Robin Brinkmann: Daumen drücken für Gündogan
Mit nicht weniger als 14 Treffern beim 17:0 des SV Hessler 06 III in der Kreisliga C Gelsenkirchen gegen Westfalia Buer II gelang Robin Brinkmann ein bemerkenswertes Saisonfinale.
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Schiri Ender Apaydin: "Spiel muss mit Respekt und auf Augenhöhe stattfinden."[Foto: Getty/Cristof Koepsel]
Antisemitismus, Hitlergruß, Verbrennungsdrohungen bei einem A-Jugend-Spiel. Der Schiedsrichter verfasst einen Sonderbericht, das Sportgericht spricht Sperren aus. So muss es sein. Ist es aber oft nicht. Deshalb zeichnete der DFB den 48-jährigen Berliner Schiedsrichter Ender Apaydin aus. Beim Cup-Handover in Berlin durfte er das Pokalfinal-Schiedsrichterteam vorstellen. FUSSBALL.DE sprach mit Ender Apaydin vor der Ehrungsgala "Danke, Schiri" in Frankfurt.
FUSSBALL.DE : Herr Apaydin, gehen Sie heute nervöser in ein Spiel?
Ender Apaydin: Nein, überhaupt nicht. Ich habe seitdem wieder etliche Spiele geleitet. Wissen Sie, ich habe in meinem Leben so einige Nahtod-Erfahrungen gemacht. Ich habe mein Leben gelebt und bin ohnehin nicht so der ängstliche Typ. Aber klar, es ist härter geworden, unabhängig von der Nationalität und Religion. Egal ob ich im Osten der Stadt eine ‚deutsche‘ Mannschaft pfeife oder in Kreuzberg einen Verein mit Migrationshintergrund. Ich pfeife seit 2016. Mittlerweile verstehe ich Flüche in 12 Sprachen. Von Vorteil ist, dass ich mit vier Sprachen quasi Multilingual bin und somit auch etwas flexibler in meinen persönlichen Ansprachen.
Bitte erzählen Sie uns, was sich ereignete, als Sie am 13. November 2022 das A-Jugend-Spiel Hertha 06 gegen TuS Makkabi leiteten.
"Will, dass das Spiel stattfindet, frei von Hass, Religionsfeindlichkeit, Diskriminierung und Rassismus"
Apaydin: Es war ein faires und daneben auch ein gutes Spiel, die A-Junioren von Makkabi gingen 4:0 in Führung, nach der Pause wurde Hertha 06 stärker. Es gab insgesamt vier Gelbe Karten, aber nichts Gemütserregendes, so Alltäglichkeiten wie taktische Fouls und Trikotziehen.
Die Stimmung kippte als ein Zuschauer am Spielfeldrand die israelische Fahne ausrollte. Was passierte dann?
Apaydin: Der Trainer von Hertha 06 bat mich während einer Spielunterbrechung, auf ein Wort, wie er sagte, freundlich aber wiederholt bestimmt in die Coachingzone von Hertha 06. Einer seiner Spieler, ein Flüchtling aus den palästinensischen Gebieten, fühlte sich belästigt. Ich wies ihn darauf hin, dass die israelische Fahne kein verbotenes Symbol darstellt und das ich somit keine Handhabe darüber habe. Der Kapitän von Makkabi der diesem Gespräch beiwohnte, sorgte selbst dafür, dass die Fahne auf der gegenüberliegenden Seite wieder eingerollt wurde. Kurz danach war Halbzeit.
Makkabi gewann 7:4. Nach dem Spiel wollte der Makkabi-Fan ein Teamfoto mit der Fahne machen. Was passierte dann?
Apaydin: Die Mannschaften und die Trainer klatschten ab, Makkabi wollte ein Mannschaftsfoto machen. Ich sehe dann einen Jugendlichen ohne Sportkleidung, etwa drei Meter von mir und den Trainern entfernt, sichtlich aufgebracht lautstark herumbrüllen. Der Rest steht in meinem Sonderbericht.
Im Sonderbericht, der www.fussball.de vorliegt, und bestätigt durch das Urteil des Berliner Fußball-Verbands, ist festgehalten, dass der A-Junioren-Spieler von Hertha 06 schrie: "Ich ficke euer Land und eure Fahne, ihr Hurensöhne. Nehmt die Fahne weg oder ich verbrenne euch und eure dreckige Fahne Ihr Bastarde, so wie die Deutschen das mit euch gemacht haben." Auf dem Weg zur Kabine wurde Apaydin mit folgendem Satz beschimpft: "Fick dich Du Hurensohn Bastard, Du bist doch von den Juden gekauft." Aus einer Gruppe von Zuschauern rief eine Frau sehr laut: "Verpisst euch doch einfach, ihr Drecksvolk. Immer gibt es Stress mit euch. Immer provoziert ihr." Ender Apaydin dokumentierte diese Vorgänge in seinem Sonderbericht und legte damit die Grundlage für eine angemessene Sanktionierung. Makkabi-Deutschland-Präsident Alon Meyer hielt die Laudatio bei der Ehrungsgala "Danke, Schiri" und lobte Apaydins "couragiertes Eintreten für unsere Werte". Genauso wie Isaak Lat aus dem Vorstand von TuS Makkabi Berlin, der mehrfach darauf hinwies, dass verbale Angriffe auf jüdische Fußballer eben oft nicht im Schiri-Bericht festgehalten würden. Beim Gespräch in Frankfurt will Ender Apaydin die auf dem Platz gefallenen Worte nicht wiederholen.
Was rief der Jugendliche in dem Moment?
Entschuldigen Sie bitte, aber das Gesagte will und kann ich nicht wiederholen. Nur so viel, es war das mit Abstand Härteste und Grenzüberschreitende, was ich in meiner Laufbahn als Schiedsrichter zu hören bekommen habe.
Das Lagebild des Amateurfußballs, das der Deutsche Fußball-Bund seit 2014 erhebt, lieferte viele Jahre ein stabiles Bild. Gewalt und Diskriminierungsvorfälle bewegten sich im Promillebereich. Doch in der Saison 2021/22 musste man einen Ausschlag verzeichnen. Noch nie mussten so viele Spiele in einer Saison abgebrochen werden. Sowohl die Gesamtanzahl an Abbrüchen mit 911 Spielen als auch ihr Anteil von 0,075 Prozent an allen erfassten Spielen bedeuten Höchststände seit Beginn der Datenerhebung. In der Saison 2021/2022 wurden von 1.455.416 ausgetragenen Spielen 1.219.397 Spiele mit einem Online-Spielbericht erfasst. Bei den erfassten Partien wurden 5.582 Vorfälle, davon 3.544 Gewalthandlungen und 2.389 Diskriminierungen, gemeldet. Bei 2399 Fällen war ein Schiedsrichter oder eine Schiedsrichterin Geschädigte von Gewalt- oder Diskriminierungsfällen.
Nach ihrem Sonderbericht kam es wohltuend schnell zur Verhandlung vor dem Sportgericht des Berliner Fußballverbandes. Wie fiel das Urteil aus?
Apaydin: Die beiden Junioren von Hertha 06 werden für jeweils zwei Jahre gesperrt, wegen Diskriminierung, Beleidigung und Bedrohung. Der CFC Hertha 06 wurde zusätzlich mit einer Zahlung von 1500 Euro bestraft, dem Team wurden drei Punkte abgezogen.
Es gab noch ein Nachspiel. Der Vater eines der gesperrten Spieler sagt in einem ARD-Interview ‚Mein Sohn, der wird in seinem Leben, in seinem kompletten Leben, die Juden hassen‘.
Apaydin: Das Schlimme ist, dass diese Meinung sehr verbreitet ist. Früher hat man sich gezofft und anschließend wieder die Hand gegeben. Heute fehlt oft die Versöhnung. Man geht auseinander und beim nächsten Spiel flammt der Konflikt direkt wieder auf. Die Gräben werden tiefer. Manche Medien schüren leider auch Feindbilder.
Der DFB hat zuletzt seine Maßnahmen gegen Gewalt und Diskriminierung intensiviert. Wie stark die Maßnahmen greifen, bleibt letztlich unklar. Würden die leicht, aber eben doch spürbar steigenden Zahlen schlimmer ausfallen, wenn man die Entwicklung ignoriert? Das Maßnahmenpaket des DFB und der Landesverbände jedenfalls ist weitreichend: Unter Vorsitz des 1. DFB-Vizepräsidenten Ronny Zimmermann beschäftigt sich ein auch extern besetzter Thinktank mit Prävention und Sanktion bei Gewalt gegen Schiedsrichter*innen. Jeder der 21 DFB-Landesverbände betreibt seit Jahren eine Anlaufstelle für Gewalt- und Diskriminierungsvorfällen. Am DFB und DFL-Fachtag zur Antidiskriminierung nahmen zuletzt 600 Menschen aus allen Bereichen des Fußballs teil. Der DFB erstellte eine Broschüre zum Erkennen von rechtsextremen Symbolen, Codes und Diskriminierungsformen und verteilt sie an das Ordnungspersonal in den Stadien. Derzeit läuft die DFB-Initiative "Das Jahr der Schiris" mit zahlreichen Maßnahmen. In einem Medien-Statement sagte Zimmermann: "Schiris unter dem Deckmantel der Emotion als Zielscheibe eigenen Unmuts zu nutzen – damit muss endlich Schluss sein. Egal in welcher Liga, egal in welchem Spiel."
Ender Apaydin wird weitermachen. Inzwischen kennt man ihn im Berliner Amateurfußball. Der 48-jährige Familienvater und IT-Experte, der gerade seine Schulabschlüsse auf dem zweiten Bildungsweg nachholt, will seine Freizeitbeschäftigung nicht aufgeben. "Ich bin als ehemaliger Spieler Schiedsrichter geworden, weil ich einen Teil dazu beitragen will, dass das Spiel stattfindet, frei von Hass, Religionsfeindlichkeit, Diskriminierung und Rassismus. Eben auf Augenhöhe mit Respekt für den Mitbewerber. Das erwähne ich immer vor jedem Spiel bevor alle auflaufen. Nur wer sich selbst respektiert, kann Respekt für seinen Mitmenschen empfinden. Es geht um unseren Sport, den Fußball." Ronny Zimmermann mahnt dabei auch zur Ausdauer: "Wir waren und sind uns dabei bewusst, dass Probleme, die seit vielen Jahren bestehen, nicht innerhalb weniger Monate gelöst sind, dass die latente Respektlosigkeit gegenüber Schiedsrichter*innen nicht sofort aufhört. Wir brauchen einen langen Atem."
Klar ist: Aufgeben ist keine Option. Nicht auf dem Fußballplatz und schon gar nicht beim Kampf gegen Antisemitismus.
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