Finaltag der Amateure |27.05.2016|12:30

Ahlen & Wattenscheid: Zurück auf großer Bühne

Treffen beim Finaltag der Amateure aufeinander: Ahlens Kapitän Felix Backszat (links) und Wattenscheids Toptorjäger Güngör Kaya. [Foto: Imago / Collage: FUSSBALL.DE]

Im Endspiel um den Westfalenpokal treffen am Samstag (ab 12.30 Uhr, live in der ARD) mit den beiden West-Regionalligisten Rot Weiss Ahlen und SG Wattenscheid 09 zwei ehemalige Profiklubs im Ahlener Wersestadion aufeinander. Die Gastgeber spielten von 2000 bis 2006 (damals noch als LR Ahlen) sowie von 2008 bis 2010 in der 2. Bundesliga, schnupperten zwischenzeitlich sogar am Aufstieg. Wattenscheid 09 war zwischen 1990 und 1994 unter der Regie von Trainer und Ex-Nationalspieler Hannes Bongartz sogar erstklassig, besiegte dort auch den FC Bayern München. Außerdem gehörten die über Jahrzehnte vom 2009 verstorbenen Textilfabrikanten Klaus Steilmann geführten Schwarz-Weißen 20 Jahre der 2. Bundesliga an, belegen in der „Ewigen Tabelle“ immer noch Platz 13 (mit 1021 Punkten).

Ursprünglich sollte die Partie im Rahmen des Finaltags der Amateure im umgebauten Stadion des Ligakonkurrenten SC Verl an der Poststraße ausgetragen werden. Da sich die Umbaumaßnahmen jedoch verzögerten, wurde der Spielort per Losentscheid ermittelt. Die Ahlener hatten Glück, dürfen die SGW nun vor eigenem Publikum empfangen. Beide Klubs, die zwischenzeitlich bis in die 5. (Ahlen) und sogar 6. Liga (Wattenscheid) abgerutscht waren, kehren nun durch die Live-Konferenz in der ARD auf die große Fußballbühne zurück. Weitere Gemeinsamkeit: Beide Vereine sind finanziell nicht auf Rosen gebettet, so dass die Zusatz-Einnahmen durch den DFB-Pokal äußerst willkommen wären.

"Wir sind sehr glücklich, dass wir im Finale stehen. Jetzt werden wir alles geben, um uns für den DFB-Pokal zu qualifizieren"

Rot Weiss Ahlen

Für die Ahlener, die ihr Endspiel-Ticket durch einen hart erkämpften 1:0-Heimerfolg nach Verlängerung gegen den Westfalen-Oberligisten SV Lippstadt 08 gelöst hatten, enden mit dem „Finale dahoam“ äußerst turbulente Wochen. Sportlich legten die Münsterländer zwar eine starke Rückserie hin (nur sechs Vereine im Westen holten 2016 mehr Punkte), sorgten aber auch unter anderem durch ein schon seit Jahren laufendes Insolvenzverfahren, angeblich verspätete Gehaltszahlungen sowie öffentliche Protestaktionen der Mannschaft für einige Negativschlagzeilen.

Als dann durch eine Niederlagenserie im Saisonendspurt auch noch der schon sicher geglaubte Klassenverbleib in höchste Gefahr geriet, reagierte der Verein mit der Trennung von Aufstiegstrainer Marco Antwerpen und der Suspendierung von Kapitän Felix Backszat. Beide werden in der nächsten Saison für den Ligakonkurrenten FC Viktoria Köln tätig sein. Unter der Regie des vorherigen U 19-Trainers Andree Kruphölter brachten sich die Ahlener am letzten Spieltag durch ein 2:1 bei Vizemeister Borussia Mönchengladbach U 23 doch noch aus eigener Kraft in Sicherheit, können sich jetzt richtig auf das Pokalfinale freuen.

Dass der beste Aufsteiger der abgelaufenen Regionalliga West -Saison Nehmerqualitäten besitzt, demonstrierten die Rot Weissen regelmäßig. So kamen sie nach Rückständen noch zu sechs Siegen, sorgten damit für einen Liga-Bestwert. Mit Gianluca Marzullo (vier Tore nach Einwechslungen) stellten sich auch den besten „Joker“ der West-Staffel.

Die wichtigsten Fakten:

Gründung: 1. Juni 1996

Mitgliederzahl: 779

Liga-Zugehörigkeit: Regionalliga West

Trainer: Andree Kruphölter

Ligatoptorjäger: Gianluca Marzullo, Cihan Yilmaz (beide zehn Saisontreffer)

Größter Erfolg der Vereinsgeschichte: Aufstieg in die 2. Bundesliga (2000 und 2008)

Weg ins Finale: VfL Kemminghausen (4:0), Concordia Wiemelhausen (6:5 n.E.), SpVg Brakel (4:1), SC Wiedenbrück (2:1 n.V.), SV Lippstadt 08 (1:0 n.V.)


SG Wattenscheid 09

Die SG Wattenscheid 09 musste im Pokal-Halbfinale gegen den Westfalenligisten Delbrücker SC (6. Liga) sogar ins Elfmeterschießen (3:2). Mann des Tages war der etatmäßige Ersatztorhüter Bruno Donnici, der gleich drei Elfmeter der Delbrücker entschärfte und danach unter einer schwarz-weißen Jubeltraube aus Spielern und Fans begraben wurde. In der Regionalliga kam der 23-jährige Deutsch-Italiener nur zweimal zum Einsatz.

Die Mannschaft von SGW-Trainer Farat Toku tritt mit guten Erinnerungen zum Finale in Ahlen an. In der Meisterschaft hatten die Lohrheide-Kicker nach einem turbulenten Spiel (5:3) alle drei Punkte aus dem Wersestadion entführt. Im Rückspiel setzte es jedoch eine 1:3-Heimniederlage im Lohrheidestadion. „Wir sind sehr glücklich, dass wir im Finale stehen. Jetzt werden wir alles geben, um uns für den DFB-Pokal zu qualifizieren“, so Toku.

Nach einer unter dem Strich überraschend positiven Saison, in der die Wattenscheider lange Zeit sogar in der Spitzengruppe mitgemischt hatten (am Ende Platz acht), machen sich auch in der Lohrheide finanzielle Zwänge bemerkbar. Zahlreiche Leistungsträger haben bereits ihren Abschied angekündigt. Top-Torjäger Güngör Kaya (16 Saisontreffer) wechselt zum Ligakonkurrenten Rot-Weiß Oberhausen, Mittelfeldspieler Necirwan Khalil Mohammad zu Alemannia Aachen , Kapitän Mario Klinger geht mit dem FC Kray in die Oberliga Niederrhein . Innenverteidiger Adrian Schneider zieht es zum Südwest-Regionalligisten Eintracht Trier. Auch Rechtsverteidiger Christopher Braun und Mittelfeldmann Jan-Steffen Meier werden den Verein verlassen. Für die alle wird das Pokalfinale zum Abschiedsspiel.

Zwar konnten unter anderem Top-Scorer Manuel Glowacz (zwölf Tore, 17 Vorlagen) und Angreifer Nico Buckmaier (elf Treffer) weiter an den Verein gebunden werden. Ob die SG Wattenscheid 09 jedoch mit einer erneut stark veränderten Mannschaft wieder eine so gute Rolle spielen kann, ist zumindest fraglich.

Zunächst gilt die volle Konzentration jedoch dem abschließenden Saison-Höhepunkt in Ahlen, für den die Wattenscheider einen eigenen Trikotsponsor gewinnen konnten, so dass schon mal zusätzliche Gelder in die Kasse kommen. Bei einem Finalsieg würde sich die SGW erstmals nach fast elf Jahren wieder für den DFB-Pokal qualifizieren. Zu Beginn der Saison 2005/2006 gab es ein 1:3 gegen den Bundesligisten SV Werder Bremen.

Die wichtigsten Fakten:

Gründung: 9. August 1909

Mitgliederzahl: 1.000

Liga-Zugehörigkeit: Regionalliga West

Trainer: Farat Toku

Ligatoptorjäger: Güngör Kaya (16 Saisontreffer)

Größter Erfolg der Vereinsgeschichte: Aufstieg in die 1. Bundesliga 1990

Weg ins Finale: SV Rothemühle (10:0), TuS Erndtebrück (1:0), TBV Lemgo (3:0 n.V.), SC Hassel (2:1), Delbrücker SC (3:2 n.E.)