Krebs besiegt, zurück auf dem Platz
Zurück auf dem Platz: Dominik Roßdeutscher (links) mit Schiedsrichterkollegen.[Foto: Privat]
Am 7. Januar 2022 bricht für Dominik Roßdeutscher eine Welt zusammen. Gerade hat der Betriebsarzt seine Gesundheit gecheckt, eine Routineuntersuchung. Doch die Blutwerte sind auffällig, der Doc schickt den bei einem Abfallrecyclingunternehmen beschäftigten 26-Jährigen zu dessen Hautärztin. Die wirft nur einen Blick auf dem Laborbefund und sagt: Ab ins Krankenhaus! Die Diagnose dort ist niederschmetternd.
Bei Dominik Roßdeutscher wird Blutkrebs diagnostiziert. Für den als Schiedsrichter im Kreis Bochum tätigen Schalke-Fan beginnt ein Kampf um Leben und Tod. Bei der Suche nach einem geeigneten Stammzellenspender über die Deutsche Knochenmarkspender-Datei (DKMS) hilft auch der DFB .
Mit Erfolg! Am 28. April erhält Dominik Roßdeutscher im Universitätsklinikum Essen eine Knochenmarkpunktion, er erholt sich schnell und steht inzwischen auch wieder auf dem Fußballplatz.
FUSSBALL.DE: Dominik, fühlst du dich, als wäre dir ein zweites Leben geschenkt worden?
"Ich bin manchmal noch etwas schlapp, aber es wird mit jedem Tag besser!"
Dominik Roßdeutscher: So kann man es sagen! Nachdem bei mir die Leukämie festgestellt worden war, habe ich zwar eine Chemotherapie erhalten, aber die Krebszellen waren so aggressiv und haben so schnell gestreut, dass meine Uhr irgendwann im letzten Jahr wohl abgelaufen wäre.
Was ging in dir vor, als du von der schrecklichen Diagnose gehört hast?
Roßdeutscher: Ich habe es nicht geglaubt, beziehungsweise wollte es wahrscheinlich einfach nicht wahrhaben. Ich war ja fit, habe immer Sport getrieben – und dann kommt so ein Hammer.
Haben die Ärzte dir offen ins Gesicht gesagt, wie lange du noch zu leben hast, wenn sich kein Stammzellenspender findet?
Roßdeutscher: Nein, aber es gibt gewisse Erfahrungswerte, außerdem kommt es darauf an, wie alt man ist. Bei jungen Menschen wachsen die Zellen schnell nach, auch die Krebszellen…
Du hast Glück gehabt, gut drei Monate nach der Diagnose fand sich ein passender Spender. Kennst du deinen Lebensretter?
Roßdeutscher: Nein, das ist für eine gewisse Zeit nach der Spende nicht erlaubt. Ich weiß nur, dass er wohl aus dem Raum Frankfurt kommen soll. Sobald diese Karenzzeit aber vorbei ist, möchte ich gerne wissen, wer das war und Kontakt aufnehmen.
Wer hat dich in der schwierigen Zeit der Ungewissheit, wie und ob es überhaupt weitergehen würde, unterstützt?
Roßdeutscher: Vor allem die Familie, meine Eltern, aber auch Freunde und Bekannte. Die Unterstützung war groß, dafür bin ich sehr dankbar. Ganz viele Menschen haben meinen Aufruf, dass ich einen Stammzellenspender suche, auch geteilt, über Facebook, Instagram und andere Internetseiten.
Wie geht es dir jetzt, etwas mehr als ein Jahr danach?
Roßdeutscher: Ich bin manchmal noch etwas schlapp, spüre die Belastung, die ich hinter mir habe, sowohl körperlich als auch psychisch. Die Konzentrationsfähigkeit zum Beispiel ist noch nicht so da wie früher, aber die Ärzte haben auch gesagt, ich müsse geduldig sein. Und immer, wenn ich einen Krankenwagen höre oder sehe, schrecke ich noch zusammen. Es wird aber mit jedem Tag besser. Am vergangenen Montag hatte ich meine Jahresuntersuchung, die Blutwerte sind stabil, das ist das Allerwichtigste!
Und du pfeifst schon wieder Spiele!
Roßdeutscher: Ja, das ist unglaublich schön! Im Februar war ich zum ersten Mal wieder auf dem Platz und war als Linienrichter beim Freundschaftsspiel zwischen den Frauen des VfL Bochum und der U20 des SV Meppen dabei. Inzwischen habe ich zwölf Einsätze hinter mir, einmal bin ich in der Kreisliga eingesprungen, und nach dem Abpfiff hat mir ein Spieler gesagt: ‚So viel wie du ist keiner von uns gelaufen.‘ Das war eine schöne Bestätigung, dass es körperlich aufwärts geht.
Wie bist du zur Schiedsrichterei gekommen?
Roßdeutscher: Ich habe früher selbst Fußball gespielt, beim SV Langendreer 04 und beim TuS Stockum. Vor neun Jahren habe ich dann aufgehört und bin Schiedsrichter geworden. Inzwischen pfeife ich bei den Herren bis zur Landesliga und in der Jugend zum Beispiel auch den Nachwuchs von Schalke und Borussia Dortmund. Einmal hatte ich das U16-Derby zwischen S04 und dem BVB, die Jungs können kicken.