Am Flughafen in Frankfurt ist Candas Kara als Disponent für einen Parkplatzanbieter tätig, arbeitet dabei hauptsächlich in Nachtschichten. Auf dem Fußballplatz ist der 27 Jahre alte Stürmer des SV Zeilsheim II in der Kreisoberliga Maintaunus aber dennoch immer hellwach und führt im Rennen um die Torjägerkanone für alle in der 8. Liga. Im FUSSBALL.DE-Interview spricht Kara über seine Torquote.
FUSSBALL.DE: Nach nur 16 Einsätzen für die zweite Mannschaft des Frankfurter Stadtteilklubs SV Zeilsheim haben Sie bereits 41 Treffer erzielt, im Schnitt also mehr als 2,5 pro Spiel. Ist das eine normale Ausbeute für Ihre Verhältnisse, Herr Kara?
Candas Kara: Normal würde ich nicht sagen. Klar, torgefährlich war ich immer schon. So gut wie in dieser Saison lief es allerdings tatsächlich noch nie.
Wie erklären Sie sich Ihren guten Lauf?
Kara: Nachdem ich in den ersten Partien noch sehr viele Chancen ausgelassen und nur einmal getroffen hatte, gelang mir am 4. Spieltag beim 4:2 in Neuenhain ein Hattrick innerhalb weniger Minuten. Danach bin ich in einen Flow gekommen, hatte immer mehr Selbstvertrauen. Unter anderem gab es danach Spiele mit fünf, sechs oder zuletzt sogar sieben Toren. Ich muss aber auch sagen, dass meine Teamkollegen daran einen großen Anteil. Jeder im Team will erfolgreich sein, der Spaßfaktor ist bei uns sehr hoch.
Was zeichnet Sie grundsätzlich als Stürmer aus?
Kara: Ich habe ein gutes Näschen, bin im Abschluss sehr stark. Dabei treffe ich aber nicht nur im Strafraum, sondern habe beispielsweise auch schon sieben oder acht Freistoßtore aus der Distanz erzielt. Meine Spezialität sind Schüsse über die Mauer, die auch oft nach unseren Trainingseinheiten mit den Torhütern übe. Das zahlt sich denn auch aus.
Haben Sie ein bestimmtes Vorbild, dem Sie nacheifern?
Kara: Mein Idol war immer Cristiano Ronaldo. Er wird demnächst 40 Jahre, ist aber immer noch brutal ehrgeizig und torgierig. Das ist beeindruckend. Auch ich bin heiß darauf, möglichst in jedem Spiel zu treffen. Gelingt mir das nicht, bin ich enttäuscht.
Was bedeutet es Ihnen, in der bundesweiten Wertung zur Torjägerkanone für alle auf Platz eins zu stehen?
Kara: Sehr viel. Mein großer Bruder Cem, der früher unter anderem für den FSV Frankfurt und den FC Gießen in der Regionalliga Südwest am Ball war und aktuell für den FC Eddersheim in der Hessenliga spielt, hatte mich vor unserem letzten Spiel im alten Jahr beim 1. FC Sulzbach noch angespornt, dass ich mindestens fünf Tore erzielen muss, um die Führung zu übernehmen. Am Ende waren es sogar sieben Treffer. Zahlreiche Leute haben mich seitdem darauf angesprochen, meine Familie freut sich mit mir, vor allem mein Vater ist sehr stolz. Die Torjägerliste in der eigenen Liga anzuführen, ist schon etwas Besonderes. Aber bundesweit die Nummer eins zu sein, ist noch einmal eine ganz andere Hausnummer.
Wie bewerten Sie Ihre Chancen, diese Position bis zum Saisonende zu verteidigen?
Kara: Ich werde auf jeden Fall dranbleiben, das ist klar. Es wird nicht einfach, da wir nur bis zum Saisonbeginn noch nur elf Spiele haben. Mein Ziel wäre, möglichst weitere 30 Treffer zu erzielen. Sollte das klappen, dann stünden die Chancen vermutlich nicht so schlecht.
Spornt Sie der Gedanke, eventuell die Torjägerkanone gewinnen zu können, noch zusätzlich an?
Kara: Definitiv. Nachdem ich gerade gehört habe, dass die Gewinnerinnen und Gewinner in den Vorjahren jeweils bei einem Länderspiel in einem großen Stadion von prominenten Nationalspielern geehrt wurden, dann gibt mir das noch einen zusätzlichen Schub.
Was halten grundsätzlich davon, dass diese Trophäe seit einigen Jahren vom Fachmagazin kicker, von FUSSBALL.DE und Volkswagen auch im Amateurfußball bis in die untersten Ligen vergeben wird?
Kara: Das finde ich super und sehe es auch als große Wertschätzung für den Amateurfußball an. Ich merke ja aktuell selbst, wie jeder genau mitverfolgt, wer wo in der Liste steht. Es wäre ein Traum, die Torjägerkanone zu gewinnen.
Sie haben 41 von insgesamt 71 Saisontreffern Ihres Teams erzielt, also fast 58 Prozent aller Tore. Sind Sie so etwas wie ein "Alleinunterhalter"?
Kara: Nein, gar nicht. Ich bin nur oft derjenige, der die gute Vorarbeit der Mitspieler ausnutzt. Die Jungs machen viele Laufwege für mich und legen mir die Bälle sehr gut auf. Eines ist aber auch klar: Wenn ein Mitspieler besser steht, dann gebe ich den Ball zu 100 Prozent ab. Unter dem Strich ist schließlich der Teamerfolg entscheidend.
Das Team überwintert in der Kreisoberliga auf Platz drei. Was ist in dieser Saison noch drin?
Kara: Tabellenführer FC TÜRK Kelsterbach ist schon recht weit weg, Platz zwei ist aber auf jeden Fall noch möglich. Das würde die Teilnahme an der Relegation bedeuten und wäre für uns ein großer Erfolg. Positiv ist, dass wir alle direkten Konkurrenten zu Hause empfangen.
Die erste Mannschaft kickt in der Verbandsliga Hessen und damit nur zwei Spielklassen höher. Warum spielen Sie nicht dort mit?
Kara: Ich trainiere schon regelmäßig bei der ersten Mannschaft mit und es gab intern auch schon Pläne, dass ich nach oben gezogen werden könnte. Zum einen läuft es aber in der Verbandsliga für das Team sehr gut. Wir überwintern auf Platz eins und haben gute Chancen auf den Aufstieg in die Hessenliga. Zum anderen müsste ich dann wohl den Traum von der Torjägerkanone abhaken.
Haben Sie denn grundsätzlich noch Ambitionen, höherklassig zu kicken?
Kara: Auf jeden Fall. Ich habe früher schon mal für ein halbes Jahr bei der DJK Flörsheim in der Verbandsliga gespielt und traue mir das definitiv auch noch zu. Aktuell ist der Fokus aber auf die Rückrunde mit der zweiten Mannschaft gerichtet.
Was sind Ihre größten Wünsche für das neue Jahr 2025?
Kara: Das Wichtigste ist Gesundheit für die Familie und alle Menschen. Mein Bruder wird schon bald Vater. Wir hoffen, dass alles gut geht. Sportlich wäre es mein größter Wunsch, die Torjägerkanone für alle zu gewinnen.
Autor/-in: Ralf Debat/MSPW