Vorbild Reifferscheid: Vorsitzender mit 21
Sebastian Reifferscheid, der Vorsitzende. [Foto: privat]
Diese eine Frage hört Sebastian Reifferscheid immer wieder: „Wie habt ihr das nur gemacht?“. Er hört sie im Privatleben und mittlerweile auch beruflich. Denn die Antwort auf die Frage treibt immer mehr Vereinsverantwortliche um. Wie hat er das also gemacht? Mehr als 100 neue Mitglieder für seinen Klub aus der kleinen Gemeinde Osterspai zu gewinnen?
560 Mitglieder zählt der VfL Osterspai aktuell – nur 1230 Einwohner leben überhaupt in dem Ort nahe Koblenz. Reifferscheid hat den Vorstand drastisch verjüngt, er hat seinen Verein für neue Abteilungen geöffnet und er hat alternative Finanzierungsmöglichkeiten gesucht. Und gefunden. „Es funktioniert super“, sagt Reifferscheid, der im vergangenen Jahr mit dem Ehrenamtspreis des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) ausgezeichnet wurde und mittlerweile für den Fußballverband Rheinland arbeitet. „Ich habe meinen Traumjob gefunden, Fußball rund um die Uhr“, sagt Reifferscheid.
Der Fußball ist nicht nur sein Beruf, sondern auch seine Berufung. 2009 wurde Reifferscheid in seinem Heimatklub zum Zweiten Vorsitzenden gewählt – mit 19 Jahren. Zwei Jahre später stieg er zum Ersten Vorsitzenden auf. „Ich war mit so viel Elan dabei, dass ich gefragt wurde, als ein Nachfolger für unseren Vorsitzenden gesucht wurde“, sagt Reifferscheid, der im Alter von fünf Jahren mit dem Fußball beim VfL begonnen hatte. „Von Beginn an standen alle hinter mir, es hat super geklappt.“
Musikfestival als Einnahmequelle
"Es ist schon viel Arbeit, aber es macht auch viel Spaß"
Reifferscheid hat im Vorstand des VfL junge Kollegen um sich geschart, sein Stellvertreter ist 30 Jahre alt. „Wir haben den Umbruch geschafft“, sagt Reifferscheid. Zudem hat er einiges verändert in seinem Heimatverein. Mit einem jährlichen Musikfestival finanziert er den Klub mit, neue Abteilungen wie etwa Zumba hat er integriert und so mehr als 100 neue Mitglieder in den vergangenen zwei Jahren gewonnen. „Es läuft gut“, sagt Reifferscheid, der in sein Hobby im Schnitt acht Stunden die Woche investiert. „Es ist schon viel Arbeit, aber es macht auch viel Spaß.“
Er besucht Vereinsmitglieder zu runden Geburtstagen und zu Silberhochzeiten zu Hause, er leitet die Vorstandssitzungen, er hat ein offenes Ohr für die Ansprechpartner der anderen Sportarten, er ist derzeit übergangsweise Fußball-Abteilungsleiter, er gründete einen Förderverein, um einen neuen Hybridrasen in Osterspai zu finanzieren, er kümmert sich um die Stadionzeitung. Und nebenbei kickt er auch noch. „Im Moment reicht es meistens nur noch für die zweite Mannschaft in der Kreisliga B“, sagt Reifferscheid ( hier geht es zum Spielerprofil von Sebastian Reifferscheid ), der es aus Zeitgründen nur einmal die Woche zum Training schafft. Für die erste Mannschaft in der Bezirksliga hat er in dieser Saison fünf Spiele gemacht. Dann läuft der Erste Vorsitzende im offensiven Mittelfeld Seite an Seite mit seinen Vereinsmitgliedern auf.
Im Kreis Rhein-Lahn ist Reifferscheid der Vorreiter. Viele Vereine wollen nach seinem Vorbild ihren Vorstand verjüngen. „Man muss eine gesunde Mischung hinbekommen“, sagt Reifferscheid, der als Verbandsvertreter die Klubs vor Ort besucht und sich ihre Probleme anhört. „Ich helfe jedem gerne, das ist ideal für mich“, sagt der gelernte Verwaltungsfachangestellte, der früher im Jobcenter freie Stellen vermittelt hat. Heute berät er Vereine. Ein Vermittler ist er geblieben.