Magazin | 21.09.2025 | 08:30

U 19-Europameister Syhre: Verbandsliga "bewusste Entscheidung"

Syhre beim VfR Heilbronn 96/18: "Ich sehe es als Chance, dem Fußball an der Basis etwas zurückzugeben."[Foto: VfR Heilbronn]

Der Triumph der U 19 im DFB-Pokal der Junioren 1995/1996 zählt zu den größten Erfolgen des VfR Heilbronn. Nun hat der ehemalige Zweitligist, der 2018 als VfR Heilbronn 96/18 neu gegründet wurde, einen Spieler in seinen Reihen, der im Nachwuchsbereich einen Titel auf höchstem Niveau gewonnen hat: Innenverteidiger Anthony Syhre, U 19-Europameister von 2014.

An der Seite des aktuellen Nationalmannschaftskapitäns Joshua Kimmich (FC Bayern München) sowie der Bundesligaprofis Julian Brandt (Borussia Dortmund), Niklas Stark (SV Werder Bremen), Marvin Friedrich (Borussia Mönchengladbach) und Kevin Akpoguma (TSG Hoffenheim) beendete der inzwischen 30 Jahre alte Anthony Syhre mit dem DFB-Team die Gruppenphase in Ungarn als Sieger vor Serbien (2:2), der Ukraine (2:0) und Bulgarien (3:0). Im Halbfinale wurde Österreich 4:0 bezwungen, ehe im Endspiel gegen Portugal (1:0) der ganz große Wurf gelang.

"Eine sehr aufregende Zeit"

"Das war eine sehr aufregende Zeit", erinnert sich Anthony Syhre im Gespräch mit FUSSBALL.DE. "Wir kamen drei-, viermal im Jahr für die U 19 zusammen. Dennoch hat man schnell gemerkt, was für eine super Mannschaft und was für ein tolles Team rundherum wir hatten. Es ist für mich keine Überraschung, dass es so viele Jungs nachhaltig in den Profibereich geschafft haben. Der Gewinn der U 19-Europameisterschaft wird uns für immer verbinden."

Dabei ist dem gebürtigen Berliner, der von 2007 bis 2012 den Nachwuchs von Hertha BSC durchlaufen hatte, nicht nur der Titelgewinn nachhaltig in Erinnerung geblieben. "Mit der U 20 haben wir dann auch noch die Weltmeisterschaft in Neuseeland bestritten. Ich weiß es sehr zu schätzen, dass ich das in meiner Karriere erleben durfte."

Dabei erhielt Syhre 2013 auch eine der bedeutendsten Auszeichnungen für Nachwuchsspieler: die Fritz-Walter-Medaille des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) in Bronze. "Als Spieler hatte ich mir zunächst nicht groß Gedanken über den Preis gemacht", sagt er. "Im ausverkauften Olympiastadion gegen den Hamburger SV die Medaille überreicht zu bekommen, war aber etwas ganz Besonderes. Die Auszeichnung habe ich auch heute noch und werde sie auch mal meinen zukünftigen Kindern zeigen."

Erst vor wenigen Monaten kam es für Syhre, der für den VfL Osnabrück, den FC Würzburger Kickers, den Halleschen FC und den FSV Zwickau insgesamt 129 Spiele in der 3. Liga bestritten hat, zum Wiedersehen mit einem ehemaligen Nationalmannschaftskollegen. Ende April stand der Defensivspieler mit dem SV Horn in der zweithöchsten Spielklasse von Österreich Marc Stendera und dem SKN St. Pölten gegenüber. "Marc war damals in seiner fußballerischen Entwicklung schon sehr weit", meint Anthony Syhre. "Leider hatte er in seiner Karriere mit vielen Verletzungen zu tun. Nach dem Spiel haben wir uns länger unterhalten. Da war dann natürlich auch die Zeit bei der Nationalmannschaft noch einmal ein Thema."

Dass er nun in der Verbandsliga Württemberg für den VfR Heilbronn 96/18 am Ball ist, hatte sich für Syhre recht kurzfristig ergeben. "Vor etwa vier Wochen habe ich von der Gelegenheit gehört, ein duales Studium in Heilbronn zu absolvieren", so Syhre. "Da meine Freundin Lizzie nicht allzu weit weg aus Würzburg kommt, die Stadt gut gelegen ist, um deutschlandweit meine Freunde zu erreichen und ich mich dort während meiner Karriere schon wohl gefühlt habe, hatte ich nach einem Verein in der Region Ausschau gehalten."

"Die 6. Liga ist ein großer Schritt, mit dem ich das Profitum aufgebe"

Die Wahl fiel schließlich auf den VfR Heilbronn 96/18. "Ich sehe es als Chance, dem Fußball an der Basis etwas zurückzugeben.", sagt der Abwehrspieler. "Mir gefällt der Gedanke, meine Erfahrung aus dem Profibereich einzubringen, um junge Mitspieler zu fördern und die Mannschaft zu prägen. Außerdem kann ich in Heilbronn weiter ambitioniert spielen, ohne die Balance zwischen Studium, Praxisphasen und Fußball zu verlieren."

Dabei ist sich der frühere Drittliga-Profi bewusst, dass der Wechsel von der zweithöchsten Spielklasse in Österreich in die 6. Liga in Deutschland "ein großer Schritt ist, mit dem ich das Profitum aufgebe", sagt er. "Das war aber eine bewusste Entscheidung, weil ich das Ende selbstbestimmt wählen wollte, um mich gut auf meine zweite Karriere vorbereiten zu können". Alle drei Monate wechselt der 25-malige Junioren-Nationalspieler nun zwischen der Theorie seines BWL-Studiums im Bereich Handel und dem Praxis-Teil.

Verein will "nachhaltig nach oben kommen"

Seine Eindrücke aus dem Profifußball will er "auch in meinen zweiten Lebensabschnitt mitnehmen", so Syhre. "Ich hatte mit Höhen und Tiefen zu kämpfen. So hatte ich mich zum Beispiel unmittelbar nach meinem Wechsel in die höchste Spielklasse der Niederlande zu Fortuna Sittard schwer verletzt. In einer solchen Phase mein persönliches Umfeld in einem anderen Land nicht unmittelbar greifbar zu haben, war eine neue Erfahrung, aus der ich insgesamt gestärkt hervorgegangen bin".

Fußballerisch war Anthony Syhre nach den Gesprächen mit dem VfR Heilbronn 96/18 um den Vorsitzenden Onur Celik, der für den Vorgängerverein früher selbst am Ball war, "schnell vom Projekt überzeugt", sagt er. "Die Verantwortlichen wollen hier etwas aufbauen und nachhaltig weitere Spielklassen nach oben kommen." Dabei will er "eine führende Rolle übernehmen, dem Verein mit meinen gesammelten Eindrücken bei der Entwicklung helfen und auf dem Platz als Stabilisator vorangehen". Sein Debüt für den VfR Heilbronn 96/18 wird Syhre möglicherweise am Samstag (ab 14 Uhr) im Heimspiel gegen den FC Esslingen geben.