Gemeinsam gegen die Flut: Braunsbach gerettet
Bilder der Zerstörung: So sah es im Juni in Braunsbach aus. [Foto: Fotos privat; Collage FUSSBALL.DE]
Wie jeder im weiten Rund des Augsburger Stadions verfolgte auch Matthias Schöck, wie sich diese gewaltigen Gewitterwolken auftürmten. Schöck wollte den vorletzten Probelauf vor dem Ernstfall begutachten. Das Spiel gegen die Slowakei. Doch Löws EM-Test fiel ins Wasser. Kurz vor der Halbzeit des Benefizländerspiels brach ein krachendes Unwetter über Augsburg los, Hagelkörner und Hektorliter Niederschläge, Schiedsrichter Serge Gumienny sah sich gezwungen, die Halbzeitpause um 25 Minuten zu verlängern. Und der Präsident des Württembergischen Fußballverbandes (wfv) ahnte da schon, dass etliche seiner Vereine in dieser Nacht und am folgenden Tag absaufen würden. Jetzt konnte er – dank des Augsburger Geldes – einem Klub helfen.
„Für mich schließt sich an heute ein Kreis“, sagte Schöck, als er jetzt dem Vorstand des TSV Braunsbach einen Scheck in Höhe von 10.000 Euro überreichte. DFB-Ehrenmitglied Rudi Krämer begleitete Schöck. Die eine Hälfte des Geldes stammte aus den Erträgen des Augsburger Benefizländerspiels, das die deutsche Nationalmannschaft seit nun schon drei Jahrzehnten im Dienste der guten Sache bestreitet. Veranstalter der Partie ist seit 2001 die DFB-Stiftung Egidius Braun. Die andere Hälfte in Höhe von 5000 Euro kam vom wfv, der unter seinen Vereinen im Sommer spontan eine Spendenaktion ins Leben gerufen hatte.
Fünf Tage vor der Unwetterkatastrophe war in Braunsbach, einer Ortschaft nördlich von Schwäbisch Hall, der Umbau des alten Sportplatzes in einen Sportpark abgeschlossen. Herzstück: der in rund 6000 Arbeitsstunden errichtete Kunstrasenplatz. Dann öffnete der Himmel seine Schleusen. 180 Liter Regen pro Quadratmeter ließen eine Flut anschwellen, die den 2500-Einwohner-Ort und dessen Sportanlage schwer verwüstete. Braunsburg liegt an der Kocher, einem malerischen Gewässer, dem zweitgrößten Nebenfluss des Neckars. Berüchtigt für seine Hochwasser.
Dramatische Stunden im Klubhaus
"Die Zerstörungen am Sportplatz wurden zu einer Nebensächlichkeit in Anbetracht dessen, was im Ort zu sehen war"
TSV-Spieler Heiko Dietrich berichtete bei der Scheckübergabe über die Ereignisse. Einige Fußballer hatten es sich nach der Rückkehr von einem Auswärtsspiel im Vereinsheim „TSV-Gärtle“ gemütlich gemacht, um noch das abendliche Länderspiel Deutschland – Slowakei zu verfolgen. Dramatische Stunden nicht am TV, sondern vor Ort sollten folgen. Der mit Übertragungsbeginn einsetzende Starkregen machte eine Rückkehr in den Ort unmöglich, weil das direkt an der Kocher gelegene Sportgelände nebst Parkplatz innerhalb weniger Minuten überflutet wurde. Der direkt hinter dem Gebäude meterhoch aufgeschüttete, neue Stützhang des Kunstrasens drohte abzurutschen.
Inzwischen erreichten die im Dachgeschoss Eingeschlossenen via Smartphone erste dramatische Berichte und Bilder aus dem Ort. Die unfreiwillige, sorgenvolle Nacht im Vereinsheim endete erst früh morgens um sechs Uhr, als die Fußballer in ihren von Geröll, Baumstämmen, Schlamm und Schutt völlig verwüsteten Ortskern und zu ihren Familien zurückkehrten. „Die Zerstörungen am Sportplatz wurden zu einer Nebensächlichkeit in Anbetracht dessen, was im Ort zu sehen war“, ergänzt Heiko Dietrich. Es sei ein Wunder, dass es insgesamt nur vier Leichtverletzte gab.
Rudi Krämer, der zuvor schon einmal persönlich in Braunsbach war, verwies darauf, dass „Fußball eben mehr sei als ein 1:0“ und dieses Lebensmotto von Egidius Braun für die DFB-Stiftung zugleich eine große Verpflichtung darstelle. Er zeigte sich beeindruckt vom Zusammenhalt der Braunsbacher Bevölkerung im Rahmen des Wiederaufbaus. Gerade im Fußball gebe es dieses „Wir-Gefühl“. Gemeinsam gegen die Flut, daran beteiligte sich auch die gesamte Fußballfamilie. Denn es gab noch eine weitere Spende.
„Dorfklub hilft Dorfklub“, unter diesem Motto überreichte der Überraschungsgast des Abends, der Präsident des Drittligisten SG Sonnenhof Großaspach, Werner Benignus, dem Verein ebenfalls einen Scheck in Höhe von 3.494 Euro. Dies verbunden mit der Zusage eines Benefizspiels der SG im Sommer 2017 gegen einen namhaften Gegner auf dem TSV-Rasenplatz. Der dank der Spendengelder bis dahin wieder völlig hergestellt sein dürfte.