Starthilfe"
Seit etwas mehr als zehn Jahren ist der SSV Markranstädter wieder als eigenständiger Verein im sächsischen Amateurfußball aktiv. 2009 war die SSV-Männerabteilung mit der Zustimmung aller Mitglieder aus dem Verein ausgegliedert und dem damals neugegründeten Verein "RB Leipzig/Markranstädt" zugeführt worden. Dem Einstieg des heutigen Champions League-Teilnehmers in den Spitzenfußball wurde somit vom SSV Markranstädt "Starthilfe" gegeben. 2010 wurde "RB Leipzig/Markranstädt I" Meister der Oberliga und stieg in die Regionalliga Nordost auf. Die zweite Mannschaft holte die Bezirksmeisterschaft und stieg in die Landesliga auf. "Ein Jahr später haben wir in der Landesliga als eigenständiger SSV Markranstädt wieder angefangen", erinnert sich Trainer Olaf Brosius.
Mit der Zusammenführung beider Vereine begann auch die Trainerkarriere von Robert Klauß. Er wechselte in die Nachwuchsabteilung zu RB Leipzig und arbeitete sich schrittweise nach oben, betreute unter anderem die U 17, die U 19 und die inzwischen aufgelöste U 23. Vor seinem Wechsel zum 1. FC Nürnberg sammelte Klauß dann wertvolle Erfahrungen als Co-Trainer von Ralf Rangnick (52 Spiele) und Julian Nagelsmann (45 Spiele) bei den RB-Profis. Seit dem 1. Juli 2020 arbeitet er als Cheftrainer beim 1. FC Nürnberg, ist seiner Heimat und seinem langjährigen Verein SSV Markranstädt nach wie vor eng verbunden.