Soziale Teilhabe|31.01.2022|16:00

Langzeitarbeitslosenprojekt beim ETuS Wedau

Johann Piel: "Ich weiß, wofür ich morgens aufstehe".[Foto: Privat]

Johann Piel schwingt die Heckenschere, hier und da müssen noch ein paar Sträucher gestutzt werden. Auf der Sportanlage an der Masurenallee 331 ist immer etwas zu tun, auch im Winter. Dass es hier beim ETuS Wedau so gepflegt aussieht, ist auch zwei Menschen zu verdanken, für die der Klub im Duisburger Süden viel mehr als nur ein Sportverein ist - nämlich eine Chance für eine bessere Zukunft.

Der Eisenbahner Turn- und Sportverein von 1929 hat ein Projekt gestartet, das ziemlich einmalig in Deutschland sein dürfte. Über ein Förderprogramm des Landes Nordrhein-Westfalen sind zwei Langzeitarbeitslose hier beschäftigt. Eben Johann Piel sowie Christian F., Letzterer möchte nicht, dass sein kompletter Name in der Öffentlichkeit zu lesen ist.

Vorher Ein-Euro-Job 

Beide waren schon vor dem 2019 aufgelegten sogenannten Teilhabechancen-Gesetz mit dem ETuS verbunden. Christian F. hat den Sportverein während seiner langen Arbeitslosigkeit ehrenamtlich unterstützt, Johann Piel wurde hier schon als "Ein-Euro-Jobber" gelegentlich eingesetzt. "Jetzt bin ich seit dem 1. April 2021 fest hier und habe eine 30-Stunden-Stelle", berichtet der 56-Jährige. Früher hat er selbst gekickt, beim Polizei SV, später war er dort auch Trainer, dann wurde der Fußball irgendwann zur Nebensache.

"Mein Tag und die ganze Woche haben wieder eine geregelte Struktur".

Wenn sich die Wedauer Hobbykickertruppe, Altersschnitt um die 40, montags und donnerstags an der Masurenallee zum Bolzen treffen, haben er und Christian F. schon Feierabend. Etwa 25.000 qm² ist die Anlage groß, da ist man bei dem Mehrspartenverein froh, zwei so fleißige Leute dauerhaft in ihren Reihen zu haben. Neben der Pflege des Rasens sowie der umliegenden Bäume und Sträucher gehören auch handwerkliche Tätigkeiten zu ihren Aufgaben. "Kleinere Reparaturen oder Anstreicherarbeiten", erzählt Manuela Schülpen. Gerade muss der Boden rund um das Vereinsheim ausgeschachtet werden, danach stehen noch Pflasterarbeiten an. Johann Piel und Christian F. packen an, sind sich für nichts zu schade. "Wir sind mit den beiden Herren sehr zufrieden", nickt "Manu".

Die erste Vorsitzende des ETuS Wedau arbeitet selbst beim Jobcenter, allerdings nicht in Duisburg, und kennt sich daher mit Fördermaßnahmen für den Arbeitsmarkt ganz gut aus. Im Rahmen einer Informationsveranstaltung stellte der Stadtsportbund Duisburg Anfang 2020 das neue Teilhabechancen-Gesetz den Sportvereinen vor - beim ETuS Wedau war man sofort angetan von dem Projekt.

Kein offizieller DFB-Spielbetrieb

Der Verein nimmt seine Rolle als gemeinnütziger Anlaufpunkt in der Gesellschaft schon länger ernst, so zögerten sie beim ETuS Wedau nicht, als ab Ende 2015 viele Geflüchtete in die Stadt kamen. "Wir hatten hier ganz in der Nähe eine Flüchtlingsunterkunft und haben den Neuankömmlingen gerne unsere Räumlichkeiten zum Beispiel für Sprachangebote oder Feiern zur Verfügung gestellt", berichtet Manuela Schülpen.

Der aktuell etwa 750 Mitglieder zählende Verein hat Handball, Tennis, Tischtennis, Leichtathletik, Turnen und Sportschießen im Programm. Letzteres in einer schmucken Halle, die zu den modernsten Schießanlagen in ganz Deutschland zählt. Außerdem kann beim ETuS gesegelt werden, die Regattastrecke an der Wedau ist schließlich fußläufig erreichbar.

Der Fußball spielt bewusst nur eine untergeordnete Rolle. "Wir haben eine Vereinbarung mit unserem Nachbarn, dem ETuS Bissingheim, dass wir bei uns keinen offiziellen DFB-Spielbetrieb anbieten und somit den Bissingheimern im Fußball keine Konkurrenz machen, zum Beispiel, wenn es darum geht, Nachwuchs an den Verein zu binden", verrät Manuela Schülpen.

Zwei Jahre lang 100 Prozent Zuschuss

Johann Piel und Christian F. sind froh, dass sie hier gelandet sind. "Ich habe mich Jahre lang von Stelle zu Stelle gehangelt, mal war es für zwei Jahre, dann nur für ein paar Monate", erzählt der frühere Tierpfleger. Beim ETuS Wedau haben er und Christian F. nun die schöne Perspektive auf einen längeren Verbleib. Das neue Teilhabechancen-Gesetz von 2019 ist zunächst auf fünf Jahre befristet, danach wird überprüft, ob die Maßnahme fortgesetzt wird. Arbeitgeber, wie etwa ein Sportverein wie der ETuS Wedau, erhalten hohe Lohnzuschüsse vom Jobcenter - in den ersten beiden Jahren sind es volle 100 Prozent, in jedem weiteren Jahr zehn Prozent weniger. Johann Piel freut sich: "Mein Tag und die ganze Woche haben wieder eine geregelte Struktur. Ich weiß, wofür ich morgens aufstehe und mit dem Geld komme ich auch klar", betont der Familienvater.

Sein zunächst auf ein Jahr befristeter Vertrag - und auch der von Kumpel Christian - wird voraussichtlich um vier Jahre verlängert. Die Sportler beim ETuS Wedau können sich freuen, dass ihre Anlage an der Masurenallee auch weiterhin so gut in Schuss bleiben wird.