Magazin | 16.07.2025 | 09:00

Lea Schüllers Start beim Hülser SV: "Immer ein Näschen für Tore"

Karrierestart in der C-Jugend: Lea Schüller (im Teamfoto unten rechts) ist dem Hülser SV weiter verbunden.[Foto: Hülser SV/Privat]

Was haben der frühere Bundesligaprofi Olaf Janßen, der 1988 bei den Olympischen Spielen in Seoul mit der deutschen Mannschaft die Bronzemedaille gewann, und die aktuelle Nationalstürmerin Lea Schüller gemeinsam? Richtig! Beide bekamen ihr fußballerisches Rüstzeug beim Hülser SV in Krefeld und sind damit die Aushängeschilder des kleinen Klubs, dessen erste Mannschaft in der Kreisliga A kickt.

Der gebürtige Krefelder Janßen (58), der seit dieser Saison den früheren Zweitligisten SV Sandhausen in der Regionalliga Südwest trainiert, war von seinem vierten bis zum 14. Lebensjahr für den Hülser SV am Ball, ehe ihn sein Weg unter anderem zum 1. FC Köln und zu Eintracht Frankfurt führte. Lea Schüller erblickte im benachbarten Tönisvorst das Licht der Welt, trat als Siebenjährige dem Krefelder Vorortverein bei und blieb bis zur C-Jugend.

Am Samstag (ab 21 Uhr, live im ZDF und bei DAZN) ist die inzwischen 27 Jahre alte Angreiferin vom Doublesieger FC Bayern München mit den DFB-Frauen bei der Europameisterschaft in der Schweiz im Viertelfinale gegen Frankreich gefordert. Auch ihr Heimatverein am Niederrhein wird dann die Daumen drücken, dass der Einzug ins Halbfinale gelingt und Lea Schüller im besten Fall ihre herausragende Torquote im Nationaltrikot (78 Einsätze, 54 Treffer) weiter verbessert.

Vater Frank war in Hüls Leas erster Trainer

Genau wie ihre sämtlichen Kolleginnen im DFB-Team hat auch Torgarantin Lea Schüller einst ganz klein angefangen und gehört mittlerweile zu den erfolgreichsten und bekanntesten Gesichtern unter Deutschlands Fußballfrauen. Die 1,73 Meter große Stürmerin wurde beim Hülser SV zu Beginn ihrer Karriere viele Jahre von ihrem Vater Frank trainiert.

In der Saison 2011/2012 waren dann Trainer Manfred Dohmen und sein Assistent Johannes Heidemann für die damalige C-Jugend in der Kreisleistungsklasse und damit auch für die Ausbildung der ehrgeizigen Stürmerin verantwortlich. Dohmen kann sich noch an viele Situationen aus Lea Schüllers Anfangszeit beim Hülser SV erinnern. "Lea hat als einziges Mädchen in einer Jungenmannschaft früh gelernt, sich durchzusetzen", sagt der 63-Jährige im Gespräch mit FUSSBALL.DE. "Obwohl ihr die Jungs physisch voraus waren, konnte Lea die körperlichen Nachteile mit Auge, viel Laufarbeit und Cleverness mehr als wettmachen."

"Herzstück" der Aufstiegsmannschaft

Besonders zwei Ereignisse sind dem ehemaligen C-Jugendtrainer im Gedächtnis geblieben. Zum einen war es der überraschende Erfolg im Niederrheinpokal gegen den Traditionsklub Rot-Weiß Oberhausen, als Lea Schüller im Winter auf Asche den 1:0-Siegtreffer erzielte. "Lea hatte nie Angst verspürt, war damals schon kopfballstark und hatte immer ein Näschen für Tore", beschreibt Dohmen.

In derselben Saison wurde die U 15 des Hülser SV auch Meister der Kreisleistungsklasse und schaffte damit sensationell den Aufstieg in die Niederrheinliga. "Das ist seitdem keiner C-Jugend des Hülser SV mehr gelungen", sagt Manfred Dohmen - und ergänzt: "Lea war das Herzstück unserer Mannschaft."

Das Saisonfinale hätte dabei kaum spannender sein können. Verfolger SC Union Nettetal lag mit nur einem Punkt Rückstand hinter dem Hülser SV in Lauerstellung. Doch mit einem 5:2-Heimsieg gegen den Lokalrivalen Preußen Krefeld machte das Dohmen-Team den Titel perfekt. "Neben meinem Sohn Matthias spielen noch vier oder fünf Jungs, die damals mit Lea in die Niederrheinliga aufgestiegen waren, jetzt bei uns in der ersten Mannschaft", so Manfred Dohmen.

Bundesligadebüt mit 16 Jahren und 19 Tagen

Für Lea Schüller begann dagegen mit dem Wechsel zur SGS Essen der persönliche Aufstieg bis an die Spitze. "Lea hätte mit einer Ausnahmegenehmigung noch ein weiteres Jahr für den Hülser SV spielen können, entschied sich damals jedoch für einen Wechsel in eine reine Mädchenmannschaft", sagt Manfred Dohmen.

Es war offenbar die richtige Wahl, denn nur eineinhalb Jahre später absolvierte Lea Schüller im Alter von gerade einmal 16 Jahren und 19 Tagen am 1. Dezember 2013 gegen den VfL Wolfsburg (0:2) bereits ihr erstes Bundesligaspiel für die Essenerinnen. Knapp drei Monate später (26. Februar 2014) erzielte sie beim 3:1-Auswärtserfolg gegen den BV Cloppenburg ihre ersten beiden Bundesligatore.

Der SGS Essen blieb sie bis 2020 treu, erzielte in insgesamt 143 Pflichtspielen 77 Tore, erreichte mit dem Team zweimal das Endspiel um den DFB-Pokal und wurde zur Nationalspielerin. Es folgte der Wechsel zum FC Bayern München, mit dem sie in fünf Jahren viermal Deutsche Meisterin und in der Saison 2021/2022 mit 16 Treffern Torschützenkönigin der Google Pixel Frauen-Bundesliga wurde. Insgesamt sind es inzwischen 130 Tore in 232 Partien in der höchsten deutschen Frauen-Spielklasse. In der abgelaufenen Spielzeit steuerte Lea Schüller außerdem drei Treffer zum 4:2-Finalsieg im DFB-Pokal in Köln gegen den SV Werder Bremen bei und hatte damit entscheidenden Anteil am ersten Double in der Vereinsgeschichte des FC Bayern.

Heimatbesuch mit handsigniertem DFB-Trikot

Aufgrund der räumlichen Entfernung zur bayerischen Metropole München kann Lea Schüller nicht mehr ganz so oft bei ihrem Heimatverein Hülser SV vorbeischauen, lässt sich einzelne Besuche aber nicht nehmen. "Wir freuen uns ehr, wenn Lea bei uns auf der Platzanlage erscheint", betont Manfred Dohmen. Bei einem ihrer jüngsten Besuche durfte sich besonders die Tochter von Nachwuchstrainer Stefan Erlenwein freuen, die glühender Fan der Nationalspielerin ist. Lea Schüller schenkte ihr ein handsigniertes DFB-Trikot.

Jetzt fiebern Schüllers einstige Weggefährten in Krefeld-Hüls dem Duell mit den starken Französinnen entgegen. "Es wäre doch super, wenn Deutschland weiterkommt und Lea, die bei uns die Voraussetzungen für eine großartige Karriere mitbekommen hat, das Siegtor erzielt", hofft ihr früherer Trainer.

Schüllers bislang größten Erfolge mit dem DFB-Team sind die Vize-Europameisterschaft 2022 in England und der Gewinn der Olympischen Bronzemedaille 2024 in Paris. In dieser Hinsicht hat sie also mit ihrem Vereinskollegen Olaf Janßen schon gleichgezogen. Und es kann noch besser werden. Der EM-Titel wäre für Lea Schüller die (vorläufige) Krönung einer herausragenden Karriere, die einst beim kleinen Hülser SV begann.