Ehrenamts-Typen: Allesmacher und Dauerbrenner
Mädchen für alles, Gewissenhafte, Fast-Profis - eine Typologie der Ehrenamtler im Verein. [Foto: imago/philippka]
Ohne sie geht in einem Amateurverein gar nichts. Die Ehrenamtler, die den Laden am Laufen halten. Aber welche Typen von Ehrenamtlern gibt es eigentlich? Wir haben sie hier einmal zusammengestellt:
Der Allesmacher: Die einen sammeln Briefmarken, die anderen Ämter. Momentan sind es fünf. Oder sechs. Egal. Auf jeden Fall viele. Er hat sich um keines gerissen, kann allerdings nicht "Nein" sagen. Da er die Jobs nicht nur recht gern, sondern richtig gut macht, kam ein Amt zum anderen. Der Spruch, dass man später den Sportplatz nach ihm benennt, ist nicht nur als Scherz aufzufassen.
Der Fast-Profi: Mit der eigenen Karriere hat es nicht hingehauen. Schuld war der unfähige Trainer, der ihn in der D-Jugend nicht richtig gefördert hat. Dem Verein ist er immer treu geblieben und gibt alles für ihn. Einer muss schließlich bei 38 Grad im Schatten den Rasen mähen. Vor allem die Jüngeren im Klub lauschen gebannt seinen Erzählungen von großen eigenen Spielen. Weiß ja keiner, dass es wahlweise in der vierten oder fünften Mannschaft war.
Das Mädchen für alles: Kaputtes Ballnetz, tropfende Dusche, verschwundene Eckfahne – er kümmert sich. Schnell, zuverlässig und ohne viele Worte. Dank erwartet er nicht. Der Klub ist ihm schließlich eine Herzensangelegenheit. Wird verlegen, wenn seine Verdienste auf der Weihnachtsfeier gesondert herausgestellt werden. Weiß langsam nicht mehr, wohin mit den vielen Ehrennadeln.
"Wenn ihr sonst niemanden …"
Die Familie: Als ihr Sohn in den Verein eintrat, fuhr sie die Jungs zu den Spielen und wusch die Trikots. Das war vor 35 Jahren. Merkte schnell, dass die Leute im Verein nicht verkehrt waren. Zudem sah sie so ihren Mann öfter, der 1. Vorsitzender war bzw. heute noch ist. Acht Wochen später übernahm sie das Amt der Kassenprüferin. Ist grad zum x-ten Mal wiedergewählt worden. Der Sohn, der vor dreieinhalb Jahrzehnten in der F-Jugend begonnen hat, ist mittlerweile Wirt des Vereinsheims. Seine beiden Kinder spielen im Nachwuchs.
Der Gewissenhafte: Arbeitet beim örtlichen Finanzamt. Hat daher ein Abo auf den Job als Kassenwart. Steht kurz vorm Herzkasper, wenn der Jugendwart eine Rechnung über vier Kästen Cola von der Saisonabschlussfeier der C-Jugend einreicht. Ist gefürchtet für seine Endlos-Vorträge auf der Jahreshauptversammlung: "Der Gewinn von 116,73 Euro setzt sich aus 16 verschiedenen Posten zusammen. Ich fasse das so kurz wie möglich zusammen. Als da wären …" In erster Linie sind sie im Verein jedoch sehr froh, ihn zu haben.
Der Dauerbrenner: Ungefähr seit Vereinsgründung im Jahr 1919 Abteilungsleiter. Jedenfalls kann sich kein noch lebendes Mitglied an jemand anderen in dieser Funktion erinnern. Will den Job abgeben. Sagt er zumindest. "Aber wenn ihr sonst niemanden…", weiter kommt er im Vorfeld einer Wahl meist nicht. Damit hat er das Amt stets für weitere Jahre gewonnen.
Der Zerstreute: Dachte, es ginge noch um die Abstimmung über die neuen Trikots. Als er merkte, dass sein Arm als einziger hochgegangen war, war es bereits zu spät. "Aaaah, Jürgen stellt sich als Pressewart zur Verfügung", jubelte der Präsident. Der zaghafte Widerstand ("Ich wollte doch nur für die gestreiften Trikots stimmen") ging im donnernden Applaus unter. Genau betrachtet ist der Job gar nicht übel. Bei der Arbeit bringt es ihm immer bewundernde Blicke, wenn er am Montag namentlich und mit den Worten "Wir haben verdient gewonnen" in der Zeitung erwähnt wird.
Der Retter: Erlöste die Mitglieder beim gefürchteten Programmpunkt "Wahlen" nach einer gefühlten Ewigkeit, in der plötzlich alle ihre Schuhe neu binden mussten, mit fünf Worten: "Dann mach ich es halt." Noch heute gibt es dafür immer mal wieder Freibier von damals Anwesenden ("Mensch, das werde ich dir nie vergessen"). Unter anderem von seinem Vorgänger als Jugendleiter, der nach 52 Jahren nicht mehr angetreten war.
Der Geläuterte: Beim Meckern war er immer vorn dabei: Über den 1. Vorsitzenden („trifft keine Entscheidungen“), den Abteilungsleiter („viel zu lasch“) oder den Betreuer der zweiten Mannschaft („bei mir würden die Spieler ihre Wasserflaschen selbst tragen“). Irgendwann reichte es auch seiner Frau: „Dann zeig, dass Du es besser kannst.“ Kurz danach wurde er Präsident. Oft gehörter Satz seither: „Gar nicht so einfach, diese Entscheidung zu treffen.“
Der Besserwisser: Hat kein Amt und null Interesse daran. Gehört trotzdem in diese Liste, da er in vielen Vereinen anzutreffen und gefürchtet ist. Weiß in der Theorie alles. Und das selbstredend besser. Glaubt man seinen Worten, wäre der Verein mit ihm als Chef – wofür er natürlich keine Zeit hat ("Ich habe eine 70-Stunden-Woche") – längst erster Verfolger des FC Bayern München und würde über ein Konto verfügen, dessen Guthaben mehr Stellen aufweisen würde als eine handelsübliche Bankleitzahl. Seine Beliebtheit bei den engagierten Mitgliedern hält sich in Grenzen.