Pendler Meints: Zwei Teams in zwei Städten
Manuel Meints stürmt sowohl für den TuS Esens als auch für die SG Blaues Wunder Hannover. [Foto: sven-just.de]
Manuel Meints hat es nicht leicht. Seit der F-Jugend schnürt er die Schuhe für die TuS Esens. Sämtliche Jugendmannschaften bis hin zu den Senioren hat er durchlaufen, immer für denselben Verein. "Ein Leben lang" – diese Formulierung ist bei einem Alter von 26 Jahren nicht zu weit hergeholt. Und damit soll dann einfach so Schluss sein? Ein Master-Studium in Hannover - 253 Kilometer vom Sportplatz der TuS entfernt - gleichbedeutend mit dem Ende der jahrelangen Liaison zwischen Stürmer und Heimatverein?
Die Lösung des Problems: Das sogenannte Zweitspielrecht. Im Jahr 2007 nahm der DFB den Passus in seine Spielordnung auf, um den Mitgliedsverbänden die Förderung ihres Spielbetriebs zu ermöglichen. Das Zweitspielrecht sollte Studenten, Berufspendlern und Menschen in vergleichbaren Situationen eine zusätzliche Spielmöglichkeit bieten. Im Fall von Manuel Meints hat dieses System definitiv gefruchtet. Der 26-Jährige profitierte dabei auch davon, dass eine breite Mehrheit im Niedersächsischen Fußballverband für dieses erweiterte Spielrecht stimmte.
"Für uns ist es sicherlich von Vorteil, dass das Zweitspielrecht auch bei den Senioren greift. Trotzdem würden wir uns natürlich freuen, wenn Manuel noch häufiger bei uns spielen könnte", zeigt sich auch TuS-Sprecher Heiko Feddermann von der Entwicklung in der Spielordnung angetan und offenbart zugleich das große Dilemma für alle Beteiligten der Pendler-Regelung. Denn voll und ganz zufriedenstellend wird die Konstellation für die beiden Vereine und den Spieler wohl nie sein. Mangelnde Opferbereitschaft kann man Manuel Meints jedenfalls kaum vorwerfen. Schon während des Bachelor-Studiums pendelte er die knapp 90 Kilometer vom Studienort Oldenburg in die Heimat, meistens in einer Fahrgemeinschaft mit zwei Mitspielern.
Schattenseiten des Pendelns
"Die Zugfahrten und die Abhängigkeit von der Deutschen Bahn sind schon das nervigste an der ganzen Geschichte"
Aus Hannover nimmt er nun seit anderthalb Jahren den Zug. Zweimal umsteigen, insgesamt vier Stunden Fahrt. Wenn alles gutgeht. "Die Zugfahrten und die Abhängigkeit von der Deutschen Bahn sind schon das Nervigste an der ganzen Geschichte", bekommt man schnell die Antwort auf die Frage nach den Schattenseiten des Pendelns. Für das private Glück kommt der Anhänger von Borussia Dortmund erfreulicherweise ohne große Distanzen aus, da seine Freundin, die er in Esens kennengelernt hat, ebenfalls in der niedersächsischen Landeshauptstadt studiert.
Dort hat er in der SG Blaues Wunder Hannover zudem eine Mannschaft gefunden, die seine Heimatverbundenheit akzeptiert. "Obwohl wir aus der Bezirksliga abgestiegen sind, wollte ich den Verein nicht wechseln. Das Zweitspielrecht kam mir sehr gelegen, da es mir ermöglicht, nicht nur in Esens Landesliga zu spielen, sondern eben auch in Hannover einen Fußballclub zu haben", verrät der Stürmer, der nach einem kurzen Zögern Marco Reus und Luis Figo als seine Lieblingsspieler nennt.
Noch keine große Party verpasst
Im Vordergrund stehe der Spaß am Kicken, betont Meints, deshalb habe er sich entschieden, auch an seinem Studienort einem Verein beizutreten. Und wenn der "verlorene Sohn" am Wochenende nach Esens zurückkehrt, um auszuhelfen, freut er sich über die gute Resonanz: "Ich denke schon, dass die Leute froh sind, wenn ich zu den Spielen komme. Die Rückmeldungen sind meistens sehr positiv." Stellvertretend für die TuS lobt auch deren Sprecher Feddermann die "tolle Einstellung" des 26-Jährigen, betont aber wiederholt, dass der Verein sich selbstverständlich über noch zahlreichere Einsätze seines Eigengewächses freuen würde.
Auch wenn der "Fußballer auf Achse" Meints betont, noch keinen wichtigen Termin oder keine große Party aufgrund des Pendelns verpasst zu haben, fällt es nicht schwer, sich das Hin und Her zwischen den beiden Fußballclubs als relativ anstrengend vorzustellen. Der Grund für all die Strapazen und das ständige Abwägen zwischen Hannover und Esens ist übrigens der Master-Studiengang "Windenergie-Ingenieurwesen". Für den in Ostfriesland geborenen Studenten eine logische Wahl: "Um das Thema Windenergie kommt man nicht drumherum. Bei uns steht ja alles voll mit Windkraftanlagen", lacht er und fügt schnell hinzu: "Aber es ist auch sehr interessant."
Ob Fußball oder Studium, eins steht fest: Der Ruf aus der Heimat wird für Manuel Meints jedenfalls so schnell nicht verklingen.