Vereinswechsel: Das musst du wissen!
Sommerzeit ist Transferzeit: Das ist im Amateurfußball nicht anders als in der Bundesliga. Hier gibt's die wichtigsten Fragen und Antworten zum Vereinswechsel.
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Auf dem Sportplatz in hessischen Niederrodenbach erinnert ein Herz aus Kerzen und Blumen an Daniel K. [Foto: Breideband]
Tod in der Kreisliga. Ein Fußballer stirbt inmitten seiner Mitspieler. Der Notarzt ist schnell auf dem Platz, doch alle verzweifelten Versuche zur Wiederbelebung scheitern. Der Verein steht unter Schock. Was nun? Wie geht es weiter? Dr. Andreas Marlovits, 49, hatte im Januar 2015 den VfL Wolfsburg nach dem Tod Junior Malandas begleitet. Angelika Ribler, 52, berät im Auftrag der Hessischen Sport-Jugend Amateurklubs nach Todesfällen. Marlovits und Ribler sagen beide: Die schnelle Rückkehr zum Tagesgeschäft ist ein Fehler.
„Wenn keine persönliche Ebene gefunden wird, kann dies zu nachhaltigen individuellen Problemen führen“, warnt Andreas Marlovits. Im Januar 2015 stand der Sportpsychologe dem VfL Wolfsburg zur Seite. Junior Malanda saß auf dem Rücksitz eines SUV, der mit überhöhter Geschwindigkeit bei starkem Regen und Windböen auf der A2 ins Schleudern geriet. Malanda wurde aus dem Fahrzeug katapultiert. Der 20-jährige belgische Junioren-Nationalspieler soll sofort tot gewesen sein.
Auch dank Marlovits‘ Beratung vermied Wolfsburg den sportlichen Einbruch, wie ihn etwa Hannover 96 nach Robert Enkes Tod verkraften musste. Hannover war in der Rückrunde 2009/2010 bis auf den 17. Tabellenplatz abgerutscht. Erst nach dem Trainerwechsel von Andreas Bergmann zu Mirko Slomka retteten sich die Niedersachsen vor dem Abstieg. Wolfsburg dagegen beendete die Saison als Vizemeister und DFB-Pokalsieger. Marlovits, Professor für Sportpsychologie an der Business School in Berlin, will nicht über einzelne Maßnahmen sprechen. Er sagt aber: „Die Verantwortlichen in Wolfsburg haben die Situation nicht auf die leichte Schulter genommen. Und man hat sich professionelle Unterstützung geholt. Das ist das Gegenteil von der Haltung: Nichts tun und mal sehen, ob es nicht von alleine einfach wieder gut wird.“
Die Experten sind sich einig: Kommt es in einer Fußballmannschaft zu einem Todesfall, muss dieser Verlust besprochen werden. Umso mehr, wenn ein junger Spieler auf dem Platz stirbt, wie beispielsweise im Sommer 2015 im hessischen Niederrodenbach geschehen.
„Es ist wichtig, dass die Menschen schnell Gelegenheit bekommen, darüber zu sprechen“
Im Auftrag der Hessischen Sport-Jugend fuhr die Mediatorin Angelika Ribler im Frühjahr 2010 zu zwei Vereinen. Schreckliches war geschehen. Zwei A-Junioren hatten sich in Nachahmung der Selbsttötung Robert Enkes umgebracht. Die Mediatorin betont, dass Suizide junger Menschen zu komplexen, schwer bearbeitbaren Selbstvorwürfen im Umfeld führen können. Aber auch der Unfalltod in Training oder Spiel sei sehr schwer zu verdauen. „Es ist wichtig, dass die Menschen schnell Gelegenheit bekommen, darüber zu sprechen.“ Ribler hat sich damals mit vielen Trauernden in die Umkleide gesetzt. „Man hat sich Geschichten aus dem Leben des Verstorbenen erzählt. Jeder hat seine letzte Begegnung berichtet. Auch von guten Tagen wurde geredet.“ Ribler sagt: „Es klingt banal und dennoch ist es das Wichtigste: Zuhören.“
Seit seinem achten Lebensjahr spielte Daniel K. für Germania Niederrodenbach Fußball. Ein Mitspieler sagt: „Er war meistens gut gelaunt und sehr beliebt – ein Gesicht unseres Vereins.“ Am Samstagvormittag, Tag eins des traditionell auf dem Vereinsgelände abgehaltenen Trainingslagers, endete gerade die Einheit. Die Spieler der Kreisoberliga-Mannschaft waren auf dem Weg unter die Dusche, die zweite Mannschaft kam zum Abschluss zusammen. Resümee ziehen, Ausblick auf den nächsten Tag. Da brach Daniel zusammen. Der 24-Jährige litt an einer Herzvorerkrankung. Mitspieler begannen sofort zu reanimieren, der Notarzt traf binnen weniger Minuten ein. Vergeblich.
Angelika Ribler sagt: „Der Verein hatte auf seiner Homepage und der Facebookseite eine Kerze brennen, der Vorfall wurde sehr achtsam beschrieben. Germania Niederrodenbach hat nichts verkehrt gemacht.“ Gesten seien ratsam, aber immer nur wenn die Familie zustimmt und die Mitspieler danach verlangen. „Das kann ein Foto in der Umkleide oder ein Trikot auf der Bank sein“, sagt Ribler. Bewusst sollte man die Trauerzeit auch ausklingen lassen.
Andreas Marlovits ist überzeugt: „Bei einer Fußballmannschaft geht der Tod des Mitspielers natürlich jeden an, vor allem, wenn innerhalb kürzester Zeit wieder Topleistung gebracht werden muss.“ Der renommierte Wissenschaftler fügt an: „Psychologisch betrachtet steht die Trauer den berauschenden Gefühlen etwa des Toreschießens massiv im Wege. Also muss zuerst die Trauer bearbeitet und in etwas anderes verwandelt werden, damit es wieder mit dem Siegen klappen kann.“ Ribler will die Frage, inwiefern sich Trauer und Leistung gegenseitig ausschließen, gar nicht beantworten. Sie sagt: „Ich kann und möchte das nicht beurteilen. Der Tod in einem Verein und einer Mannschaft bindet Kräfte. Darauf würde ich Rücksicht nehmen.“
Germania Niederrodenbach ließ vier Tage lang ruhen, drei Testspiele wurden abgesagt. Am Tag nach der Tragödie trafen sich Spieler, Verantwortliche und weitere Freunde von Daniel auf dem Sportplatz mit dem Pfarrer des Orts, der auch Notfallseelsorger ist. Blumen wurden am Spielfeldrand niedergelegt, es wurde gemeinsam getrauert und sich erinnert an Daniel.
Mittwochs traf sich die erste Mannschaft zu einem leichten Training, die zweite Mannschaft absolvierte einen gemeinsamen Spaziergang. Später organisierte der Verein ein Benefizspiel, dessen Einnahmen der Familie zugute kamen. Heute, zwei Jahre später, ist längst wieder sportliche Normalität eingekehrt in Niederrodenbach. Vergessen aber ist Daniel nicht. Am Todestag und an Weihnachten trifft sich das Team regelmäßig mit weiteren Freunden am Grab.
Dr. Andreas Marlovitz, 49, Professor für Sportpsychologie an der Business School Berlin, studierte Psychologie, Sportwissenschaften und Theologie. Seit 15 Jahren berät er Profivereine im In- und Ausland, u.a. den 1. FC Köln, Werder Bremen, Hannover 96 und den VfL Wolfsburg. Angelika Ribler, 52, ist Referentin für Jugend- und Sportpolitik bei der Sportjugend Hessen. Für Ihre Arbeit gegen Rechtsextremismus im Amateurfußball wurde sie 2010 mit dem Julius Hirsch Preis in der Ehrenkategorie ausgezeichnet.
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