|06.10.2015|08:12

Wie ein Märchen

Janni Serra mit seinen Eltern Sabine und Ralf. [Foto: Finger]

Die Geschichte, die davon erzählt, wie sehr beim Werdegang eines Fußballtalentes auch der Zufall eine Rolle spielt, beginnt mit einer nicht vorhandenen Trainingsstätte, startet aber eigentlich mit einem dienstlichen Telefonat. Geführt wird es von NFV-Mitarbeiter Ralf Serra und Danny Bachmann, hauptamtlicher Geschäftsführer des JFV Northeim. Als Folge des Gesprächs wird Serras Sohn Janni in den darauf folgenden Monaten nicht mehr in der Innenverteidigung von Hannover 96 spielen, sondern Borussia Dortmund als Stürmer zur Deutschen B-Juniorenmeisterschaft schießen, die deutsche Nationalmannschaft ins Finale der U 17-Europameisterschaft köpfen und im September 2015 im Testspiel gegen St. Pauli sogar sein Debüt in der Profimannschaft des BVB feiern. „Wie ein Märchen“, empfindet nicht nur sein Dortmunder Trainer Hannes Wolf Jannis Entwicklung.

Doch der Reihe nach: Es ist Anfang April 2014, als in Ralf Serras Büro im Erdgeschoss des NFV-Verwaltungsgebäudes in Barsinghausen das Telefon klingelt. Am anderen Ende der Leitung ist Danny Bachmann. Beide kennen sich seit der Gründung des Jugendfördervereins (JFV) Northeim im Jahr 2011. Seitdem sucht JFV-Geschäftsführer Bachmann immer wieder mal Rat bei Serra, der in Barsinghausen das NFV-Referat Spielrecht und Passwesen leitet. Auch in diesem Gespräch dreht es sich zunächst um den JFV. Doch weil der Norddeutsche Länderpokal in Hamburg bevorsteht, kommen die beiden auch auf Serras Sohn Janni zu sprechen. Der damals 16-Jährige gehört in der niedersächsischen Verbandsauswahl zu den Spätberufenen. Zwar verfügt er über eine gute Technik, einen starken linken Fuß und über großartige Fähigkeiten, ein Spiel zu „lesen“ und auch zu entscheiden, doch sein Talent ist lange im Verborgenen geblieben.

„Bei Janni hat sich sein Potenzial nicht sofort herauskristallisiert, ganz einfach deswegen, weil er viel zu schnell gewachsen ist und dadurch immer Probleme im koordinativen Bereich hatte. Deshalb haben manche Beobachter gesagt: Was ist das denn für ein Stokel!“, verriet Ralf Serra im September 2015 in einem Interview mit dfb.de. Der heute 55-Jährige war früher ein passabler Fußballer im gehobenen Amateurbereich (u. a. TuS Celle), besitzt die Trainer-A-Lizenz und hat seinen mittleren Sohn Janni nicht nur im Verein, sondern auch am DFB-Stützpunkt Barsinghausen trainiert (von 2010 bis 2013). Zuvor war Janni, der seit 2006 das Trikot von Hannover 96 trug, zum TSV Havelse gewechselt. „Wir konnten ihn dann in den Stützpunkt nehmen, weil der TSV Havelse kein Lizenz-, sondern ein Regionalverein ist“, berichtet Serra Senior.

Beim TSV rutscht Janni, der zuvor immer ein klassischer Linksaußen war, ins zentrale Mittelfeld. Dadurch lernt er viel für seine Spielübersicht und fühlt sich in Havelse an sich gut aufgehoben. Drei Mal in der Woche fährt ihn seine Mutter Sabine zum Trainingsplatz, der gut eine halbe Stunde Fahrzeit von der elterlichen Wohnung in Bredenbeck entfernt liegt. Als es in Havelse zu Beginn von Jannis viertem TSV-Jahr in der Vorbereitungsphase keine Trainingsmöglichkeit gibt, tritt seine Mutter, so formuliert sie es schmunzelnd im Gespräch mit dem Fußball-Journal Niedersachsen, in den Streik. „Da hätten wir von unserem Wohnort rund 60 Kilometer nach Fuhrberg bei Celle fahren müssen, das wäre zeitlich nicht möglich gewesen. Dadurch ist er wieder zu 96 ins näher gelegene Hannover gegangen“, ergänzt Vater Ralf und sinniert über den ersten einer ganzen Reihe von Zufällen. „Wenn er in Havelse weitergespielt hätte, wer weiß, was aus ihm geworden wäre?“

Deutscher Meister zu werden, war von Anfang an mein Ziel

Statt mit Havelse in der Landesliga bestreitet Janni nun sein erstes B-Jugendjahr mit Hannover 96 in der Niedersachsenliga. Nicht nur Liga und Umfeld sind neu, auch die Position: Trainer Thomas Reh stellt den inzwischen 1,93 Meter großen Schlacks in die Innenverteidigung. Dort überzeugt er auf Anhieb und rückt erstmals so richtig in den Fokus von NFV-Verbandssportlehrer Wulf-Rüdiger Müller, der ihn im September 2013 zu einem Nachsichtungslehrgang einlädt. Unter den 36 Spielern des Jahrganges 1998 sticht Janni derart heraus, dass am Ende der zweitägigen Maßnahme feststeht: Für die im Oktober anstehende Bulgarienreise der niedersächsischen U 16-Auswahl hat er, der zuvor noch nie ein Auswahlspiel bestritten hat, seinen Platz im 16-Mann-Kader sicher.

In den Partien gegen Botev Plovdiv und die U 16-Nationalmannschaft des Gastgeberlandes rechtfertigt er Müllers Vertrauen und ist ab diesem Zeitpunkt in der Innenverteidigung gesetzt. So reist er gut sechs Monate später als Stammspieler zum Norddeutschen Länderpokal nach Hamburg. Unter die Zuschauer auf der Anlage des TuS Germania Schnelsen hat sich auch Danny Bachmann gemischt, der neben seinem Geschäftsführer-Job beim JFV Northeim als Spielerberater arbeitet und der durch das Telefonat mit Ralf Serra auf dessen Filius neugierig geworden ist.

Was Bachmann sieht, gefällt ihm und führt dazu, dass er Hannes Wolf, den Trainer der U 17 von Borussia Dortmund, kontaktiert. Jetzt geht alles ganz schnell. Gut zwei Wochen später, Ende April 2014, reist Wolf zum DFB-Länderpokalturnier nach Duisburg, um Janni unter die Lupe zu nehmen. „Wir waren auf der Suche nach einem Innenverteidiger. Die Situation im U 17-Bereich ist nicht so ganz einfach, weil sehr viele Spieler vertraglich bereits gebunden sind. Das war bei Janni nicht der Fall“, sagt Wolf im Gespräch mit dem Fußball-Journal Niedersachsen.

Serra spielt erneut ein gutes Turnier und wird am Ende sogar für einen DFB-Lehrgang nominiert. Auch Wolf und der BVB wollen ihn, sind aber nicht alleine. Bereits vor Duisburg hatte St. Pauli um ihn gebuhlt, zusammen mit seinen Eltern hatte sich Janni das Internat des Kiez-Klubs angeschaut. Der VfL Wolfsburg bekundet ebenfalls Interesse und nicht zuletzt hat Janni natürlich die Möglichkeit, in Hannover zu bleiben. Doch diese Option kommt für ihn nicht in Frage: „Bei 96 ist es sehr schwer nach oben zu kommen, der letzte war Konstantin Rausch vor zehn Jahren. Anders ist die Situation beim BVB: Mario Götze wurde hier hochgeholt, auch Jonas Hofmann kommt aus der eigenen Jugend“, begründet Janni gegenüber dem Fußball-Journal Niedersachsen sein Jawort für den Revierklub.

Im Juni 2014, gerade mal zwei Monate nach dem Telefonat seines Vaters mit Danny Bachmann, zieht er ins Jugendhaus des BVB. Auf Anhieb entwickelt sich Janni zur Stammkraft, darf am 3. Spieltag sogar seinen ersten Treffer für Schwarz-Gelb bejubeln. Per Kopf trifft der aufgerückte Innenverteidiger gegen den Dortmunder Erzrivalen Schalke 04 zum 1:1-Ausgleich (Endstand 2:2). Allerdings hat dieser Treffer keinerlei Auswirkungen auf jene Entscheidung, die sein Trainer sieben Spieltage später treffen wird, und die die Karriere des Janni Serra katapultartig beschleunigt. Zwar spielte der Neuzugang aus Niedersachsen, so sein Trainer, „die Innenverteidigerposition von Anfang an mit der Risikobereitschaft eines Stürmers“, doch die Idee, ihn in den Angriff zu beordern, wurde erst aus der Not heraus geboren. Dortmund, 8. November 2014: Gegen den Tabellenletzten Viktoria Köln liegt die Wolf-Truppe zur Halbzeit mit 0:1 zurück. „Angesichts des Spielstandes haben wir das gemacht, was man in solchen Situationen macht, nämlich den längsten Spieler nach vorne gestellt“, berichtet Wolf. Er setzt auf die körperliche Präsenz seiner Nummer 16 und liegt damit goldrichtig. Auf einmal hat seine Mannschaft Chancen im Minutentakt und Janni dreht mit zwei Treffern das Spiel.

„Wir waren begeistert von den Lösungen, die er da vorne angeboten hat“, sagt Wolf. Um zu überprüfen, ob sich dieser Schachzug als Dauerlösung eignet, bietet das Dortmunder Trainerteam Serra eine Woche später beim Auswärtsspiel gegen Borussia Mönchengladbach erstmals von Anfang an im Sturm auf. Und wird abermals nicht enttäuscht: Ein Treffer und mehrere Torvorlagen stehen nach Abpfiff in der Statistik von Janni. „Wir haben da 6:0 gewonnen, was in Gladbach eigentlich nicht normal ist. Ab diesem Spiel war es dann eigentlich klar, dass wir mit ihm als Stürmer weitermachen“, sagt der 34-jährige Wolf, der in seiner Jugend bei Borussia Dortmund und auf seinen weiteren Stationen (u.a. TuS Iserlohn, 1. FC Nürnberg Amateure, Schwarz-Weiß Essen) selbst Angreifer war.

Wiederum eine Woche später erzielt Serra das „goldene Tor“ beim 1:0 über Rot-Weiß Essen und trifft auch in den folgenden Monaten wie am Fließband. Folgerichtig wird der Deutsche Fußball-Bund erneut auf ihn aufmerksam. War er als Innenverteidiger bei dem DFB-Lehrgang nach Duisburg noch durchs Raster gefallen, so startet er als Stürmer im Nationalteam durch. Am 23. März 2015, zehn Tage nach seinem 17. Geburtstag, feiert er vor 3.000 Zuschauern in Marburg sein Debüt im Adlertrikot. Beim 3:0-Erfolg gegen die Ukraine steht er in der Startelf, muss aber nach 41 Minuten für Johannes Eggestein (Werder Bremen) weichen. Und damit für jenen Mitspieler, mit dem er vor den Toren Hannovers aufgewachsen ist. Gemeinsam spielten sie beim TSV Havelse, gemeinsam wurden sie am Stützpunkt Barsinghausen gefördert, gemeinsam feierten sie 2011 die niedersächsische U 13-Hallenmeisterschaft (Avacon-Cup) – vor den favorisierten Leistungszentren der Bundesligisten.

Zu diesem Zeitpunkt hätte wohl niemand damit gerechnet, dass beide einmal Konkurrenten im Sturm des Nationalteams werden würden. Während bei Serra das Talent eher versteckt war, ist es bei Eggestein früh unverkennbar. „Johannes hat diese körperliche Entwicklung sozusagen peu à peu erlebt. Er war immer ein überragender Fußballer, balltechnisch und spielerisch sehr gewandt. Er hatte immer einen Torjägerstatus“, erklärt Ralf Serra.

Die einstigen Stützpunktkameraden, deren Wege anschließend so unterschiedlich verlaufen sind, stehen beide im deutschen Kader für die U 17-Europameisterschaft, die im Mai 2015 in Bulgarien ausgetragen wird. Während des Turniers lässt DFB-Trainer Christian Wück rotieren. Mal nominiert er Serra für die Startelf, wie im Halbfinale gegen Russland (1:0), mal vertraut er Eggestein, wie im Finale gegen Frankreich (1:4). Dass Serra gegen die Franzosen zunächst auf der Bank sitzt, überrascht, denn schließlich war es der Dortmunder, der mit seinem spektakulären Kopfballtreffer aus gut elf Metern für den Finaleinzug gesorgt hatte.

Auch wenn die EM-Teilnahme und das Halbfinaltor in Jannis Vita eine hervorstechende Rolle einnehmen, bedeuten sie nicht den bisherigen Höhepunkt in seiner Karriere. „Das war ganz klar die Meisterschaft mit Borussia Dortmund. Deutscher Meister zu werden, war von Anfang an mein Ziel“, sagt Janni und verschweigt dabei seinen eigenen Lorbeer. Einmal mehr wurde das Endspiel um den Titel gegen den Südmeister VfB Stuttgart zu einer Story mit ihm als Hauptdarsteller.

Denn zunächst ließ Hannes Wolf seinen besten Schützen (18 Tore in 24 Spielen), der bis dahin immer von Anfang an gespielt hatte, auf der Bank. „Nach der Europameisterschaft hat er selbst gemerkt, dass er ein wenig müde war. Deshalb haben wir uns entschieden, ihn erst in der Phase einzuwechseln, in der das Spiel entschieden wird“, erklärte Wolf gegenüber dfb.de. Als es dann soweit war, nach 48 Minuten wurde Janni Serra eingewechselt, ging die Rechnung des Dortmunder Trainerteams auf. Mit zwei Treffern sowie einer Vorlage avancierte der junge Niedersachse zum Trumpfass. Am Ende gewann Dortmund mit 4:0, feierte die Wiederholung des Vorjahrestriumphes und den sechsten deutschen B-Juniorentitel insgesamt. Wie fundamental hierfür die Umschulung des Innenverteidigers Janni Serra zum Stürmer war, betonte Hannes Wolf gegenüber dfb.de: „Unter dem Strich muss man sagen, dass es sicher die wichtigste Entscheidung der Saison war.“

Dortmund, 13. September 2015: An diesem Sonntagvormittag ist alles ein wenig anders als sonst. 540 Zuschauer, so viele sind es sonst nie, sind gekommen. Auch die Bratwurstbude vor dem Eingangsbereich ist ein ungewohnter Anblick. Auslöser des Szenarios ist das Heimspiel gegen Schalke 04. Schwarz-Gelb gegen Königsblau zieht in jeder Altersklasse das Interesse auf sich. Für Janni, seit Saisonbeginn im ersten A-Jugendjahr und deshalb jetzt in der U 19 am Ball, ist es nicht nur wegen des Derbycharakters ein besonders Spiel. Denn es ist das erste, seitdem er von den Profis wieder runtergekommen ist. Sieben Tage hat er mit ihnen unter der Regie von Thomas Tuchel trainiert. Möglich gemacht hat dies die Länderspielwoche, in der der BVB viele Spieler für die jeweiligen Nationalmannschaften abstellen musste, so dass der Trainingskader mit sieben Akteuren aus der U 19 aufgefüllt wurde. Eine Premiere ist das Profi-Erlebnis für Janni aber nicht. Bereits unter Tuchel-Vorgänger Jürgen Klopp wurde er hin und wieder hochgeholt. „Er hat sich richtig darüber gefreut, wenn mir im Training eine gute Aktion gelungen ist. Die hat er dann richtig abgefeiert“, erinnert sich Serra an den charismatischen Coach, der auch Einzelgespräche mit ihm geführt hat.

„Sehr, sehr freundlich“, sei auch Tuchel, den der Nachwuchsstürmer als „absoluten Perfektionisten“ wahrgenommen hat. „Er achtet bei jeder Übung aufs kleinste Detail. Sei es Passspiel, sei es richtiger Fuß“, sagt Janni, für den das Highlight der Trainingswoche sein erster Einsatz im Profiteam war. Vor über 25.000 Zuschauern kam er im Gastspiel bei St. Pauli in der 64. Minute für Adnan Januzaj auf’s Feld. „In den ersten Minuten habe ich erstmal gar nichts gecheckt“, erinnert sich Janni an das Gefühl vor der beeindruckenden Kulisse des Hamburger Millerntors mit Größen wie Roman Weidenfeller, Gonzalo Castro, Marcel Schmelzer oder Neven Subotic auf dem Platz zu stehen.

Fünf Tage später ist er wieder zurück in der U 19. Nach dem Spiel gegen Schalke, einem 0:0 der besseren Sorte, unterhält sich Janni lange mit Danny Bachmann, der ihn inzwischen berät. Währenddessen bittet BVB-Pädagoge Matthias Roeben seine Eltern zum Gespräch. Wie fast zu jedem Heimspiel sind Sabine und Ralf Serra auch an diesem Tag aus Bredenbeck angereist. Roeben möchte mit ihnen einen Termin vereinbaren, bei dem die kommenden Schulwochen besprochen werden. Denn für Janni ist es nicht leicht, Fußball und Schule unter einen Hut zu bekommen. So hat er durch die Zeit bei den Profis mal wieder eine Woche im Unterricht gefehlt, musste aber zwei Klausuren schreiben. Besonders happig war’s nach dem St. Pauli-Spiel. „Ich war um 23 Uhr wieder zu Hause und habe dann noch bis drei Uhr nachts für die Bio-Klausur am nächsten Morgen gelernt“, berichtet Janni, der in die 13. Klasse geht und sich damit im Abiturjahr befindet.

13. Klasse mit 17? „Janni ist nach der 10. Klasse vom Otto-Hahn-Gymnasium in Springe an die Geschwister-Scholl-Gesamtschule in Dortmund gewechselt. Die Einführungsphase der 10. Klasse eines Gymnasiums in Niedersachsen findet in einer nordrhein-westfälischen Gesamtschule in Klasse 11 statt. Deshalb hat er in Dortmund gleich mit der 12. Klasse begonnen“, erklärt Vater Ralf. Die Folge: Janni ist mit Abstand der Jüngste seines Abiturjahrganges, was die Aufgabe nicht eben leichter macht. Sollte er an der U 17-Weltmeisterschaft teilnehmen, die vom 17. Oktober bis 8. November in Chile ausgetragen wird, würde er erneut vier Wochen fehlen.

Bis auf Dienstag steht an jedem Tag ab 18 Uhr eine Trainingseinheit auf dem Programm. Neben Schule und Fußball bleibt deshalb wenig Zeit für andere Dinge. „In der Freizeit gehe ich gerne ins Kino oder wir fahren mit dem Auto einfach durch die Stadt“, sagt Janni. Am Steuer sitzt dann sein U 19-Mitspieler Hayrullah Alici, der bereits einen Führerschein besitzt und der wie Serra im BVB-Jugendhaus wohnt. Dieses ist Teil des Trainingszentrums auf dem Hohenbuschei-Areal im Dortmunder Stadteil Brackel. Das 18 Hektar große Gelände im Osten der Stadt wird seit 2006 vom Ballspielverein Borussia genutzt und beherbergt inzwischen alle trainingsrelevanten und begleitenden Einrichtungen für Profis, Amateure und Jugend unter einem Dach.

Im BVB-Jugendhaus wohnen derzeit 22 auswärtige Spieler. Die meisten sind im A- und B-Juniorenalter, einer spielt in der C-Jugend. „Momentan sind wir ausverkauft“, sagt Janni, der sich seit seinem Einzug im Juni 2014 mit Miguel Blanco Lopez ein Appartement teilt. Miguel kommt aus Köln und spielt momentan in der U 17. Betreut werden die Spieler von den „Herbergseltern“ Cornelia und Matthias Kleinsteiber, die mit ihren beiden Kindern ebenfalls im Haus wohnen. Während sich der ehemalige Torwart Matthias, der 1996 mit Borussias A-Jugend Deutscher Meister wurde und später vier Zweitligapartien für Rot-Weiß Oberhausen bestritt, um die sportlichen Belange des BVB-Regionalligateams kümmert, ist Cornelia eher Ansprechpartnerin für die Seele der Jugendlichen. „Bei emotionalen Sachen gehe ich zu Conny“, sagt Janni. Die Schulter der gelernten Erzieherin war für ihn auch in einer der bittersten Stunden seines bisherigen Lebens zur Stelle, als er erfuhr, dass ein ehemaliger Mitspieler im Alter von 16 Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist.

Die Tragödie ereignete sich vor dem Gladbach-Spiel, also jenem Spiel, in dem es für Janni darum ging, ob er weiterhin im Sturm eingesetzt wird oder nicht. Nach seinem Kopfballtreffer lief die komplette Elf auf ihn zu – ein bewegender Moment für alle. Auch für seinen Trainer Hannes Wolf, der an Janni neben der fußballerischen Qualität „seine Persönlichkeit, seine Haltung und seine Bereitschaft, an sich zu arbeiten“ schätzt. In welchen Bereichen sich der Nachwuchsstürmer noch verbessern muss? „Er muss noch sauberer werden unter Druck, im taktischen Bereich noch mehr Räume erkennen und in den Dingen, die er da vorne macht, mehr Konstanz reinbringen“, sagt Hannes Wolf, der 2012 die Fußball-Lehrer-Lizenz erwarb und nach vier Jahren U 17 zu Saisonbeginn die U 19 übernommen hat.

Am 13. März 2016 wird Janni Serra 18 Jahre jung. Was er sich für diesen Tag wünscht? „Ich glaube, das ist ein Sonntag. Deshalb drei Punkte, was sonst?“ antwortet er in seiner typischen Art. Direkt, schnörkellos und auf den Fußball fokussiert.