Themenwoche Fußball digital|21.03.2015|12:30

So geht es hinter den Kulissen von FIFA zu

Fester Platz in der Königsklasse: FIFA 15 und Ralf Anheier, Pressesprecher von Entwickler EA Sports. [Foto: FUSSBALL.DE]

Der Ball war schon früher rund. Aber früher konnte es vorkommen, dass in der Bundesliga vor 8.000 Zuschauern gekickt wird. Und Computerspiele wurden von ein paar befreundeten Nerds im Alleingang zu Hause programmiert. Heute ist das völlig anders. Hinter einem Spiel wie FIFA steckt ein gigantischer Aufwand. Ralf Anheier, Pressesprecher des Entwicklers EA Sports, gibt im Rahmen unserer Themenwoche Fußball digital im Interview einen interessanten Einblick hinter die Kulissen der erfolgreichsten Sportspielreihe der Welt.

FUSSBALL.DE: Herr Anheier, welcher Aufwand steckt mittlerweile hinter einem Spiel wie FIFA – budgetär, zeitlich und von der Manpower?

Ralf Anheier: Die Anforderungen an die Spielreihe FIFA steigen - mindestens proportional mit dem steigenden generellen Interesse am Fußball. Daher unternimmt EA Sports einen hohen technologischen Aufwand, um ein möglichst authentisches Spielerlebnis zu liefern. Neben den hauseigenen Motion-Capturing-Verfahren kommt eine 3D-Fototechnik zum Einsatz, um die virtuellen Abbilder der Fußballstars realitätsnah ins Spiel zu integrieren. Dies alles erfordert neben den steigenden Arbeitskräften auch einen erhöhten Budgeteinsatz. Hinzu kommen Lizenzabgaben, die sich mit dem Markt entwickeln. Allerdings gehört FIFA zu den erfolgreichsten Videospielreihen und steht vor allem in den letzten Jahren immer an oberster Stelle der GfK-Verkaufscharts. Bei vielen Videospielen ist der budgetäre und personelle Aufwand mindestens gleichzusetzen mit einem Hollywood-Blockbuster. Und FIFA spielt dabei in der Königsklasse.

Welchen Stellenwert hat die FIFA-Franchise aus Ihrer Sicht auf dem aktuellen Spielemarkt? Ist es die wichtigste Marke bei EA?

"Der budgetäre und personelle Aufwand ist mindestens gleichzusetzen mit einem Hollywood-Blockbuster"

Anheier: Wie schon erwähnt, ist die FIFA-Franchise seit einigen Jahren dominierend in den Verkaufscharts und bietet aufgrund des hohen identifikatorischen und emotionalen Potenzials eine lange Spielintensität und -dauer. Somit gehört der jährliche FIFA -Launch definitiv zu den Großereignissen der Entertainmentbranche. Für Electronic Arts ist die Sparte EA Sports und allen voran die FIFA -Serie sicher eine tragende Säule, die an Bedeutung in den vergangenen Jahren zugenommen hat.

Die Ära der Fußball-Computerspiele begann bereits vor mehr als drei Jahrzehnten. Welche Klassiker hatten Einfluss auf die Entwicklung der FIFA-Reihe?

Anheier: Immer wieder wird die Ausgabe FIFA 98 zitiert, die für die damaligen technologischen Verhältnisse ein absoluter Meilenstein war. Nicht nur der Hallenmodus, auch die damals neuartige 3D-Darstellung und Authentizität und nicht zuletzt das umfangreiche Lizenzpaket hatten einen nachhaltigen Effekt auf die Serie. Ein weitere Meilenstein in der Entwicklung sind die Fußballevent-Spiele zu den großen Turnieren wie Welt- und Europameisterschaft, die eine neue, eventbegeisterte Zielgruppe ansprechen konnten. Zuletzt wurde die Spielqualität durch zahlreiche Verbesserungen der sogenannten Spiele-Engine - das Herzstück der Entwicklung – sowohl von der physikalischen Gesetzmäßigkeit als auch vom visuellen Erlebnis auf das nächste Level gehoben. Das hat FIFA noch ein Stück weiter in Richtung realistisches Abbild des Fußballs gebracht.

Viele Jahre waren auch Fußball-Managerspiele sehr beliebt. Warum hat EA die Fußball-Manager-Reihe mit der 14er-Ausgabe zu Grabe getragen?

Anheier: Diese Entscheidung basiert auf einigen Faktoren. Prinzipiell ist das Manager-Genre in dieser Komplexität ein sehr spezielles und wird vor allem in zwei Ländern, nämlich Deutschland und England, gerne gespielt, in denen zudem jeweils ein Spiel praktisch den gesamten Markt über die letzten Jahre dominiert hat. Ein solch eingeschränkter Markt und der generelle Trend Richtung Online und Mobile Gaming waren am Ende mit die entscheidenden Faktoren. Der Fußball Manager war außerdem an einem entscheidenden Punkt, an dem nur eine neue Engine und/oder eine entsprechende Online-Technologie der Serie noch einmal einen Schub hätten verleihen können. Die Bewertung all dieser Faktoren führte schließlich dazu, sich gegen eine Fortsetzung zu entscheiden.

Was ist noch möglich im Bereich Fußball-Computerspiele? Von welchen Innovationen träumt die Branche? Wie könnte ein FIFA in 15 bis 20 Jahren aussehen?

Anheier: Ich denke, dass man vor 15 bis 20 Jahren niemals mit dem heutigen Realismus in der Videospielebranche rechnen konnte. Das waren Zukunftsvisionen, die sicherlich auch mit Wunschdenken verbunden waren. Nun aber sind wir seit einigen Jahren genau dort angekommen - so auch mit unserer Lieblingssportart Fußball. Ich denke, dass mit den in den Startlöchern stehenden neuen Technologien wie "Virtual Reality", gepaart mit einem anhaltenden Wachstum der Branche, die ein oder andere Erwartung nochmals übertroffen werden kann.