Alina Scheben: Fast 60 Prozent der TSV-Tore
Alina Marie Scheben: "Die bundesweite Statistik in unserer Spielklasse anzuführen, ist definitiv etwas Besonderes."[Foto: TSV Solingen/ Privat]
Die Hinserie in der Frauen-Bezirksliga Gruppe 4 des Fußballverbandes Niederrhein (FVN) hätte für den TSV Solingen und seine Torjägerin Alina Marie Scheben (20) besser kaum laufen können. Das Team des neuen Trainers René Langer überwintert mit 31 Punkten aus 13 Partien auf Platz eins und die erfolgreichste TSV-Stürmerin führt die Wertung zur Torjägerkanone für alle in der 6. Liga an.
Mit insgesamt 32 Treffern nach nur zwölf Einsätzen erzielte Alina Scheben nicht weniger als 59,26 Prozent aller 54 Saisontore des Spitzenreiters. "Es kam schon mal vor, dass mir 30 Tore in einer Saison gelungen sind", sagt die Studentin aus Wermelskirchen im Gespräch mit FUSSBALL.DE . "In einer Halbserie so oft zu treffen und dann auch noch die bundesweite Statistik in unserer Spielklasse anzuführen, ist definitiv etwas Besonderes."
Auch erste Verfolgerinnen kicken am Niederrhein
Aus ihren Ambitionen macht die treffsichere Blondine, die in Köln im vierten Semester Französisch und Pädagogik auf Lehramt studiert und eine spätere Tätigkeit als Lehrerin an einem Gymnasium oder einer Gesamtschule anstrebt, auch keinen Hehl. "Eine Torjägerkanone mit nach Hause nehmen zu können, wäre schon eine coole Sache", sagt sie: "Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg."
"Am Ende landet der Ball dann halt oft bei mir"
Klar dürfte sein: Um die Spitzenposition auch nach der Winterpause zu verteidigen, müsste Alina Scheben ihre aktuelle Torquote wohl in etwa halten. Hochgerechnet auf die verbleibenden neun Ligaspiele kämen dann 56 Treffer heraus.
Die Konkurrenz hat sie dabei zumindest im Augenwinkel. "Ich schaue jetzt nicht jeden zweiten Tag auf die Torjägerinnenliste", erklärt Alina Scheben mit einem Grinsen: "Nach den Spieltagen sieht man aber schon mal nach, wie es für die anderen gelaufen ist." Schließlich sind ihr Lisa Freese ( Mettmann-Sport ) mit 31 Toren und Sabrina Mallner ( Rhenania Bottrop /30) dicht auf den Fersen. Kurios: Auch die beiden ersten Verfolgerinnen kicken am Niederrhein in der Bezirksliga, allerdings jeweils in anderen Staffeln.
Dass es in dieser Saison so gut läuft, führt Alina Scheben vor allem auf die Leistungen der gesamten Mannschaft zurück. "Unser neuer Trainer René Langer stellt uns immer sehr gut ein, im Team stimmt es einfach", betont die Torjägerin - und fügt bescheiden hinzu: "Am Ende landet der Ball dann halt oft bei mir, so dass ich ihn nur noch ins Tor schießen muss."
Das aber gelingt in großer Regelmäßigkeit. Nur in zwei der insgesamt 13 Partien traf Alina Scheben nicht ins Netz, beide Begegnungen gingen verloren. Es waren die bislang einzigen Niederlagen des TSV Solingen in dieser Saison. "Am ersten Spieltag war ich noch im Urlaub, konnte deshalb beim 1:3 gegen den SV Oberbilk 09 nicht mitspielen", erinnert sie sich. "Beim 0:1 gegen den 1. FFC Düsseldorf 03 sind wir durch einen Platzverweis in Unterzahl geraten, konnten deshalb den frühen Rückstand nicht mehr ausgleichen."
Ein Fünfer-, vier Vierer- und zwei Dreierpacks
Sonst aber war Alina Scheben, die schon seit Jahren die Rückennummer "12" trägt, in jedem Spiel zur Stelle, obwohl sie sich inzwischen schon häufig einer Sonderbewachung durch eine Gegenspielerin "erfreuen" darf. Besonders auffällig: Neben fünf Treffern beim 7:1 gegen den Tuspo Richrath schnürte sie allein schon vier Vierer- und zwei Dreierpacks. "Es stimmt schon, dass ich oft noch weitere Tore nachlege, wenn der Bann mit dem ersten Treffer erst einmal gebrochen ist", meint sie. "Aber auch das geht nur, weil die gesamte Mannschaft dann weiter nach vorne spielt und heiß auf weitere Tore ist. Sonst hätten wir ja nicht so viele deutliche Siege gelandet." So waren beispielsweise schon ein 9:2, 7:1, 6:2, 6:1 und 6:0 dabei. Im Schnitt erzielt der TSV 4,15 Tore im pro Spiel, die beste Schützin allein 2,66.
Neid ist den Teamkolleginnen dabei fremd. "Alle freuen sich für mich, wenn ich treffe, und sprechen mich auch oft auf meine Torquote an. Ich freue mich aber genauso für die anderen Mädels, wenn ihnen ein Tor gelingt", stellt Alina Scheben klar: "Schließlich verbindet uns das gemeinsame Ziel, nach einigen knapp verpassten Anläufen - unter anderem auch wegen der Corona-Pandemie - diesmal endlich den Aufstieg in die Landesliga zu schaffen."
Probetraining bei Lieblingsklub in Leverkusen
Von höheren Spielklassen möchte Deutschlands aktuell erfolgreichste Sechstliga-Stürmerin zumindest vorerst nicht sprechen. Auch wenn sie schon mal nicht mehr weit von einem persönlichen Aufstieg entfernt war. "Bayer 04 Leverkusen hatte für die zweite Mannschaft angefragt, die derzeit in der Regionalliga West spielt. Ich habe auch ein Probetraining absolviert. Zu diesem Zeitpunkt war ich aber noch im Abiturstress, so dass es letztlich nicht gepasst hat", sagt Alina Scheben: "Ich bedauere das aber nicht, fühle mich aktuell rundum wohl."
Dabei hätte gerade ihr Herzensverein aus Leverkusen ohne Zweifel einen großen Reiz ausgeübt. "Ich bin schon immer Fan von Bayer 04", verrät sie. Auch ihr Lieblingsspieler Kai Havertz, der inzwischen bekanntlich das Trikot des FC Chelsea trägt, war viele Jahre für die Rheinländer am Ball, wurde im eigenen Nachwuchs ausgebildet. "Kais Spielweise finde ich sehr cool", schwärmt Alina Scheben und drückt dem Nationalspieler auch nach seinem Wechsel auf die Insel weiter die Daumen: "Dass er im Champions League-Finale gegen Manchester City den entscheidenden Treffer für Chelsea erzielte, hat mich sehr gefreut."
Genau wie die Profis achtet auch die angehende Lehrerin sehr auf ihren Körper und arbeitet intensiv daran, sich zu verbessern. Neben den beiden wöchentlichen Trainingseinheiten und dem Spiel mit der Mannschaft des TSV Solingen ist Alina Scheben auch regelmäßig im Fitness-Studio anzutreffen, spielt außerdem gerne Basket- oder Volleyball.
"Speziell das Krafttraining, das ich seit etwa zwei Jahren mache, hilft mir sicherlich auch beim Fußball, um mich in Zweikämpfen behaupten und durchsetzen zu können", erklärt sie. "Es ist auch ein guter Ausgleich zum Teamsport, weil ich dort dann mal auf mich alleine gestellt bin und die Motivation hochhalten muss."
In den nächsten Wochen dürfte ihr das auch trotz der Fußballpause bis Mitte Januar gelingen. Schließlich hat Alina Scheben für das neue Jahr 2022 zwei große sportliche Ziele: Den Aufstieg in die Landesliga und die Torjägerkanone für alle.