Magazin | 05.07.2025 | 09:00

Niko Reislöhner: "Dann lieber wieder echter Amateurfußball"

Niko Reislöhner (l.): "Man passt sich zwangsläufig ziemlich schnell an und spielt den Fußball, der hier gefordert ist."[Foto: Privat]

Niko Reislöhner ist einer der drei Protagonisten im Buch "Der große Traum" von Ronald Reng. In dem Bestseller beschreibt der Autor den Weg dreier junger Fußballer in den Profibereich - oder eben auch nicht. Marius Wolf hat es geschafft, Niko Reislöhner nicht. Was macht der 28-Jährige heute? Und warum hat er sein spätes Glück im Amateurfußball gefunden? Im FUSSBALL.DE-Interview spricht er darüber.

FUSSBALL.DE: Niko Reislöhner, Sie haben den Sprung in den Profifußball nicht geschafft. Mittlerweile spielen Sie wieder bei Ihrem Heimatverein DJK Stopfenheim. Fühlt es sich wie eine Rückkehr zu den Wurzeln an?

Niko Reislöhner: Es fühlt sich vor allem richtig gut an. Es macht mir unglaublich viel Spaß, wieder mit meinen Freunden auf dem Fußballplatz zu stehen. Ich bin sehr froh, dass es so gekommen ist, wie es gekommen ist. Zeitweise hatte ich die Lust am Fußball verloren. Aber das ist jetzt glücklicherweise vorbei.

Sie wollten Profi werden. In diesem Zusammenhang ist das Buch "Mein großer Traum" von Ronald Reng entstanden. Hat sich Ihr großer Traum also nicht erfüllt?

Reislöhner: Ich will es lieber so sagen: Ich habe es versucht, aber es hat nicht funktioniert. Ich war 21 Jahre alt und musste mich entscheiden: Gehe ich den Weg weiter oder mache ich etwas anderes? Mir war dann ziemlich schnell klar, dass für mich nur die zweite Option in Frage kommt. Die Wahrscheinlichkeit, in diesem Alter wirklich noch Profi zu werden, war zu diesem Zeitpunkt bereits extrem gering. Ich hätte wahrscheinlich irgendwo in der Regionalliga spielen und etwas Geld verdienen können. Aber dazu hatte ich keine Lust. Dann lieber wieder echter Amateurfußball mit meinen Kumpels in meiner Heimat. Das macht richtig Bock.

Was haben Sie vermisst?

Reislöhner: Alles, was dazu gehört. In der Zeit, als ich versucht habe, Profifußballer zu werden, habe ich meine Freundschaften brutal schleifen lassen. Ich hatte für nichts anderes Zeit als Schule und Fußball. Meine Freunde sind abends weggegangen und haben gefeiert. Ich musste früh ins Bett, weil am nächsten Morgen Training auf dem Programm stand. Darauf hatte ich irgendwann keine Lust mehr. Jetzt bin ich zurück in meinen Freundeskreis. Wir haben viel Spaß gemeinsam. Das macht das Leben aus.

"Wer kann schon von sich behaupten, dass ein Buch über ihn geschrieben wurde?"

Und was macht für Sie den Amateurfußball aus?

Reislöhner: Das Beisammensein nach dem Spiel oder nach dem Training steht für mich über allem. Das gehört zum Amateurfußball in einem Dorfverein, wie wir einer sind, einfach dazu. Es kommt auch häufiger vor, dass wir nach dem Spiel mit den Gegnern zusammensitzen und gemeinsam noch ein Bier trinken. Der Fußball, den ich früher gespielt habe, war immer von großem Druck geprägt. Das war anstrengend. Jetzt ist alles gut und entspannt.

Aber sportlich lief es nicht gut. Sie sind mit der DJK Stopfenheim aus der Bezirksliga Mittelfranken abgestiegen. Ist das nicht ärgerlich?

Reislöhner: Doch, schon. Das hätten wir gerne vermieden, weil wir natürlich ehrgeizig sind. Aber wir hatten einfach zu viele verletzte Spieler. Das konnten wir nicht kompensieren. Unsere Mannschaft besteht fast ausschließlich aus Spielern aus unserem Dorf oder der direkten Nachbarschaft. Wir haben einen guten Stamm, aber unser Kader ist nicht breit genug, um so viele Ausfälle aufzufangen.

Welche Rolle nehmen Sie mit Ihrer Vergangenheit in der Mannschaft ein?

Reislöhner: Keine besondere. Warum auch? Das will ich gar nicht. Ich spiele im linken offensiven Mittelfeld. Das ist auch meine Lieblingsposition. Ich möchte einfach nur Spaß am Fußball haben.

Kann ein Außenstehender beim Training oder in den Spielen erkennen, dass Sie mal auf dem Weg in den Profifußball waren?

Reislöhner: Das weiß ich nicht, und auch das spielt für mich keine große Rolle. Ich zähle sicher zu den besseren Spielern in der Mannschaft. Aber wir haben einige gute Fußballer. Es ist ja inzwischen schon sieben Jahre her, dass ich die Entscheidung getroffen habe, in den Amateurfußball zurückzukehren. Da passt man sich zwangsläufig ziemlich schnell an und spielt den Fußball, der hier gefordert ist. Ich muss aber dazu sagen, dass ich auch früher nicht der Spieler war, der über allen anderen gestanden hat. Das war noch nie mein Ding. Ich will mit der Mannschaft erfolgreich sein. Das zählt für mich. Mir ist eine Vorlage genauso wichtig wie ein Tor.

Sind das Buch und Ihre Geschichte bei den Gegnern ein Thema?

Reislöhner: Nein, das Gefühl habe ich nicht. Als das Buch auf den Markt kam, war das Thema noch etwas präsenter. Innerhalb der Mannschaft haben wir viel darüber gesprochen, aber bei den Gegnern ist das nicht der Fall.

Wie denken Sie heute mit etwas Abstand über das Buch?

Reislöhner: Für mich war vor allem auch die Entstehung des Buches und die Zeit mit Ronald Reng einfach überragend. Ich kann mich daran erinnern, dass er in unserer Küche saß und wir gemeinsam Spargel gegessen haben. Am Tag vorher hatte er noch mit Pep Guardiola ein Interview geführt. Das war schon crazy. Ich bin total dankbar für die Zeit, es war einfach eine grandiose Erfahrung. Wer kann schon von sich behaupten, dass ein Buch über ihn geschrieben wurde?

"Ich habe frühzeitig einen Schlussstrich gezogen - ich liebe diesen Sport und wollte mir diese Liebe nicht kaputtmachen lassen"

Das Buch trägt den Titel "Mein großer Traum". Sie konnten sich den Traum nicht erfüllen und haben es nicht in den Profifußball geschafft. Wie denken Sie heute mit einigen Jahren Abstand darüber?

Reislöhner: Ich würde alles wieder so machen, wie ich es damals gemacht habe. Unglaublich viele Faktoren nehmen Einfluss darauf, ob es klappt oder eben nicht. Man braucht Glück und vor allem Trainer, die auf einen setzen. Bei mir hat es nicht funktioniert. Deshalb habe ich frühzeitig einen Schlussstrich gezogen. Vor allem aber auch, weil ich gespürt habe, dass ich keinen Bock mehr auf diesen Fußball hatte. Ich liebe diesen Sport und wollte mir diese Liebe nicht kaputtmachen lassen.

Was sagen Sie heute 14-jährigen Jungs, die ebenfalls den Traum haben, Fußballprofi zu werden?

Reislöhner: Wenn die Jungs den Traum haben, dann kann ich nur sagen: Go for it! Entweder es klappt. Oder es klappt nicht.

Wie ist der Kontakt zu Ihren beiden Mitprotagonisten im Buch? Marius Wolf hat es geschafft, er steht aktuell beim FC Augsburg unter Vertrag. Fotos Katidis ist einen ähnlichen Weg wie Sie gegangen.

Reislöhner: Die beiden hatten einen engeren Draht zueinander, weil sie eine Zeit lang bei 1860 München zusammengespielt habe. Zu mir gab es weniger Kontaktpunkte. Mit Foti bin ich teilweise zusammen im Zug zum Training gefahren, wenn er nach Nürnberg und ich nach Fürth musste. Aber wir waren nie die ganz großen Freunde. Foti ist ein super Typ, aber heute haben wir keinen Kontakt mehr. Unsere einzige Verbindung war und ist das Buch.

Sie sind nicht Profifußballer geworden, sondern arbeiten heute im Familienbetrieb als Fliesenleger…

Reislöhner: … und bin darüber wirklich auch total glücklich. Das ist jetzt meine Leidenschaft. Früher habe ich nie meine handwerklichen Fähigkeiten gesehen. Eigentlich wollte ich Polizist werden. Aber letztlich habe ich mich für einen anderen Weg entschieden. Es macht mich stolz, dass ich gemeinsam mit meinem Bruder unseren familiären Betrieb weiterführen kann. Auch wenn es nicht immer so aussah: Es ist super, wie alles gekommen ist.