Familienbande |22.02.2017|16:35

Tobias Trulsen: Schauspieler und Pauli-Coach

Einst wurde Andre Trulsen auf St. Pauli auf Händen getragen. Heute ist sein Sohn Tobias als Jugendtrainer zurückgekehrt. [Foto: Fotos Getty, privat; Collage FUSSBALL.DE]

Fußball-Legenden hat der FC St. Pauli so einige. Neben Holger Stanislawski, Klaus Thomforde, Volker Ippig und natürlich Walter Frosch gehört auch André Trulsen zu den ehemaligen Spielern des Kiezklubs, die dort heute noch verehrt werden. 14 Jahre lang kickte der „Fußballgott“ am Millerntor und war nach seiner aktiven Laufbahn dort Co- und Cheftrainer. Sohn Tobias könnte einmal in seine Fußstapfen treten, aber nicht als Spieler, sondern als Coach – die neueste Folge unserer Serie Familienbande.

Ein Schauspieler war André Trulsen sicher nie auf dem Platz. Der Innenverteidiger galt eher als bodenständiger Arbeiter, der zuverlässig seine Aufgabe erledigte und es lieber anderen überließ, sich im Glanz des Scheinwerferlichts zu präsentieren. Tobias Trulsen hingegen hat genau das gelernt – der 23-Jährige hat eine Ausbildung zum Schauspieler hinter sich und ist als freischaffender Künstler tätig. „Obwohl ich mittlerweile einige schöne Jobs machen durfte – zum Beispiel zusammen mit Erik Meijer einen Werbeclip für die Brauerei Holsten zu drehen und in einem Video der Sängerin Annett Louisan aufzutreten – ist es recht schwer, an Rollen zu kommen“, sagt Tobias Trulsen. Daher ist er sich gar nicht sicher, ob er weiter von einem Casting zum nächsten wandern oder beruflich noch etwas ganz anderes machen möchte, „zum Beispiel ein Studium in Sportökonomie“.

"Wenn man das so sagen darf, dann hat mein Vater aus wenig ziemlich viel gemacht, denn spielerisch war ich sicher auch talentiert. Er hat es aber mit viel Willen, Arbeit und Einsatz zum Profi gebracht"

Wie einst Papa André fängt Tobias Trulsen beim SV Osdorfer Born mit dem Fußballspielen an. „Zunächst als Torwart“, erinnert er sich. „Dann bin ich aber recht schnell ins Feld gewechselt.“ Die nächsten Stationen heißen SV Lurup, Eimsbütteler TV und Blau-Weiß 96 Schenefeld. In Eimsbüttel kickt er in der höchsten Hamburger Jugendliga, der Sonderklasse, und schlägt sogar den FC St. Pauli. In Schenefeld heißt einer seiner Trainer Thomas Meggle, ebenfalls ein hoch geachteter Ex-Profi vom Millerntor. Bei den Blau-Weißen schafft es Tobias Trulsen zwar bis in die Hamburger Landesliga, muss aber zwischendurch auch runter in die „Zwote“. Nach einem Jahr beim kroatischen Verein FK Nikola Tesla schließt er sich im vorigen Sommer dem TuS Osdorf an. „Hier spiele ich als Sechser oder Innenverteidiger mit der zweiten Mannschaft in der Kreisliga“, berichtet Tobias Trulsen.

Der Vater ist im Süden gelandet

Fußball ist ihm sehr wichtig, auch wenn ihm, im Gegensatz zum Vater, keine Profikarriere vergönnt ist. Allerdings haben sich bei ihm inzwischen die Prioritäten verschoben. Er will anderen, noch jüngeren Fußballern auf dem Platz etwas vermitteln – als Trainer. „Aktuell betreue ich beim FC St. Pauli die E-Jugend. Die Aufgabe bereitet mir richtig viel Freude und Motivation“, sagt Tobias Trulsen. „Die Kids sind mir sehr ans Herz gewachsen, die Trainertätigkeit ist mir daher wichtiger als selber Fußball zu spielen. Wenn sich ein Spiel oder ein Turnier meiner Jugendmannschaft mit einer Partie von TuS Osdorf überschneidet, dann verzichte ich darauf, selber spielen zu können.“

Um als Coach weiter aufsteigen zu können, möchte er in nächster Zeit die erforderlichen Trainerlizenzen erwerben. Ob und wie ihm sein Vater mit seinen Beziehungen im Fußball weiter helfen und wichtige Türen öffnen kann, wird er sehen. Ins Profigeschäft konnte er jedenfalls nicht nur auf St. Pauli hineinschnuppern, sondern auch in Köln und Hoffenheim, wo André Trulsen seinem alten Kiez-Kumpel Holger Stanislawski auf der Bank assistierte. „Als Fußballer war und ist mir mein Vater immer noch ein absolutes Vorbild“, sagt Tobias Trulsen. „Wenn man das so sagen darf, dann hat er aus wenig ziemlich viel gemacht, denn spielerisch war ich sicher auch talentiert. Er hat es aber mit viel Willen, Arbeit und Einsatz zum Profi gebracht und ist abseits des Platzes wegen seiner bescheidenen Art hier immer noch sehr beliebt.“

Zurzeit ist Vater Trulsen allerdings vereinslos, sein letzter Verein war bis November 2015 der VfB Stuttgart, wo er als „Co“ unter Chefcoach Alexander Zorniger tätig war. André Trulsen lebt nach wie vor in Süddeutschland, von wo aus er engen Kontakt zu Sohnemann Tobias hält. Noch am vorletzten Wochenende schaute er beim Viertelfinale der Hamburger Hallenstadtmeisterschaften für E-Junioren vorbei. Wer weiß, vielleicht trainieren ja irgendwann einmal Vater und Sohn gemeinsam eine Mannschaft – auf St. Pauli genießt der Name Trulsen jedenfalls nach wie vor einen sehr guten Ruf.