Löwenherz |14.01.2023|08:30

Mit 1860-Frauen "irgendwann" gegen die Bayern

Pionierinnen der "Sechzger"-Frauenfußballabteilung: Vroni Seemann (links) und Silke Dehling.[Foto: TSV 1860 München]

40 Jahre mussten Frauen und Mädchen, die in München gerne Fußball spielen, auf diesen Moment warten: Der TSV 1860 München geht wieder im Frauenfußball an den Start. Das war im August 2020, wegen Corona fand das erste Spiel allerdings erst fast ein Jahr später statt. Trotz des 1:2 im Freundschaftsspiel gegen den SSV Weng am 3. Juli 2021 waren Silke Dehling und Veronika "Vroni" Seemann unbändig stolz - allerdings nicht nur sie -, an diesem historischen Tag vor 400 Fans dabei sein zu dürfen.

Die beiden Kickerinnen sind die "Ober-Löwinnen", sie leiten die Frauenfußball-Abteilung bei den "Sechzgern". Im Interview mit FUSSBALL.DE erklärt Silke Dehling, auch Kapitänin der TSV-Frauen I, warum es für sie etwas Besonderes ist, im Trikot der "Blauen" aufzulaufen.

FUSSBALL.DE: Silke Dehling, wie fühlt es sich für Sie an, das Trikot der "Löwen" zu tragen?

Silke Dehling: Wunderbar, für mich ist damit ein Traum wahr geworden. Ich war schon immer 60-Fan und habe die Spiele der Herren im Grünwalder Stadion oder auswärts besucht. Jetzt darf ich seit eineinhalb Jahren selbst in diesem Trikot spielen, das Wappen deines Lieblingsklubs auf der Brust zu tragen, ist eine große Ehre für mich und erfüllt mich mit Stolz.

"Wir haben bewusst den Weg von ganz unten gewählt. Jetzt müssen wir nur noch zehnmal aufsteigen, dann sind wir in der Bundesliga".

Wie kam es zu Ihrem Engagement beim TSV?

Dehling: Im Jahr 2013 bin ich beruflich bedingt nach München gezogen. Ursprünglich komme ich aus der Oberpfalz und habe dort auch Fußball gespielt, bei der DJK Ursensollen und beim SV Illschwang. Wenn wir mit ein paar Mädels zu den Spielen der 60-Profis gegangen sind, haben wir uns immer wieder gefragt, warum gibt es denn hier keinen Frauenfußball? Pläne, die Sparte wieder neu aufleben zu lassen, gab es im Verein schon länger, aber ab 2020 wurde es konkret. Vroni und ich wollten unbedingt dabei sein und haben uns dann gemeldet, dass wir beim Aufbau der Abteilung gerne helfen würden.

Standen die Spielerinnen aus München und Umgebung Schlange, um im Trikot der Löwinnen auflaufen zu können?

Dehling: So kann man das nicht sagen, anfangs ging das eher über Mundpropaganda beziehungsweise eine WhatsApp -Gruppe, in der sich interessierte Spielerinnen melden konnten. Die meisten hatten vorher noch nie Fußball gespielt, und dass wegen der Pandemie die Saison 2020/2021 gar nicht ausgetragen wurde, war für uns eher von Vorteil. So konnten wir uns als Team finden, haben ein Jahr nur trainiert und hatten auch noch keinen Trainer, bis es dann im Frühjahr 2021 mit den Sichtungstrainings und ab dem Sommer mit Testpartien und schließlich den Pflichtspielen in der A-Klasse so richtig losging.

Wie andere große Vereine, geht auch 1860 den steinigen Weg von ganz unten. Was erleben Sie als "Löwin" in der Kreisklasse?

Dehling: Da sind alle Gegnerinnen super motiviert. Jede will unbedingt gegen uns gewinnen, und zwar nicht nur aus sportlichen Gründen, weil es gegen einen großen Namen geht. Gegen uns wird ein Sieg wie ein Aufstieg gefeiert. Ein großer Ansporn sind auch die vielen Zuschauerinnen und Zuschauer, die bei unseren Spielen da sind. Bei unseren Heimspieltagen am Samstagnachmittag haben wir immer ein paar hundert Fans auf der Anlage. Da ist richtig etwas los, obwohl wir nicht an der Grünwalder Straße spielen können, weil dort alle Plätze belegt sind.

In der ersten Saison gelang der souveräne Durchmarsch von der A-Klasse in die Kreisklasse. In der laufenden Runde grüßen die 1860-Frauen I zwar wieder von der Spitze, aber in die lange Winterpause ging es mit nur einem Punkt Vorsprung auf die Spielgemeinschaft SV Sentilo Blumenau/SV Pullach, gegen die Ihr auch die bisher einzige Niederlage einstecken musstet. Ist trotzdem der abermalige Durchmarsch eine Etage höher Pflicht?

Dehling: Pflicht würde ich es nicht nennen, sondern es ist unser Ziel, gleich wieder aufzusteigen. Ein Verein mit solch einem großen Namen, wie ihn der TSV 1860 München hat, gehört auch mit seinem Frauenteam eigentlich weiter nach oben. Wir haben aber bewusst den Weg von ganz unten gewählt, jetzt müssen wir nur noch zehnmal aufsteigen, dann sind wir in der Bundesliga. (lacht)

Und dann gibt es endlich das Derby gegen die Bayern…

Dehling: Das werde ich nicht mehr auf dem Platz erleben, ich bin ja schon 30. Aber es wäre natürlich ein Traum, "die Blauen" gegen "die Roten". Bis es vielleicht irgendwann so weit sein sollte, möchten wir uns so aufstellen, dass 1860 zu einem wichtigen Bestandteil im hiesigen Frauenfußball wird. Dazu zählt, dass wir eine U 17 aufbauen wollen, möglichst schon zur kommenden Saison. Innerhalb Münchens wollen wir jedenfalls schon bald die Nummer eins werden, denn genau genommen, ist das Gelände der Bayern-Frauen ein paar Meter außerhalb der Stadt. (lacht)