RWO-Verteidiger Klaß: "Ich hatte Gänsehaut"
Nico Klaß: "Für die Dauer des Spiels bin ich Oberhausener.“[Foto: Imago]
Wenn die Revier-Rivalen Rot-Weiß Oberhausen und MSV Duisburg am Freitag in der 2. Runde des Niederrheinpokals (19 Uhr, Stadion Niederrhein) aufeinandertreffen, dann wird RWO-Verteidiger Nico Klaß ganz besonders motiviert sein. Er durchlief die komplette Jugend der Meidericher und war dort zeitweise Kapitän. Seit dieser Spielzeit trainiert er in seiner Heimatstadt auch den Kreisligisten Preußen Duisburg, in der zahlreiche Zebra-Anhänger aktiv sind. Angst vor Pfiffen seiner eigenen Kumpels hat er jedoch nicht, wie er Fussball.de verrät.
Das traditionsreiche Duell zwischen Rot-Weiß Oberhausen und MSV Duisburg im Niederrheinpokal ist vor allem für RWO-Abwehrspieler Nico Klaß mit vielen Emotionen verbunden. Schließlich ist er in Duisburg aufgewachsen und trug von der U11 bis zur U 19 das Zebra-Trikot. Nach eigener Aussage kennt er "jeden Winkel“ der Stadt. Und nebenbei steht er in seiner Heimatstadt als Trainer beim A-Kreisligisten Preußen Duisburg an der Seitenlinie. Vom Los erfuhr er – wie könnte es auch anders sein - über die WhatsApp-Gruppe der Preußen. "Als die Paarung feststand, hatte ich Gänsehaut", kann sich der 25-Jährige im Gespräch mit Fussball.de noch genau an den Moment erinnern: "An dem Tag war ich in der Reha und konnte die Auslosung nicht live verfolgen." Auf die Partie freue er sich "wie ein kleines Kind", aber er stellt auch klar: "Für die Dauer des Spiels bin ich Oberhausener."
Obwohl der MSV in der 3. Liga zuletzt drei Spiele hintereinander verlor, hat er Respekt vor der Aufgabe: "Duisburg hat sich im Vergleich zur vergangenen Saison defensiv stabilisiert. Und sie werden uns sicherlich nicht unterschätzten, sondern die Partie wie eine normale Drittliga-Begegnung angehen." RWO hingegen müsse seinen Teil dazu beitragen, dass sich die Partie auch während der 90 Minuten für seinen Ex-Verein so anfühle wie eine Begegnung in der dritthöchsten Spielklasse.
"Ich denke nicht, dass meine Freunde mich auspfeifen werden"
"Die Verantwortlichen haben mich immer wieder gepikst und ich habe mir dann irgendwann gesagt: Komm, das machst du jetzt.“
Dass er mit einem Sieg über die Zebras einem Großteil seiner Preußen-Spieler den Freitagabend vermiesen würde, darüber ist er sich bewusst. "In unserer Mannschaft fahren viele Jungs regelmäßig zum MSV. Die werden natürlich auch am Freitag da sein. Der ein oder andere wird mich sogar zum ersten Mal live Fußball spielen sehen", sagt er. Angst davor, während des Derbys von den Zebra-Anhängern in seiner Preußen-Mannschaft ausgepfiffen zu werden, hat er jedoch nicht. "Es sind ja alles Kumpels von mir. Und ich denke nicht, dass meine Freunde mich auspfeifen werden", glaubt Klaß.
Aber was ist, wenn es doch dazu kommen sollte? "Dann ist es nur für die neunzig Minuten so. Ich hoffe es zumindest", sagt er augenzwinkernd: "Niemand muss Angst haben, dass ich ihn deshalb im nächsten Spiel nicht mehr aufstelle." Früher habe er noch selber in der Meidericher Kurve gestanden: "Je näher er dem Profibereich gekommen sei, desto stärker hat das Fan-Gefühl mit den Jahren nachgelassen."
Bereits seit drei Jahren ist er mit Unterbrechungen für die Preußen tätig. 2019 begann er zunächst als Co-Trainer in der Kreisliga B. "Das hat mir damals schon sehr viel Spaß gemacht", erinnert sich Klaß, der nach seinem Wechsel von Rot-Weiß Oberhausen zu Eintracht Braunschweig seine Kreisliga-Aktivitäten zunächst ruhen ließ. Als im Sommer die Rückkehr nach Oberhausen anstand, wurde der Kontakt zunehmend intensiver: "Die Verantwortlichen haben mich immer wieder gepikst und ich habe mir dann irgendwann gesagt: Komm, das machst du jetzt." Kurz vor seiner Zusage hatte er seinen Vertrag bei RWO bis 2024 verlängert: "Dadurch war für mich persönlich auch etwas Planungssicherheit gegeben. In den Jahren zuvor war das nicht der Fall."
Nach sechs Spieltagen haben die Preußen bereits 16 Punkte auf dem Konto. Eine deutliche Verbesserung zum Vorjahr, als die Elf die Saison im Tabellenmittelfeld beendete. "Das war auch ganz klar mein Anspruch, als ich den Jungs zugesagt hatte", sagt er bestimmt, denn "ich habe das Amt nicht übernommen, um am Ende Neunter oder Zehnter zu werden". Dafür sei er auch neben dem Platz "zu ehrgeizig". Doch der Ehrgeiz geht immer nur so weit, wie es der RWO-Terminplan zulässt: "Oberhausen geht für mich immer vor. Das ist völlig klar und auch mit beiden Klubs so abgesprochen." Wenn Termine mit der Mannschaft anstehen, übernimmt sein Co-Trainer Alexander Klug zusammen mit Torwarttrainer Michael Sanchez das Training und auch das Coaching während des Spiels. Wie am vergangenen Sonntag, als Preußen beim SV Heißen 6:0 gewann und Oberhausen zeitgleich bei Fortuna Köln in der Regionalliga (1:1-Endstand) spielte.
Unter der Woche kommt es hingegen seltener zu Terminkollisionen. Während die Oberhausener meist morgens um 10 Uhr und nachmittags um 14 Uhr trainieren, finden die Einheiten in der Kreisliga in der Regel abends um 19.30 Uhr statt. "Von daher kann ich mir das zeitlich immer gut einrichten", freut sich Klaß: "Und falls ich doch nicht beim Training dabei sein kann, dann stimmen wir uns kurz vor den Übungen untereinander ab."
Auch im Bereich der Trainingsgestaltung müsse er im Vergleich zum Regionalliga-Alltag kaum Abstriche machen: "Von Anfang an habe ich viele Übungen ausprobiert, die wir auch bei RWO anwenden. Und ich war positiv überrascht, wie gut alles nach einer kleinen Eingewöhnungsphase funktioniert hat." Den ein oder anderen Kontrast hat er jedoch bereits ausgemacht: "Der größte Unterschied ist sicher, dass wir in der Regionalliga nach dem Training kein gemeinsames Bier trinken", sagt er schmunzelnd. Auch Mannschaftsabende kurz vor wichtigen Spielen seien in der Regionalliga undenkbar.
Zeit bei den MSV-Junioren ein "Hoch und Runter"
Sein enger Bezug zu den Preußen rührt nicht zuletzt daher, dass sein Vater Stefan seit drei Jahren den ersten Vorsitz des Dachvereins innehat. "Auf meine Entscheidungen nimmt er aber keinen Einfluss", stellt der gebürtige Homberger klar. In seiner Zeit als ganz junger Kicker war das noch ganz anders. In der U 12 und in der U 15 des MSV war der Vater jeweils auch sein Chef-Trainer. "Für mich war das gerade als junger Spieler nicht immer so angenehm", räumt er ein, "aber er hat mir immer wieder wichtige Tipps gegeben."
Insgesamt beschreibt er seine Zeit bei den MSV-Junioren als ein "Hoch und Runter". Oft habe es auch Phasen gegeben, "in denen ich gedacht hatte, dass sich der ganze Aufwand gar nicht auszahlt". Immer wieder setzten seine Trainer ihn verschiedenen Positionen ein, mal als Stürmer, dann als Mittelfeldspieler und relativ spät erst als Verteidiger. Mitunter saß er auch nur auf der Bank. Doch Klaß biss sich durch, war später der A-Jugend zeitweise Kapitän: "Mit 18 habe nochmal einen deutlichen Wachstumsschub bekommen. Danach lief es für mich viel besser." Umso größer war die Enttäuschung, als ihm irgendwann klar wurde, dass er es nicht zu den Profis schaffen werde. Heute kann er die Entscheidung der Meidericher rückblickend nachvollziehen: "Ich war einfach noch nicht so weit in meiner Entwicklung."
Er wählte den Umweg über die Oberliga beim TV Jahn Hiesfeld und empfahl sich über diesen Schritt für RWO. Kurze Zeit später wurde Eintracht Braunschweig auf ihn aufmerksam. "Zu der Zeit hatte ich gar nicht mehr damit gerechnet, es in den Profibereich schaffen zu können", räumt er rückblickend ein. 2021 kehrte er dann wieder nach Oberhausen zurück. Vorrangig aus "privaten Gründen", wie er sagt: "Hier weiß ich einfach, was ich habe und fühle mich wohl. Das ist mir sehr wichtig." Eine Rückkehr zu den Meiderichern sei hingegen kein ernsthaftes Thema gewesen. "Klar, es gab Spekulationen. Aber wirklich konkret wurde es nie." Der Spielerkarriere gilt auch mit Blick auf die Zukunft seine volle Konzentration. Zwar erneuert er zwar regelmäßig die notwendigen Trainerlizenzen. Eine Karriere als Profi-Trainer ist für ihn aber kein Thema: "Darüber habe ich mir wirklich null Gedanken gemacht. Momentan zählt für mich einzig und allein der größtmögliche Erfolg mit RWO."