Ex-Profi Starke: Ein "Fußballromantiker" in der Oberliga
Manfred Starke: "Ich finde das Niveau in der Oberliga tatsächlich sehr ansprechend."[Foto: Achim Freund]
1. FC Kaiserslautern, Hansa Rostock, 1860 München, Carl Zeiss Jena: Manfred Starke kann auf eine bewegte Zeit als Profi zurückblicken. Doch er trug während seiner Karriere nicht nur das Trikot zahlreicher Traditionsklubs, sondern war auch viele Jahre Nationalspieler Namibias. 2019 nahm er sogar am Afrika-Cup in Ägypten teil - ein absolutes Karrierehighlight für den Mittelfeldspieler.
Heute lässt Starke seine Laufbahn beim thüringischen Oberligisten Einheit Rudolstadt ausklingen. Im FUSSBALL.DE-Interview spricht der 34 Jahre alte Ex-Profi über seine Zeit im Nationalteam, Gänsehautmomente im ausverkauften Fritz-Walter-Stadion und seine Rolle in der Oberliga.
FUSSBALL.DE: Manfred, machen wir uns nichts vor: Wer deinen Namen zum ersten Mal hört, denkt vermutlich nicht sofort an einen Nationalspieler Namibias. Wie kam es, dass du in deiner Karriere sieben Länderspiele für die "Brave Warriors" absolviert hast?
Manfred Starke: Die Familie meines Vaters ist vor über 100 Jahren nach Namibia ausgewandert, das war damals eine deutsche Kolonie. Seitdem leben wir dort. Ich selber bin in der Hauptstadt Windhoek geboren und erst als Jugendlicher nach Deutschland gekommen. Daher habe ich neben der deutschen Staatsbürgerschaft natürlich auch einen namibischen Pass.
2019 hast du mit Namibia sogar am Afrika-Cup in Ägypten teilgenommen, wo ihr auf Topnationen wie die Elfenbeinküste und Marokko getroffen seid. Ein Highlight in deiner Karriere?
Starke: Absolut. Leider sind wir damals schon in der Vorrunde ausgeschieden, aber es war trotzdem eine unvergessliche Erfahrung. Allgemein kann ich sagen, dass es mich immer sehr stolz gemacht hat, für mein Land aufzulaufen und das Trikot der Nationalelf zu tragen - auch wenn es immer ein riesiger Aufwand war, zu den Spielorten zu kommen. Mitunter saß ich für ein Testspiel in Ruanda zehn Stunden im Flugzeug - für eine Strecke.
"Ich musste auch mal eine Einladung zur Nationalmannschaft absagen - sonst hätte ich vermutlich noch das ein oder andere Länderspiel mehr absolvieren können"
Darüber waren die Vereine, bei denen du unter Vertrag standest, vermutlich nicht immer glücklich.
Starke: Klar, die Klubs haben es nicht so gern gesehen, wenn es mal wieder hieß: "Ich bin dann mal weg!" Hinzu kommt, dass man während der Länderspielpausen als Drittligist in der Regel im Landespokal antreten muss. Da musste ich schon abwägen, was gerade Priorität hat und auch mal eine Einladung zur Nationalmannschaft absagen - sonst hätte ich vermutlich noch das ein oder andere Länderspiel mehr absolvieren können.
Viele Jahre, bevor du Nationalspieler wurdest, bist du als 13-Jähriger alleine nach Deutschland gekommen und hast später von der Nachwuchsabteilung von Hansa Rostock den Sprung zum Profi geschafft. Hattest du damals einen Kulturschock?
Starke: Es war auf jeden Fall alles sehr aufregend. Heinz Werner, der ehemalige Co-Trainer der DDR-Nationalmannschaft, war damals in Namibia unterwegs und hat mich entdeckt. Über ihn bin ich zuerst nach Berlin gekommen, wo ich drei Wochen lang in einer Gastfamilie gewohnt und bei Union mittrainiert habe. Dort gab es damals aber noch kein Internat, deshalb ging es für mich weiter zu Hansa Rostock, wo ich zunächst drei Monate bleiben sollte - weil man erst einmal abwarten wollte, wie ich ohne Eltern alleine klarkomme. Und aus diesen drei Monaten wurden dann elf Jahre in Rostock und mittlerweile über 20 Jahre in Deutschland. (lacht)
Dass du letztlich länger als geplant in Deutschland geblieben bist, hängt sicherlich auch damit zusammen, dass du hier den Schritt zum Profi geschafft hast. In deiner Vita finden sich Traditionsklubs mit großer Strahlkraft, zum Beispiel Kaiserslautern, 1860 München oder eben Rostock. Hat sich das einfach so ergeben, oder waren es bewusste Entscheidungen von dir?
Starke: Es ist natürlich auch immer davon abhängig, was für Angebote man hat, aber solche Klubs haben bei mir einen Stein im Brett. Ich würde mich auf jeden Fall als Fußballromantiker bezeichnen. Wenn ein Traditionsklub wie Lautern oder 1860 angefragt hat, musste ich nicht lange überlegen. Solche Vereine, die teilweise eine ganze Region hinter sich vereinen können, machen den Fußball in Deutschland aus.
Ob den Aufstieg mit Carl Zeiss Jena 2017 oder ausverkaufte Spiele auf dem Betzenberg - du hast in deiner Karriere viel erlebt. An welchen Moment erinnerst du dich besonders gerne zurück?
Starke: Da gibt es natürlich einige: Der Aufstieg in die 3. Liga mit Jena, aber auch der sensationelle Klassenerhalt zwei Jahre später, als wir acht Spieltage vor Schluss eigentlich schon abgeschlagen waren, gehören auf jeden Fall dazu. In Kaiserslautern war gleich mein erstes Spiel ein absolutes Highlight: Erste Runde DFB-Pokal, volle Hütte, wir schlagen Mainz mit 2:0 und ich mache ein Tor. Das sind Gänsehautmomente, die man nicht vergisst.
"Wenn der Ball rollt, ist es überall das gleiche Spiel - ob beim Afrika-Cup, vor 40.000 Fans im Fritz-Walter Stadion oder in der Oberliga in Thüringen"
Mittlerweile lässt du deine Laufbahn in der Oberliga NOFV-Süd beim FC Einheit Rudolstadt ausklingen. War es eine große Umstellung für dich, jetzt vor deutlich weniger Zuschauern aufzulaufen?
Starke: Eigentlich nicht. Wenn der Schiedsrichter anpfeift und der Ball rollt, ist es überall das gleiche Spiel - ob beim Afrika-Cup, vor 40.000 Fans im Fritz-Walter Stadion oder in der Oberliga in Thüringen. Diese Leidenschaft und die Freude am Fußballspielen verspüre ich immer noch genauso wie in meiner Zeit als Profi.
Wie würdest du das Niveau in der Oberliga einschätzen, und wie sieht deine Rolle im Team aus?
Starke: Ich finde das Niveau tatsächlich sehr ansprechend. Natürlich gibt es einen großen Unterschied zwischen der 3. Liga und der Oberliga, aber wir haben viele Jungs in der Mannschaft, die richtig gut kicken können. Gerade den jungen Spielern versuche ich, meine Erfahrungen weiterzugeben, die ich auf meinen Profistationen gesammelt habe.
Und wie sehen deine Pläne für die Zukunft aus? Kannst du dir vorstellen, eines Tages wieder nach Namibia zu ziehen?
Starke: Als ich mich dazu entschieden habe, meine Profikarriere zu beenden, haben meine Frau und ich tatsächlich kurz darüber nachgedacht, zurück nach Namibia zu gehen. Aber wir sehen unsere Zukunft momentan ganz klar in Deutschland - auch wenn ich mir durchaus vorstellen könnte, in ein paar Jahrzehnten den Ruhestand in Namibia zu verbringen.