Magazin | 05.11.2025 | 13:00

Krasniqi: Als Zehner zur Torjägerkanone?

Erolind Krasniqi: "Ich möchte mit dem ETSV Hamburg möglichst aufsteigen."[Foto: IMAGO]

Erolind Krasniqi war U 21-Nationalspieler des Kosovo und kickt jetzt für den ETSV Hamburg in der Oberliga. Obwohl er Mittelfeldspieler ist, führt er die bundesweite Wertung zur Torjägerkanone für alle in der 5. Liga mit 23 Treffern nach 14 Einsätzen an, bereitete noch elf weitere Tore vor. Im FUSSBALL.DE-Interview spricht der 25 Jahre alte gebürtige Lübecker über seine Umschulung und Torquote.

FUSSBALL.DE: Am zurückliegenden Spieltag kam Ihr Team als Tabellenführer gegen den USC Paloma nicht über ein 1:1 hinaus. Wie sehr nervt Sie der Punktverlust, Herr Krasniqi?

Eroling Krasniqi: Natürlich hätten wir das Spiel gerne gewonnen, aber solche Partien gehören im Fußball manchmal dazu. Wir haben unsere Chancen nicht genutzt. Wichtig ist, dass wir als Team weiter an uns arbeiten und in den kommenden Spielen konzentriert bleiben.

Bisher traf der ETSV im Schnitt dreimal pro Spiel. Was war diesmal los?

Krasniqi: Ich selbst hätte das Spiel mit einem oder zwei Toren entscheiden können, aber der USC-Torhüter hat stark gehalten, und am Ende sollte es einfach nicht sein. In der 90. Minute habe ich noch einen Elfmeter vergeben. Ich war nach dem Spiel sehr enttäuscht, für mich war es ein gebrauchter Tag.

Sie haben in dieser Spielzeit bereits 23 Tore erzielt. Werden Sie von Ihren Gegenspielern jetzt mehr in die Zange genommen?

Krasniqi: Das ist völlig normal, wenn man oft trifft. Es zeigt aber auch, wie groß der Respekt vor unserer Mannschaft und unserem Offensivspiel ist. Wir haben viele Spieler, die torgefährlich sind. Das macht es für die Gegner schwer, sich auf jeden Einzelnen zu konzentrieren. Trotz der Sonderbewachung komme ich in die Räume, um torgefährlich zu werden.

Vom jüngsten Auftritt einmal abgesehen: Warum läuft es für Sie in dieser Saison so gut?

Krasniqi: Ich denke nicht mehr so viel nach und genieße jede Partie. Ich fühle mich beim ETSV Hamburg sehr wohl, spüre das Vertrauen der Verantwortlichen und meiner Mitspieler, zahle es mit Toren zurück. Ich gehe mit sehr viel Selbstvertrauen in die Spiele, bin extrem ehrgeizig. Meine Wohnung ist nur zwei Minuten von meinem Elternhaus entfernt, in 20 Minuten bin ich beim Training. Ich absolviere seit neun Monaten eine Umschulung zum Immobilienkaufmann, bin im nächsten Jahr fertig. Ich verspüre wenig Stress und Druck, kann ganz befreit aufspielen.

"In mir schlummert noch die Hoffnung, dass es wieder nach oben gehen kann"

Warum spielen Sie als ehemaliger U 21-Nationalspieler des Kosovo bei Ihrer Torgefährlichkeit "nur" in der Oberliga?

Krasniqi: Es haben sich zu Beginn meiner Karriere gewisse Dinge nicht so ergeben, wie ich es mir erhofft hatte. Deshalb habe ich mich ganz bewusst für den Schritt in die Oberliga entschieden, weil ich mir mit meiner Umschulung ein zweites Standbein aufbauen möchte. Dennoch bin ich Fußballer durch und durch, möchte so hoch wie möglich spielen und mit dem ETSV Hamburg möglichst aufsteigen.

Sie sind als Mittelfeldspieler an mehr als der Hälfte aller Tore für Ihren Verein beteiligt. Was macht Sie so torgefährlich?

Krasniqi: Ich will jedes Spiel gewinnen. Ich habe aber auch herausragende Mitspieler, die mich sehr gut in Szene setzen. Mit der Hälfte der Mannschaft habe ich in der Vergangenheit schon zusammengespielt, was die Sache unglaublich vereinfacht.

Ist es richtig, dass Sie bei Ihrer Verpflichtung auf der Rückennummer 10 bestanden haben?

Krasniqi: Ich hatte in meiner gesamten Jugendzeit immer die 10 auf dem Trikot. Aus diesem Grund wollte ich auch beim ETSV Hamburg diese Rückennummer tragen.

Wer war in der Kindheit Ihr Idol?

Krasniqi: Andrés Iniesta, der mit Spanien Welt- und Europameister sowie mit dem FC Barcelona unter anderem viermal die Champions League gewann, hat mich inspiriert. Seine Technik, Ballkontrolle und die Art, Fußball zu spielen, waren beeindruckend.

Beim Hamburger SV wurden Sie im Nachwuchsbereich ausgebildet. Trainer Christian Titz holte Sie später zu Rot-Weiss Essen. Wie gerne denken Sie an diese Zeit zurück?

Krasniqi: Ich hatte viele Trainer, aber Christian Titz war schon ganz besonders und hat mich geprägt. Ich habe mit ihm beim HSV zusammengearbeitet, er hat mir die Türe in Essen geöffnet. Ich verbinde die Zeit bei RWE mit vielen positiven Erinnerungen, durfte viel lernen und mit tollen Menschen zusammenarbeiten. Für mich war es eine wichtige Etappe in meiner Entwicklung, aus der ich viel mitgenommen habe, sportlich wie menschlich.

Warum haben Sie in Essen nicht den Durchbruch geschafft?

Krasniqi: Im Fußball hängt vieles vom Timing und von Umständen ab. Ich habe alles gegeben, aber manchmal passen gewisse Dinge einfach nicht perfekt zusammen. Wichtig ist, dass ich jetzt nach vorne schaue.

Würden Sie Ihre sportliche Entwicklung als Rückschritt bezeichnen?

Krasniqi: Ich kann mich beim ETSV Hamburg weiterentwickeln, komme auf meine Einsatzzeiten und spüre das Vertrauen der Verantwortlichen. Ich konzentriere mich auf meine Leistung, weil es das ist, was ich beeinflussen kann.

Wie sehr sind Sie noch von einer Profikarriere überzeugt - oder ist der Traum bereits ausgeträumt?

Krasniqi: Tatsächlich war es so, dass ich schon nicht mehr daran geglaubt habe. Jetzt aber gilt mein voller Fokus dem ETSV Hamburg und meiner Umschulung. Der Verein hat etwas aufgebaut, und ich möchte mithelfen, den Verein und die Mannschaft nach vorne zu bringen. In mir schlummert noch die Hoffnung, dass es wieder nach oben gehen kann, am besten mit dem ETSV.

Wie viele Tore haben Sie sich bis zum Saisonende fest vorgenommen?

Krasniqi: Wenn ich kein einziges Tor mehr schieße und wir am Ende in die Regionalliga Nord aufsteigen, unterschreibe ich das sofort. Wichtig ist, dass ich verletzungsfrei bleibe und wir mit dem ETSV Hamburg unsere Ziele erreichen. Ich bin mir sicher, dass ich weiterhin Tore schießen werde, will mich aber nicht auf eine Zahl festlegen.

Was würde Ihnen der Gewinn der Torjägerkanone bedeuten?

Krasniqi: Wenn man bundesweit als bester Torschütze ausgezeichnet wird, ist das eine starke Sache. Sollte es so kommen, würde mich das sehr freuen und mit Stolz erfüllen.