Vereinswechsel: Das musst du wissen!
Sommerzeit ist Transferzeit: Das ist im Amateurfußball nicht anders als in der Bundesliga. Hier gibt's die wichtigsten Fragen und Antworten zum Vereinswechsel.
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Deutschlands beste Amateure: Jülich jubelt 1970 über den zweiten Titelgewinn in Folge. [Foto: imago ]
Die Glocken läuten bei der Ankunft der Mannschaft in Jülich. Mehr als zehntausend Menschen sind gekommen, gut ein Drittel aller Einwohner. Für die Spieler stehen offene Wagen bereit. Es ist der 13. Juli 1969. Einen Tag zuvor ist der SC Jülich 1910 in Krefeld durch das 2:1 gegen die Spielvereinigung Erkenschwick vor 12.000 Zuschauern Deutscher Amateurmeister geworden.
1970 gewann Jülich den Titel erneut (3:0 gegen die Amateure von Eintracht Braunschweig in Siegen). Genau wie 1971 in Würzburg (1:0 gegen die VfB Stuttgart Amateure). Damit ist Jülich der bis heute erfolgreichste Amateurklub Deutschlands.
Über 40 Jahre nach diesen Triumphen heißt der Verein SC Jülich 1910/97 und spielt in der Kreisliga C (11. Liga). Tiefer geht es im Kreis Düren nicht. Nur einen anderen Meister in dem bis 1998 ausgespielten Wettbewerb hat es ärger erwischt: Die STV Horst-Emscher löste sich 2008 auf.
Wenn aktuell 30 Zuschauer bei den Heimspielen vorbeischauen, ist das viel. Einer, der immer dabei ist, ist Heinz Osenberg. Und das seit 1964. Osenberg spielte in den Finals 1969 und 1970 als linker Verteidiger, ehe er zu Alemannia Aachen wechselte. 1973 war er wieder da, trainierte das Team danach über Jahrzehnte mit kleinen Unterbrechungen. Momentan ist Osenberg 2. Vorsitzender und Sportlicher Leiter.
"In den letzten 20 Jahren gab es hier so gut wie nichts Positives"
"Heinz, warum tust Du dir das an?", wird er oft gefragt. Ja, warum eigentlich redet er seit Jahren auf Freunde, Bekannte oder seinen Friseur ein, doch bitte Mitglied zu werden? Warum stellt er sich, wenn Not am Mann ist, als Kassierer zur Verfügung, um am Ende vielleicht 30 Euro in der Vereinskasse zu haben? Warum opfert er Stunde um Stunde für einen Klub, dessen erste Mannschaft in der vergangenen Saison in der Kreisliga C den vorletzten Platz belegte? Da muss der 67-Jährige nicht überlegen: "Ich habe dank des Vereins so schöne Zeiten erlebt. Da will ich etwas zurückzugeben."
Die Zehner, wie der Klub in der Stadt nur genannt wird, sind sein Leben. In guten wie in schlechten und in ganz schlechten Zeiten. Seinen Humor hat Osenberg nicht verloren: "Manchmal ist es gar nicht so verkehrt, quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu spielen", sagt er mit Blick auf die letzte Saison, als Jülich in der gesamten Hinrunde ohne Punkt blieb. Osenberg wird treu bleiben, aber er hat Verständnis für jeden, der anders reagiert: "In den letzten 20 Jahren gab es hier so gut wie nichts Positives."
Dreimal Amateurmeister, Stammgast in der damals drittklassigen Oberliga Nordrhein, DFB-Pokalspiele gegen Werder Bremen und den FC Bayern, Konkurs, Neugründung, Absturz in die Kreisliga A, Insolvenz, Rückzug in die Kreisliga C - eine Geschichte, die so oder so ähnlich einige Traditionsklubs erzählen können.
Aber was ist in Jülich genau schief gegangen? Lange Zeit nichts. Lieber wirtschaftlich gesund im Amateurbereich als mit wirtschaftlichen Drahtseilakten nach oben, so lautete das Credo. Doch ein langjähriger Hauptsponsor hatte dann andere, hochtrabende Pläne, frei nach dem Motto "was kostet die Welt?". Als bekannt wurde, dass er Gelder unterschlagen hatte, stand der Verein Mitte der 90er Jahre völlig blank da und musste Konkurs anmelden. Aus Jülich 1910 wurde Jülich 1910/97. Ein schwerer, aber unumgänglicher Schritt.
Schlimmer geht es nicht? Dachte damals so mancher und wurde eines Schlechteren belehrt. Gut zehn Jahre nach dem ersten Absturz kam heraus, dass der Vorstand nach der Neugründung über Jahre keine Abgaben gezahlt hatte. Konten waren weit überzogen, die Verbindlichkeiten sechsstellig. Jülich stand erneut vor einem Scherbenhaufen. 2008 meldete der wieder einmal neue Vorstand Insolvenz an, dem Zwangsabstieg in die Kreisliga A folgte 2010 der freiwillige Rückzug in die Kreisliga C. Grund: Die Führungsriege um Rechtsanwalt Michael Lingnau entschied sich für einen radikalen Schnitt. Die Gelder wurden aus dem Herrenbereich rausgezogen und auf die Jugend umverteilt. Blitzschnell waren fast alle Spieler weg.
Da standen sie nun, die letzten Treuen, denen dieser Verein noch etwas bedeutete. Auf dem Papier die erfolgreichste Amateurmannschaft der Republik. In der Realität ohne Mannschaft, mit einem nachhaltig ruinierten Ruf und einem laufenden Insolvenzverfahren am Hals. "Aufgeben war kein Thema", sagt Osenberg heute. Jülich 10 sollte nicht komplett untergehen. Während das aus der Not zusammengebastelte und selbst in der untersten Liga nicht konkurrenzfähige Team auf den Dorfplätzen von zweiten und dritten Mannschaften gedemütigt wurde, arbeiten Lingnau, Osenberg und Co. am Aufschwung.
"Es geht wieder aufwärts, auch wenn sich das sportlich noch nicht wirklich niederschlägt", sagt Osenberg. Es ist die Politik der ganz kleinen Schritte. "Haben Sie Geduld mit Jülich 10", sagte Lingnau im Jahr 2010. Ein Satz, der noch lange aktuell sein wird.
Jülich spielt immer noch in der Kreisliga C, aber immerhin nicht mehr als Prügelknabe. Einige ordentliche Spieler sind da, weitere sollen dazukommen. "Nächste Saison steigen wir auf", sagt Osenberg. Noch wichtiger: Es gibt wieder eine funktionierende Jugendabteilung und der Verein ist erstmals seit einer gefühlten Ewigkeit schuldenfrei, das Insolvenzverfahren soll im Sommer abgeschlossen sein.
Dann feiert Jülich - trotz der Neugründung 1997 - sein hundertstes Vereinsjubiläum. Mit zwei Jahren Verspätung. "2010 war uns nun wirklich nicht nach Feiern zumute. Das wäre ein Hohn gewesen", sagt Osenberg. Die Feierlichkeiten dauern drei Tage, sie beginnen am 13. Juli. Auf den Tag 43 Jahre, nachdem mehr als 10.000 Menschen in Jülich den Gewinn der deutschen Amateurmeisterschaft bejubelten.
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