SV Spellen: "Echte Mädchen spielen Fußball"
Der SV Spellen engagiert sich in besonderem Maße sozial – vor allem im Mädchen- und Frauenfußball. Dafür wurde der Klub beim DFB-Punktespiel mit dem Gold-Status ausgezeichnet.
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Dank des Tippspiels weiter interessant: das Duell der bis dahin punktlosen Teams Panama und Tunesien.[Foto: AFP/Getty Images]
WM-Zeit bedeutet Tippspiel-Zeit. Bei jedem großen Turnier interessieren sich dank den geselligen Tipprunden plötzlich auch Fußball-Muffel für das runde Leder - und gerade diese schneiden dort für gewöhnlich nicht schlecht ab. Joel Grandke beschreibt in der neuesten Folge der FUSSBALL.DE-Kolumne Amateur-Alltag das Phänomen des Tippspiels.
Fußball-Weisheit #54: „Mein Tipp ist 1:1, auch wenn in der zweiten Halbzeit sicher noch Tore fallen .“ (Frühere Prognose von Lothar Matthäus beim Halbzeitstand von 1:1 zwischen Bayern gegen Arsenal.)
Da klimpert‘s kräftig im Phrasenschwein. Was beim ersten Hören widersprüchlich klingt, könnte der Masterplan für die aktuelle WM-Tipprunde sein: Erwarte das Unerwartete. Kollege Matthäus tippt also einfach gegen sein Gefühl – genial. Warum auch nicht? Die Erfahrung lehrt uns schließlich, dass wir immerzu falsche Prognosen treffen. Beispiel: An der Supermarkt-Kasse entscheide ich mich für die linke Schlange, da ich – clever, wie ich bin – vorausschauend nachgezählt habe, dass sich dort zwei Leute weniger eingereiht haben als rechts. Doch was passiert? Beim ersten Kunden wird eine Ware falsch eingescannt: „Storno an Kasse 1, bitte!“ Beim Zweiten funktioniert die EC-Karte nicht, sodass er seinen Einkauf zurücklegen lassen muss, um erstmal Geld vom Automaten abzuheben. Der Dritte will seine 9,87 Euro unbedingt passend zahlen und fingert dafür eine gefühlte Stunde lang nach Kleingeld. Zum Glück vergisst er nicht die alles entscheidende Frage: „Achso, und wie läuft das hier mit dem Einlösen von Treuepunkten?“ In der Zeit hat die Kollegin an der rechten Kasse schon die dreifache Anzahl an Kunden abgearbeitet. Und ich lasse mich während der Wartezeit auch noch dazu hinreißen, einen völlig überteuerten Schoko-Riegel aus dem Quengelwaren-Regal zu kaufen. Meine völlig rationale Entscheidung, auf die kürzere Schlange zu setzen, ging voll nach hinten los. Genauso wie die meisten meiner bisherigen Prognosen im WM-Tippspiel.
Die Tipprunden boomen pünktlich zur WM. Vor den Gefahren des Glücksspiels wird immer wieder nachdrücklich gewarnt, aber bei einer EM oder WM kann man ruhig mal ein paar Euros in den Pott werfen, um die Spannung aufrecht zu erhalten. Es soll tatsächlich Leute geben, die sich für eine Vorrundenbegegnung zwischen Panama und Tunesien nur bedingt begeistern können. Die Tipprunde schafft Abhilfe: Für jemanden, der in der Clique, mit den Nachbarn oder den Arbeitskollegen um die Wette orakelt, gibt es keine uninteressanten Spiele mehr. Plötzlich fiebert mein Kumpel, der Fußball ansonsten offenkundig als sinnfreies 22-Mann-hinter-dem-Ball-Hergerenne abstempelt, überschwänglich mit den Panamaern. Der Schiedsrichter kriegt sein Fett weg, obwohl er den Mittelamerikanern zurecht den Freistoß verweigert. Meinem Kumpel ist das völlig egal, schließlich hat er auf ein Unentschieden gesetzt. Beim Stand von 2:1 für Tunesien muss also noch ein Tor her – koste es, was es wolle. So geht Leidenschaft!
Tipprunde mit den Nachbarn oder Arbeitskollegen? Ha, leichter lässt sich kein Geld verdienen! So zumindest in der Theorie...
Für uns Amateurkicker sollte das Tippspiel ja eigentlich Formsache sein. Wir kicken schließlich schon seit der Kindheit und kennen uns mit der Materie aus. Wir verfolgen die Bundesliga und Champions League, kennen die DFB-Busfahrer und -Physios der letzten drei Jahrzehnte auswendig und wussten schon, dass Miro Klose mal WM-Rekordtorschütze werden würde, als er noch in der Bezirksliga gespielt hat. Wenn es um das runde Leder geht, macht uns keiner was vor. Eine Tipprunde mit den uninformierten Nachbarn oder Arbeitskollegen? Ha, leichter lässt sich kein Geld verdienen! So zumindest in der Theorie. Nach der WM-Vorrunde müssen wir „Experten“ uns aber häufig eingestehen, dass unsere Selbsteinschätzung genauso falsch war wie unsere vorausgesagten Ergebnisse der letzten zwei Wochen.
Wie konnte das passieren? Wir haben schließlich nichts dem Zufall überlassen und bis ins kleinste Detail recherchiert. Seit Wochen haben wir verschiedene Fußball-Podcasts auf den Ohren, kaufen jedes WM-Sonderheft direkt am Erscheinungstag und klicken uns in der Mittagspause durch ausländische Blogs, um an die tiefgründigen Analysen zu kommen, die am „herkömmlichen“ Fußballfan hierzulande vorbeigehen. Per „Google Translator“ ließen wir uns vor Turnierbeginn die Spielberichte eines iranischen Sport-Portals aus dem Persischen ins Deutsche übersetzen, um festzustellen: „Die iranisch Nationalmannschaft haben schwach Auftreten können rückwärts über die Abwehr.“ Wir hatten natürlich keinen Schimmer, was das genau bedeuten sollte, aber sicher schien: Spanien und Portugal würden die Iraner komplett auseinanderschießen. Tiki-Taka und Ronaldo gegen „schwach Auftreten rückwärts über die Abwehr“ – das klang nach zwei Abreibungen, die sich gewaschen haben. Da stellte sich nur die Frage, ob man zurückhaltend auf ein 3:0 oder doch auf ein 5:0 setzt. Kurzfristig sollte beim Iran auch noch ein erfahrener Spieler verletzt ausfallen, wie wir von einem Sportjournalisten aus Teheran exklusiv auf Twitter erfahren durften. Der 6:0-Tipp ließ sich also durchaus vertreten.
Wie die Spiele dann tatsächlich ausgegangen sind, ist bekannt. Spanien quälte sich zu einem 1:0, was immerhin noch Tipp-Punkte für die richtige Tendenz bedeutet. Portugal kam hingegen nicht mal über ein 1:1 hinaus. Bei dem Unentschieden gab es den Klassiker der WM, der uns Rate-Füchse immer wieder zur Weißglut treibt: Der Last-Minute-Treffer, in diesem Fall für die Iraner. Da wähnt man sich als leidgeprüfter Tipper ausnahmsweise auf der Siegerstraße und urplötzlich prügelt ein Team noch irgendeinen Standard über die Linie. Das passiert zunächst beim 17-Uhr-Spiel und danach direkt nochmal beim 20-Uhr-Spiel – und schon rutsche ich in der Tipp-Tabelle vom 21. auf den 29. Platz ab. Unangenehmerweise besteht meine Liga „nur“ aus 30 Teilnehmern. Und unangenehmerweise hat der Tabellenletzte bisher nur am ersten Turniertag getippt. Mit der richtigen Tendenz beim Auftaktspiel der Russen gegen Saudi-Arabien ist er mir immer noch bedrohlich nah auf den Fersen.
Von der Tabellenspitze grüßt übrigens meine Nachbarin, die während des Bierhoff-Interviews nach dem DFB-Spiel gegen Südkorea ernsthaft fragte, ob er verletzt sei oder warum Löw ihn nicht eingewechselt habe. Das 1:1 zwischen Iran und Portugal hat sie übrigens genau richtig getippt. Ihre simple Erklärung: „Auf einen Sieg der Portugiesen hat ja jeder gesetzt. Man muss auch mal überraschen.“ Der Erfolg gibt ihr recht. Ich habe meine WM-Sonderhefte noch am selben Abend in die Tonne gehauen. Ich werde meine Risikobereitschaft in der K.O.-Phase nun auch erhöhen. Wer aus dem Tabellenkeller grüßt, hat schließlich nichts zu verlieren. Ich lag mit meinen Tipps bisher so krachend daneben, dass ich nun einfach Lothar-like gegen meine Überzeugung tippe. Schlimmer kann es ja auch nicht werden. Beim nächsten Einkauf stelle ich mich natürlich auch an die Kasse mit der längsten Schlange. Ab heute wird der Spieß umgekehrt. Ich freue mich schon auf das Finale zwischen Japan und Schweden. Ich hoffe nur, dass der Tabellenletzte meine Tipprunde nicht auf die Idee kommt, nach dem Auftaktspiel auch noch das Endspiel zu tippen. Ansonsten könnte es eng für mich werden…
Joel Grandke, Buchautor und aktiver Amateurkicker aus Hamburg, spürt in seiner wöchentlich auf FUSSBALL.DE erscheinenden Kolumne der Faszination Amateurfußball nach. Stets mit einem Augenzwinkern.
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