Jenas Klingbeil: "Geiles Duell" am Geburtstag
Treffpunkt DFB-Pokal: Rene Klingbeil (links) misst sich mit Bayern Münchens Juan Bernat. [Foto: Getty Images]
Am Sonntag ab 14.05 Uhr (live im MDR) ist es soweit: In der Regionalliga Nordost steigt das Spitzenspiel zwischen dem Tabellenzweiten FC Energie Cottbus und Ligaprimus FC Carl Zeiss Jena. Vor dem Gipfeltreffen im Rahmen des 26. Spieltages hat Jena vor allem dank der herausragenden Defensive (erst 13 Gegentore) die bessere Ausgangsposition, während Ex-Bundesligist Cottbus im Titelrennen nur ein Sieg weiterhilft.
Abwehrchef bei den Gästen aus Thüringen ist René Klingbeil. Der 35-jährige ehemalige Bundesligaspieler des Hamburger SV schnürt seit Sommer 2015 die Fußballschuhe für Jena. In der aktuellen Spielzeit bestritt der gebürtige Berliner alle 25 Ligaspiele von Beginn für die Mannschaft von Jenas Trainer Mark Zimmermann. Am Sonntag hat Klingbeil ausgerechnet an seinem 36. Geburtstag die Chance, einen wichtigen Schritt Richtung Staffelmeisterschaft zu machen.
Im aktuellen FUSSBALL.DE -Interview spricht René Klingbeil über das Duell mit dem ärgsten Verfolger, die Zutaten für einen Aufstieg, seinen Wechsel auf die Innenverteidigerposition, Duelle mit Roy Makaay und Kevin Kuranyi sowie das beste Erlebnis seiner Karriere.
FUSSBALL.DE: Am Sonntag steigt das Gipfeltreffen zwischen dem FC Energie Cottbus und dem FC Carl Zeiss Jena. Sind sie mit fast 36 Jahren und nach bald 500 Pflichtspielen - darunter 50 Bundesligaspiele und zwei Champions League-Einsätze - vor einem solchen Spiel noch nervös, Herr Klingbeil?
"Nervös bin ich nicht. Es wird aber mit Sicherheit ein geiles Duell, die Vorfreude ist riesig"
René Klingbeil: Nervös bin ich nicht. Es wird aber mit Sicherheit ein geiles Duell, die Vorfreude ist riesig. Ich habe bereits mit dem HSV in der Bundesliga und mit dem FC Erzgebirge Aue in der 2. Liga gegen Cottbus gespielt. Im Stadion der Freundschaft herrscht eine besondere Stimmung, die ich auf keinen Fall verpassen wollte. Mein Einsatz hing nämlich am seidenen Faden.
Warum?
Klingbeil: Ich schleppe bereits seit vier Spielen vier Gelbe Karten mit mir herum, bei der fünften Verwarnung wäre ich gesperrt gewesen und hätte zusehen müssen. Das wollte ich unbedingt vermeiden und bin froh, dass es geklappt hat. So kann ich an meinem Geburtstag dafür sorgen, dass wir etwas Zählbares aus Cottbus mit nach Jena nehmen.
Können Sie heute noch von den Erfahrungen aus Duellen gegen Roy Makaay vom FC Bayern München oder Ex-Nationalspieler Kevin Kuryani, der früher unter anderem für den FC Schalke 04 am Ball war, profitieren?
Klingbeil: Klar, dadurch wird man ruhiger. Wenn man sich mit solchen Topstürmern gemessen hat, dann weiß man, worauf es ankommt. Deshalb mache ich mich nicht mehr verrückt und verfüge über einen großen Erfahrungsschatz. Diesen möchte ich an meine Mitspieler weitergeben und sie stärken.
Bereiten Sie sich besonders auf das Topduell vor?
Klingbeil: Nein, wir werden nichts an den normalen Abläufen verändern. Das ist auch nicht nötig, für so ein Spitzenspiel muss keiner zusätzlich motiviert werden. Dafür brennen alle.
Wo sehen Sie die Stärken des FC Energie?
Klingbeil: Cottbus verfügt über eine wuchtige Mannschaft. Schon beim 0:0 im Hinspiel hat uns Energie kaum Luft zum Atmen gelassen und ständig gepresst. Auf den Außenpositionen sorgt unter anderem Björn Ziegenbein, der ebenfalls sehr erfahren ist und auch schon höherklassig gespielt hat, für viel Druck.
Wo liegen die Vorteile des FC Carl Zeiss?
Klingbeil: Uns zeichnet vor allem die mannschaftliche Geschlossenheit aus. Wir sind ein verschworener Haufen. Auch spielerisch sind wir stark und haben viele Akteure, die über eine hohe Grundschnelligkeit verfügen.
Jena steht bereits seit dem dritten Spieltag ununterbrochen an der Tabellenspitze. Wie schwierig ist es, die Konzentration in jedem Spiel hochzuhalten?
Klingbeil: Ganz ehrlich: Das ist manchmal gar nicht so einfach. Das beste Beispiel war die Auftaktpartie in diesem Jahr, da mussten wir uns dem ZFC Meuselwitz vor eigenem Publikum 1:2 geschlagen geben. Aber im Nachhinein war das vielleicht der entscheidende Weckruf für uns, dass wir kein Stück nachlassen dürfen und in jeder Partie 100 Prozent geben müssen.
Sie sind bereits mit Erzgebirge Aue in die 2. Bundesliga aufgestiegen. Worauf kommt es an, wenn man den Sprung in die nächsthöhere Liga schaffen will?
Klingbeil: Das Wichtigste ist der klare Kopf. Man benötigt Nerven aus Stahl, um die Saison auf dem ersten Platz abzuschließend und dann auch noch die Aufstiegsspiele zu überstehen. Denn Fußball spielen können auch die anderen Staffelmeister. Deshalb wird die mentale Stärke entscheidend sein.
Sie trugen in den ersten sechs Partien die Kapitänsbinde, anschließend hatte René Eckardt das Amt übernommen. Was waren die Gründe?
Klingbeil: René war zu Saisonbeginn mit einer Mittelfußprellung außer Gefecht, da habe ich ihn vertreten. Als er dann wieder auflaufen konnte, war es keine Frage, dass er die Binde übernimmt. Er ist unser etatmäßiger Kapitän. Das ist er auch völlig zurecht, denn René ist gefühlt schon 100 Jahre im Verein. (lacht) Ich unterstütze ihn als sein Stellvertreter mit meiner Erfahrung.
Ihre Karriere haben Sie als linker Verteidiger gestartet, spielen aber mittlerweile in der Defensivzentrale. Wann und warum haben Sie den Positionswechsel vollzogen?
Klingbeil: Das hat sich mit dem zunehmenden Alter ergeben und war ein logischer Prozess. Als junger Spieler ist man schneller und verfügt über einen besseren Antritt. Ich fühle mich auf der zentralen Defensivposition pudelwohl. Es liegt mir, dass ich das Spiel vor mir habe und der Mannschaft beim Spielaufbau helfen kann. Würde mich unser Trainer Mark Zimmermann jetzt noch auf der Außenposition aufstellen, würde ich das für einen Scherz halten. (lacht)
Ihr Vertrag läuft bis zum Sommer. Sollte sich Jena die Staffelmeisterschaft sichern und sich in den Aufstiegsspielen durchsetzen: Würden Sie mit dem FCC das Abenteuer 3. Liga wagen?
Klingbeil: Ich habe bereits erste Gespräche mit unserem Sportdirektor Kenny Verhoene geführt. Aber nach der Saison werde ich erstmal in mich hineinhören und mir überlegen, ob ich noch ein weiteres Jahr dranhänge.
Was war bislang das sportliche Highlight Ihrer Karriere?
Klingbeil: Das war der Aufstieg mit Erzgebirge Aue in die 2. Bundesliga. Ich habe dort von 2008 bis 2015 gespielt, ein Haus gebaut und wohne noch heute mit meiner Familie dort. Mit Aue den Aufstieg zu schaffen, war schon etwas Besonderes.
Haben Sie bereits Pläne für die Zeit nach der Karriere?
Klingbeil: Klar macht man sich Gedanken, ich habe auch mehrere Pläne im Kopf. Ich kann aber noch nicht sagen, wie es weitergeht. Da meine Gedankenspiele zumindest vorerst mein Geheimnis bleiben sollen, kann ich noch nichts verraten.