Themenwoche International|05.09.2014|07:45

Bürgermeister im Nationaltrikot

Die deutsche Nationalmannschaft der Bürgermeister konnte 2008 die Europameisterschaft gewinnen. [Foto: Rolf Reinhard]

Egal, wo auf der Welt, der Fußball spricht eine eigene Sprache, die jeder versteht. Selten trifft dieser Ausspruch so zu wie auf die deutsche Nationalmannschaft der Bürgermeister. Seit mehr als sechs Jahren bestreitet das Team internationale Turniere und Spiele, pflegt dabei den Kontakt mit anderen Ländern und fördert soziale Projekte im In- und Ausland.

Im Mai 2008 fing alles an. Der österreichische Gemeindebund veröffentlichte vor der EURO in Österreich und der Schweiz eine Ausschreibung. Ziel: Die Austragung einer weiteren EM - für Nationalmannschaften der Bürgermeister. Was als PR-Gag begann, wird seitdem erfolgreich fortgeführt. Mittlerweile gibt es 13 Bürgermeister-Nationalmannschaften in Europa.

Beim ersten Turnier vor sechs Jahren holt die deutsche Nationalmannschaft der Bürgermeister gleich den Europameistertitel. Im Finale wurde Italien mit 3:0 besiegt. Teamchef und Bürgermeister von Neuenburg am Rhein, Joachim Schuster, erinnert sich gerne zurück: „Nach dem tollen Erlebnis haben wir gesagt: Wir bleiben zusammen und bemühen uns, dass in vier Jahren wieder eine EURO ausgespielt wird.“ Das wurde sie. Beim zweiten europäischen Turnier in Polen belegten unsere Bürgermeister den vierten Platz.

Internationale Kontakte

"Zum Fachlichen kommen der freundschaftliche Austausch und die menschlichen Begegnungen."

Auch zwischen den großen Turnieren wurden immer wieder internationale Erfahrungen gesammelt. Bei der WM 2010 in Südafrika waren die deutschen Bürgermeister vor Ort. Zum ersten Mal fand ein Treffen zwischen deutschen und südafrikanischen Kommunalvertretern statt. Dem Reisebericht ist zu entnehmen, dass die Reise eine unvergessliche Erfahrung mit vielen Eindrücken und neuen Freundschaften darstellt. 2011 wurde die Nationalmannschaft der Bürgermeister dann nach Israel eingeladen. Die Gastgeber gründeten extra eine eigene Nationalmannschaft, um neben dem Austausch auf kommunaler Ebene auch ein Fußballspiel austragen zu können.

„Es gibt drei Aspekte, die unsere Nationalmannschaft so interessant machen“, erläutert Teamchef Schuster. „Erstens haben wir auf internationaler Ebene Kontakt mit Bürgermeistern aus anderen Ländern. Wir können uns über die Themen austauschen, die jeder im Alltag hat. Wie der Kollege in Prag zum Beispiel seine kommunalpolitischen Themen löst, wir können uns gegenseitig Tipps geben. Zu dem Fachlichen kommen dann der freundschaftliche Austausch und die menschlichen Begegnungen.“ Man bekomme schließlich sonst nie so viele Bürgermeister auf einen Schlag zusammen. Sogar Städtepartnerschaften sind durch die Reisen der Nationalmannschaft entstanden.

Soziale Projekte

„Der zweite wichtige Aspekt sind die sozialen Projekte, die wir im In- und Ausland fördern“, führt Schuster fort. Wie zum Beispiel während der WM in diesem Jahr. Da reiste das Bürgermeister-Team nach Brasilien und fördert seitdem vor Ort ein Projekt der brasilianischen Schiedsrichter, bei dem Kinder in Favelas von Fußballtrainern und Sozialarbeitern unterstützt werden. Ganz nebenbei sorgten die Bürgermeister beim Viertelfinale der WM in Rio gegen Frankreich im Stadion auch dafür, dass Löws Mannschaft in die Runde der letzten Vier einzog. „Das war super, ein Riesenerlebnis. Auch dabei haben wir natürlich viele tolle Menschen kennengelernt“, berichtet der Teamchef. Neben den sozialen Projekten in den Ländern, die die Nationalmannschaft der Bürgermeister bereist, werden die SOS-Kinderdörfer tatkräftig unterstützt.

Ehrgeizige Fußballer

„Und der dritte Aspekt ist natürlich der Sport an sich, der einen hohen Stellenwert hat. Wir sind alle sehr ehrgeizige Fußballer“, erklärt Schuster, der wie sein Trainerkollege Dieter Hahn die A-Trainer-Lizenz besitzt. „Vorgabe ist bei uns neben der aktiven, hauptamtlichen Tätigkeit als Bürgermeister, dass man mindestens mal Bezirksliga gespielt haben muss. Einige haben sogar mal Regionalliga oder Oberliga gespielt.“ Derzeit gehören 21 Bürgermeister aus acht Bundesländern dem ambitionierten Team an. Das nächste Event ist der Alpencup Mitte September in Österreich. „Natürlich wollen wir dort unser Bestes geben, unsere Ansprüche sind immer hoch“, so Schuster.

Da die Bürgermeister seit 2008 allerdings nicht jünger geworden sind, sind sie auch immer auf der Suche nach „Nachwuchs“. Bei der Aussicht auf internationale Erfahrungen, verbunden mit der Förderung sozialer Projekte und einer engagierten Einstellung zum Fußballspiel sollte diese Suche unter den knapp 14.000 Bürgermeistern in Deutschland kein Problem darstellen.