Mathis Knopp: Friedensdienst und Fußball in Brasilien
Mathis Knopp (r.): "Einfach mal ausbrechen aus dem Gewohnten und dabei noch Gutes tun - das hat was."[Foto: Privat]
Kurz nach dem Abitur tauchte der Trierer Kreisligafußballer Mathis Knopp im Rahmen eines Freiwilligenprojekts in Brasilien in eine andere Welt ein - und machte dabei im vergangenen Dreivierteljahr auch im Fußball ganz neue Erfahrungen.
So sehr ihn zu Jahresbeginn das Fernweh gepackt hatte: Seine Heimat im Trierer Stadtteil Weismark/Feyen verließ Mathis Knopp nicht ohne Wehmut. Schließlich musste er in den kommenden Monaten nicht nur auf seine Familie verzichten, sondern auch auf seine Fußballkameraden von der DJK St. Matthias. Mit ihnen hatte er gerade eine erfolgreiche Hinserie in der Trier-Saarburger Kreisliga A 7 absolviert. "Nach dem Abi wollte ich nicht direkt studieren, sondern erst mal etwas anderes sehen und erleben", sagt er. "Einfach nur herumzureisen war nichts für mich. Ich wollte eine andere Sprache lernen, neue Menschen und ihre Kultur kennenlernen - möglichst weit weg von zuhause."
Freiwilligenprojekt der Caritas
Über den Verein "Sofia - Soziale Friedensdienste im Ausland", ein Freiwilligenprojekt der Caritas, ging es für ihn nach Brasilien. Der mittlerweile 20-Jährige verbrachte seinen Alltag in der Stadt Parnaíba im Nordosten des südamerikanischen Landes. Dort arbeitete er vormittags an einer Schule, lebte bei deren Leiter und unterstützte die Lehrkräfte - vor allem im Sportunterricht. "Oft stand in den ersten Schulstunden gleich Sport auf dem Plan, wegen der Hitze", berichtet er. "Ich habe mit den Kindern Fußball gespielt und ihnen - soweit es sprachlich ging - etwas erklärt. Die meisten Kinder sind in keinem Verein, sie spielen einfach den ganzen Tag auf der Straße."
An drei Nachmittagen pro Woche ging es für ihn weiter zur Caritas, die in der Region vielfältige soziale Projekte betreut, etwa Frauenkurse und Hilfsangebote für Familien, die Jahr für Jahr mit der Regenzeit zu kämpfen haben. "Einerseits freuen sich die Menschen über den Regen", sagt Knopp. "Aber wenn es hier regnet, stehen oft die Straßen unter Wasser, weil es keine Kanalisation gibt. Manchmal steigt das Wasser in den Häusern bis zur Brust."
"Die andere Seite, die Armut, wird kaum gezeigt"
Brasilien sei für ihn ein Land der Gegensätze geworden. "Wenn man als Deutscher an Brasilien denkt, hat man Bilder von traumhaften Stränden im Kopf. Und ja - die gibt es. Aber die andere Seite, die Armut, wird kaum gezeigt." In Armenvierteln, den Favelas, leben über das Land verteilt zig Millionen Menschen, die sich durchs Leben kämpfen müssen.
Bei allem Engagement spielte auch der Fußball in Knopps Alltag eine große Rolle - weit über den Unterricht hinaus. "Fußball ist allgegenwärtig", sagt er. "Die Leute reden den ganzen Tag über Partien, Ergebnisse, Spieler. Es ist ein riesiges Thema." Er selbst war in einer ambitionierten Freizeitmannschaft aktiv, traf dort regelmäßig auf frühere Zweitligaspieler des Landes. "Die Spieler nehmen die Begegnungen sehr ernst, viele sind richtig gut." Gespielt wird meist auf kleinen Siebenerfeldern, organisiert von den Teams selbst. Taktik sei Nebensache: "Entscheidend ist die individuelle Aktion, nicht der Mannschaftsgedanke. Es zählt, wer das Tor macht."
Daneben war der technisch versierte Mittelfeldspieler, der für seinen "tödlichen Pass" bekannt ist, auch Teil eines professionellen U 20-Teams. Knopp: "Die Mannschaft wurde erst neu gegründet und setzt sich aus Spielern aus ganz Brasilien zusammen. Sie leben zusammen in einem Haus, ähnlich einem Internat. Wir spielten in der höchsten Liga im Bundesstaat Piauí." Das Niveau vergleicht er mit der sechstklassigen Rheinlandliga. Eigentlich trainiere das Team täglich. Für ihn war das jedoch nicht immer möglich: "Im Gegensatz zu meinen Mitspielern habe ich ja noch gearbeitet." Der Club Commecial sei sehr professionell aufgestellt - mit Athletiktrainern, Zeugwart, Physiotherapeuten, Fotografen und sogar einem eigenen Bus, der das Team täglich ins Stadion bringt. Pflichtspiele durfte Knopp allerdings keine bestreiten: Die Spielerfreigabe über die FIFA ließ (zu) lange auf sich warten.
"Alle hundert Meter gibt's hier ein Futsalfeld"
Auch Futsal genießt in Brasilien einen hohen Stellenwert: "Alle hundert Meter gibt’s hier ein Futsalfeld", berichtet Knopp. "Fast alle Jugendlichen spielen es - und das auf einem viel höheren Niveau, das mit unserem Hallenfußball im Winter kaum vergleichbar ist." Auch Volleyball gehört zu den beliebtesten Sportarten. Sport sei für viele ein wichtiger Ausgleich zum harten Alltag.
Ein Beispiel dafür sei die Klub-WM gewesen. Während diese in Deutschland gemischte Reaktionen hervorrief, fieberten die Brasilianer regelrecht mit. "Ich war mit meiner Gastfamilie - große Fluminense-Fans - beim Public Viewing in einem Restaurant, als ihr Team gegen Borussia Dortmund 0:0 spielte. Die Stimmung war unglaublich, als ginge es ums WM-Finale. Jedes Spiel wird hier gefeiert - egal, gegen wen."
Neben seiner Arbeit und dem Sport sammelte Knopp auch viele Eindrücke vom Land - etwa beim legendären Karneval, bei Reisen quer durch das 200-Millionen-Einwohner-Land oder bei Stadionbesuchen. Neben dem berühmten Maracanã in Rio de Janeiro besuchte er Spiele in Fortaleza und Natal, beides ebenfalls WM-Stadien von 2014.
"Die Menschen in Brasilien sind sehr offen und herzlich"
Ein paar Tage nach seiner Rückkehr ist Knopp immer noch begeistert: "Die Menschen in Brasilien sind sehr offen und herzlich. Trotz der schwierigen Umstände spürt man überall Lebensfreude. Das Leben spielt sich draußen ab - abends sitzt man zusammen, schaut Fußball, grillt oder trinkt ein Bier. Familie ist das Wichtigste überhaupt."
Er könne es nur jedem empfehlen, so eine Erfahrung zu machen und ein paar Monate in eine fremde Kultur einzutauchen. "Viele würden sicher auch gerne mal länger ins Ausland, wissen aber gar nicht, dass es solche Möglichkeiten gibt. Manche trauen sich auch nicht, weil sie dann allein sind. Aber genau das finde ich wichtig - man muss sich öffnen und auch lernen, allein klarzukommen. Einfach mal ausbrechen aus dem Gewohnten und dabei noch Gutes tun - das hat was."
Demnächst beginnt Knopp ein duales Studium in Worms - und will, so oft es geht, wieder für die DJK St. Matthias auflaufen. Mit seinen sportlichen und menschlichen Erfahrungen aus Brasilien ist er für seine Mannschaft noch wertvoller geworden.