Supertalent Falk ist jetzt Amateurtrainer
Heute Trainer in Langenselbold: Patrick Falk. [Foto: Privat]
Als Patrick Falk aus dem Flugzeug steigt und spanischen Boden betritt, merkt er sofort: Das ist eine außergewöhnliche Stadt mit einem außergewöhnliche Verein mit außergewöhnlichen Fans mit einem außergewöhnlichen Flair.
Falk war damals 15 Jahre alt. Er galt als eines der größten Talente Deutschlands. Er galt sogar als eines der größten Talente der Welt auf der Position des Spielmachers. In neun Begegnungen für die U 15-Nationalmannschaft des Deutschen Fußball-Bundes hatte Falk elf Treffer erzielt. Das war natürlich auch den Verantwortlichen des FC Barcelona nicht verborgen geblieben. Also hatte der große Johan Cruyff persönlich einen Brief an die Verantwortlichen von Eintracht Frankfurt geschrieben. Die Aussage darin war nicht misszuverstehen: "Wir wollen Patrick Falk gerne zum Probetraining einladen. Denn wir haben großes Interesse an ihm."
"Barcelona war mein Traumverein, aber ich stand in Frankfurt unter Vertrag, und mein Vater war Eintracht-Fan", sagt Falk. "Deshalb war er nicht so begeistert über meine Wechselgedanken. Außerdem war es ihm sehr wichtig, dass ich die Schule wenigstens mit der Mittleren Reife beende. Damals war ich traurig und enttäuscht darüber. Aber inzwischen bin ich ihm unendlich dankbar dafür, dass er mir den Wechsel nach Barcelona verboten hat."
Denn Falk hat schnell bemerkt, dass der Weg zum Fußballprofi lang und mit manchmal ungeplanten Dingen versehen ist. Falk ging seinen Weg in Deutschland weiter. Aber er schaffte den Durchbruch auf die ganz große Bühne nicht. Zwar hat er für die Eintracht einige Partien in der Bundesliga bestritten. Zwar hat er bei seinen 52 Einsätzen für die U-Nationalmannschaften insgesamt 49 Treffer erzielt und damit eine überragende Quote im DFB-Trikot. Aber all das konnte nicht verhindern, dass Falk der letzte, der entscheidende Schritt verwehrt blieb.
"Ich traue mir durchaus zu, auch einen Oberligisten zu trainieren. Wenn es noch höher geht, würde mich eher die Position des Sportlichen Leiters reizen"
"Mich haben immer wieder Verletzungen zurückgeworfen", sagt der inzwischen 34-Jährige rückblickend. "Außerdem trage ich mein Herz manchmal auf der Zunge. Das kam ebenfalls nicht bei all meinen Trainern gut an."
Aber ohne Fußball geht es natürlich auch nicht. Seitdem Falk laufen kann, ist er dem Ball hinterhergejagt. Mittlerweile ist er ins Trainergeschäft eingestiegen. Falk trainiert den Hanauer Kreisoberligisten SpVgg 1910 Langenselbold - es lebe der Amateurfußball. "Es macht mir großen Spaß, eine Mannschaft zu betreuen und die Jungs bei ihrer Entwicklung zu begleiten", sagt Falk. "Ich habe ja selbst erlebt, welche soziale Bedeutung der Fußball hat." Falk ist mit dem Fußball erwachsen geworden. Er hat durch ihn die Welt kennengelernt, besonders während der Reisen mit der Nationalmannschaft: "Das werden für mich immer unvergessliche Erlebnisse bleiben", sagt er. "Die Hymne zu hören, das Trikot mit dem Adler tragen zu dürfen, und das alles als junger Mensch - das hat mich extrem geprägt."
Und Falk erzählt gerne die eine oder andere Anekdote aus dieser Zeit. Zum Beispiel die von seinem ersten Länderspiel mit den U 15-Junioren gegen Frankreich: "Ich saß in der Kabine und habe mich konzentriert. Ich war total aufgeregt. Plötzlich kam Trainer Erich Rutemöller auf mich zu und sagte zu mir, dass er ein gutes Gefühl habe und dass ich zwei Tore machen werde. Ich habe nur geschmunzelt. Aber er hat Recht behalten."
Oder diese Geschichte von der U 20-Weltmeisterschaft 1999 in Nigeria: "Bernd Stöber war unser Trainer damals, und er hat uns sehr gewissenhaft auf unser Auftaktspiel gegen Paraguay vorbereitet. Bei dem Videostudium ist mir dann aufgefallen, dass der paraguayische Schlussmann immer sehr weit vor seinem Tor steht. Ich habe dann zu Bernd Stöber gesagt, er solle sich nicht wundern, wenn ich mal von der Mittellinie schieße. Er hat nur gelacht und gesagt, dass ich ja wohl etwas den Verstand verloren habe. Aber das sei er von mir ja gewohnt. Ich war tatsächlich früher so ein Typ."
Aber es war ja klar, wie die Geschichte ausging: "Irgendwann habe ich an der Mittellinie den Ball bekommen", erzählt Falk. "Dann habe ich aufgeschaut und gesehen, dass der Torwart wieder sehr weit vor der Linie steht. Ich habe geschossen - und getroffen. Ich schätze mal, dass Bernd Stöber in diesem Moment seinen Augen nicht trauen konnte."
Einige Geniestreiche
Es waren genau diese Geniestreiche, warum Falk in jeder Hinsicht ein so außergewöhnlicher Fußballer war. Manchmal haben sie funktioniert. Aber zu oft auch nicht. Deshalb hatte er auch häufiger Probleme mit seinen Trainern: "Ich war ein Spieler, der Freiheiten und Vertrauen brauchte. Wenn ich das nicht gespürt habe, ist es auch schon mal zu Problemen gekommen." Dazu kamen die Probleme, die ihm immer häufiger sein Körper machte.
Und irgendwann kam deshalb die Erkenntnis dazu, dass er es nicht bis nach ganz oben schaffen wird. Spätestens in diesem Augenblick war er froh, dass sein Vater ihm damals den Wechsel nach Barcelona untersagt hatte - bei all den Reizen: "Es war schon großartig, als ich damals dort auf dem Platz stand. Ich sollte sozusagen in die Fußstapfen von Pep Guardiola treten, der vorher seinen Weg als Spielmacher dort gegangen war. In Barcelona legt man sehr großen Wert auf diese Position."
Falk ist dann schweren Herzens zurück nach Frankfurt gekommen. Aber er hat sich nicht runterziehen lassen. Im Gegenteil, er hat noch mehr Gas gegeben - bis er als 18-Jähriger unter Jörg Berger tatsächlich zu 13 Bundesligaspielen für die Eintracht mit acht direkten Torvorlagen kam.
Dann jedoch begann der Motor zu stottern. Anstatt nach oben ging es nach unten, immer weiter nach unten. Erst nach Braunschweig, dann nach Oberhausen, Offenbach, Leipzig, Flieden. Zum Schluss war er Spielertrainer in Wittgenborn. Und nun also ist er Verantwortlich in Langenselbold. "Wir wollen hier mit vielen jungen Spielern etwas aufbauen, dabei möchte ich helfen", sagt Falk.
In Barcelona hospitiert
Die Kontakte nach Barcelona bestehen noch immer. Neulich hat er dort als Trainer hospitiert. Diese Erfahrung möchte er bei seiner neuen Aufgabe einbringen: "Ich setze total auf junge Spieler. Vielen erfahrenen Akteuren haben ich geraten, dass sie sich eine neue Herausforderung suchen. Wir wollen hier langfristig etwas erreichen. Dafür legen wir jetzt die Basis."
Und er hat noch weitere Ziele: "Ich traue mir durchaus zu, auch einen Oberligisten zu trainieren. Wenn es noch höher geht, würde mich eher die Position des Sportlichen Leiters reizen."
Aber ganz ohne Fußball? Für Patrick Falk ist das nicht mal einen Gedanke wert. Dafür liebt er diesen Sport viel zu sehr. Aus dem unvollendeten einstigen Supertalent soll nun ein vollendeter Erfolgstrainer werden. Der Anfang ist gemacht.