SV Spellen: "Echte Mädchen spielen Fußball"
Der SV Spellen engagiert sich in besonderem Maße sozial – vor allem im Mädchen- und Frauenfußball. Dafür wurde der Klub beim DFB-Punktespiel mit dem Gold-Status ausgezeichnet.
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Amateurschiri Gerd Lamatsch: "Eine Schiedsrichterausbildung ist eine Persönlichkeitsausbildung."[Foto: Martin Fürst - Fürst Medien GmbH Nürnberg]
Gerd Lamatsch aus Nürnberg ist seit 49 Jahren als Schiedsrichter tätig. Mit 16 Jahren hat er seinen Schirischein gemacht. Seitdem hat er in den vergangenen Jahren fast 2000 Partien im Amateurfußball geleitet, assistiert oder gecoacht. Über seine Liebe zur Schiedsrichterei hat er sogar zwei Bücher geschrieben. Im FUSSBALL.DE-Interview spricht Lamatsch über seine vielseitigen Erfahrungen und sagt, warum die Schiedsrichterei die vielleicht beste Lebensschule ist.
FUSSBALL.DE: Gerd Lamatsch, im kommenden Jahr werden Sie bei 2000 Spielen im Amateurfußball als Unparteiischer in verschiedenen Funktionen im Einsatz gewesen sein. Was bedeutet Ihnen diese Zahl?
Gerd Lamatsch: Sehr viel natürlich. Aktuell stehe ich bei 1945 Begegnungen. Die 2000 möchte ich im kommenden Jahr unbedingt voll machen - zumal ich dann genau 50 Jahre als Schiedsrichter im Einsatz sein werde.
Was gibt es Ihnen, über einen so langen Zeitraum als Schiedsrichter tätig zu sein?
Lamatsch: Es ist für mich einfach eine Herzensangelegenheit. Ich war schon immer ein Gerechtigkeitsfanatiker, und da passt die Schiedsrichterei natürlich sehr gut. Ich möchte meinen Beitrag dazu leisten, dass Fußballspiele den Regeln nach ausgetragen werden und fair sind. Möge der Bessere gewinnen.
Ist die Schiedsrichterausbildung auch eine Schule fürs Leben?
Lamatsch: Darauf kann ich mit einem Wort antworten: Absolut!
Inwiefern?
Lamatsch: Ich halte bei Amateurvereinen bei mir in der Gegend regelmäßig Vorträge vor jungen Menschen, um sie von der Schiedsrichterei zu überzeugen. Ich sage dann immer: Eine Schiedsrichterausbildung ist eine Persönlichkeitsausbildung. Mir war das nicht bewusst, als ich mit 16 Jahren meinen ersten Schirischein gemacht habe. Ich habe das erst im Laufe der Zeit festgestellt. Heute kann ich sagen, dass man als Schiedsrichter all die Dinge erlebt und lernt, die man im Leben - vor allem im Berufsleben - braucht.
"Nicht jeder Schiedsrichter ist automatisch beruflich eine Führungskraft, aber man lernt einfach Dinge, die unglaublich hilfreich dafür sein können"
Sind Schiedsrichter also die besseren Führungskräfte?
Lamatsch: Soweit will ich nicht gehen. Nicht jeder Schiedsrichter ist automatisch beruflich eine Führungskraft. Aber als Schiedsrichter lernt man einfach Dinge, die unglaublich hilfreich dafür sein können.
Zum Beispiel?
Lamatsch: In kürzester Zeit Entscheidungen zu treffen, diese zu vertreten und durchzusetzen. Mit Menschen ganz verschiedener Charaktere zurechtkommen zu können. Kommunikativ stark zu sein. Kritikfähig zu sein, ist auch immens wichtig. Ich könnte diese Liste beliebig verlängern, aber das würde den Rahmen hier sprengen.
Als Schiedsrichter kann man es nie allen recht machen. Wie gehen Sie damit um?
Lamatsch: In diesem Zusammenhang möchte ich gerne ein altes Sprichwort zitieren, das die Frage sehr gut beantwortet, wie ich finde: Everybody‘s darling ist everybody‘s Depp.
Sie sind seit rund 50 Jahren im Amateurfußball unterwegs. Warum ist er für unsere Gesellschaft so wichtig?
Lamatsch: Der Amateurfußball hält die Gesellschaft zusammen. Er ist für mich das richtige Leben. Profifußball hat sich meiner Meinung nach zum Zirkus entwickelt, den ich aber selbstverständlich auch sehr gerne verfolge. Aber an der Basis ist das Leben, wie es ist. Und genau das macht den Amateurfußball so spannend. Hier entwickeln sich die Menschen. Hier erlebt man die besten Geschichten.
Welche Geschichten sind Ihnen nach fast 50 Jahren als Schiedsrichter besonders in Erinnerung geblieben?
Lamatsch: Da könnte ich ewig ausholen. Wieviel Zeit haben wir?
Fangen Sie ruhig mal an…
Lamatsch: Mein erstes Spiel auf DFB-Ebene. Ich war 1991 Assistent von Manfred Amerell in der ersten DFB-Pokalrunde bei der Begegnung zwischen Rot-Weiß Erfurt und dem FC Schalke 04. 25.000 Zuschauerinnen und Zuschauer waren im Stadion, ausverkauft. Erfurt hat als krasser Außenseiter 2:1 gewonnen. Zwei Jahre zuvor war die Mauer gefallen. Das war nicht nur eine Begegnung zwischen einem Drittligisten und einem Europapokalteilnehmer, das war ein Duell zwischen Ost und West. Diesen Tag werde ich niemals vergessen.
Wir haben noch Zeit für eine weitere Geschichte.
Lamatsch: Es gibt natürlich auch die unschöneren Ereignisse. Bei einem Spiel im Amateurfußball ist ein Spieler ganz unglücklich auf den Rücken gefallen. Das hatte zur Folge, dass er ab dem Hals abwärts gelähmt war. Der Rettungshubschrauber ist gekommen, ich habe das Spiel abgebrochen. An eine Fortsetzung der Partie hat in diesem Moment wirklich niemand mehr gedacht. Darf ich auch noch eine positive Geschichte erzählen?
Gerne.
Lamatsch: Als ich ganz neu als Schiedsrichter in der Oberliga im Einsatz war, durfte ich eine Partie von 1860 München leiten. Deren Profimannschaft musste dort nach einem Zwangsabstieg antreten. Es war die Partie der Sechziger bei der Spvgg Platting im tiefsten bayerischen Wald. Deren Anlage war eine Waldsportplatz, 8000 Zuschauerinnen und Zuschauer waren da. Und die Bereitschaftspolizei mit 500 Einsatzkräften. Da war Adrenalin drin. Das war geil, richtig geil. Es ist alles gut verlaufen. Meine Leistung war auch absolut in Ordnung. Eine Erfahrung war es auf jeden Fall.
Wie gehen Sie mit Fehlern um?
Lamatsch: Die gehören auch dazu. Ich bin als Schiedsrichter einmal heruntergestuft worden, weil meine Leistung nicht so gut war. Damals tat das weh, rückblickend war es eine gute Erfahrung. Wichtig ist, dass man nicht direkt die Flinte ins Korn schmeißt. Man muss sich dann durchbeißen. Solche Rückschläge machen einen nur stärker. Ich habe dann ziemlich schnell den Wiederaufstieg geschafft.
Bekommen Ihrer Meinung nach die Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter überhaupt genug Wertschätzung für Ihr Engagement?
Lamatsch: Nein, wer nicht selbst mal als Schiedsrichter im Einsatz war, kann nur erahnen, was eine Schiedsrichterin oder eine Schiedsrichter leistet.
Sie haben zwei Bücher über Ihr Leben als Schiedsrichter geschrieben. Warum?
Lamatsch: Eines befasst sich mit dem VAR. Es trägt den Titel "Keller-Schiri - Der Weg zum Videobeweis". Das Thema interessiert mich einfach sehr. In dem anderen, das ich "Rasen-Schiri - Schiedsrichter aus Leidenschaft" genannt habe, gehe ich etwas näher auf meine Erlebnisse als Schiedsrichter ein. Auch die Geschichten, die ich eben erzählt habe, kommen darin vor. Ich habe die Hoffnung, dass junge Leute über dieses Buch vielleicht auch den Weg zur Schiedsrichterei finden.
Wie lange wollen Sie noch als Schiedsrichter unterwegs sein?
Lamatsch: So lange es geht, so lange ich fit bin. Aber ich habe mich entschlossen, dass ich nur noch Spiele im Jugendbereich und bei den Frauen leite. Das macht mir im Moment am meisten Spaß. Und darauf kommt es ja an.
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