Watzenborn: 4. Liga dank der Ehrenamtler
Aktuell kämpft er SC Teutonia Watzenborn-Steinberg um den Klassenerhalt, in den vergangenen Jahren gab es für die Fast Riser häufig Grund zum Feiern. [Foto: imago]
Rund 400.000 Menschen in Deutschland engagieren sich ehrenamtlich für den Fußball. Sie sind Vereinsvorsitzende, Abteilungsleiter/innen, Jugendleiter/innen, Schatzmeister/innen. Rechnet man die unzähligen freiwilligen Helfer hinzu – den Platzwart, die Betreuerin der Bambinis, den Papa am Grill, die Mama an der Waschmaschine – sind es zwischen Flensburg und Garmisch-Partenkirchen 1,7 Millionen Menschen, die dafür sorgen, dass der Ball rollt. Die Aktion Ehrenamt des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) feiert im Jahr 2017 ihr 20-jähriges Jubiläum. Zwei Jahrzehnte der Unterstützung aller ehrenamtlich und freiwillig Engagierten. „20 Jahre, 20 Köpfe“: Im Jubiläumsjahr der „Aktion Ehrenamt“ zeigen wir Ihnen einige Verrückte und Vorbilder. Heute: Dominik Fischer, der die Geschäfte des Regionalligaklubs Teutonia Watzenborn-Steinberg führt.
Wenn ein Stadtteilklub aus einer 18.000 Einwohner-Ortschaft zweimal hintereinander Meister wird, denkt man erstmal: „Stark“. Wenn dieser Klub bis in die Regionalliga aufsteigt, denkt man sogar: „Sensationell“. Der SC Teutonia Watzenborn-Steinberg wurde 2014/15 Meister in der Verbandsliga , 2015/16 dann Meister der Hessenliga . Damit nicht genug - seit 2011 hat der Klub acht Meistertitel gefeiert. Auch Teutonias Alte Herren, die 2. Mannschaft und die Junioren können kicken. Jetzt also kämpft man in der Regionalliga Südwest ums Überleben. Drei Spielklassen in zwei Jahren. Alles hat sich verändert.
Doch fragt man Dominik Fischer, wie der wichtigste Erfolgsfaktor der SC Teutonia Watzenborn-Steinberg lautet, spricht der Geschäftsführer erstmal nicht übers große Geld und die zunehmend professionelleren Strukturen. Fischer nennt einen ganz anderen Treiber für Teutonias Titel: „Unser Ehrenamt.“
Dominik Fischers Vater Jörg ist Besitzer eines Ingenieurbüros und Mäzen des Klubs. Schon immer spielten die Fischers Fußball bei der 1926 gegründeten Teutonia, auch schon Dominik Fischers Großvater und Urgroßvater. Der 29-jährige Familienvater Dominik Fischer ist seit 2012 Zweiter Geschäftsführer der SC Teutonia Watzenborn-Steinberg: „Damals war hier fußballerisches Niemandsland.“ Natürlich sei das nachhaltige Investment seines Vaters und weiterer wichtiger Persönlichkeiten der Region ein Hauptgrund für die zwei Meistertitel in Folge. Aber nicht nur, sagt er. „Schon Mitte der neunziger Jahre begann mein Vater, seinen Verein zu unterstützen. Aber bis vor vier Jahren gab es praktisch nur den Vorstand und kaum ehrenamtliche Unterstützung. Den gastronomischen Betrieb an den Spieltagen hatten wir komplett ausgelagert, da verdienten wir kaum dran. Heute haben wir ein zehnköpfiges Funktionsteam, das sich etwa um die Belange der Mannschaft kümmert. Auch unsere Greenkeeper arbeiten ehrenamtlich. Unsere Ehrenamtler sind die wahren Meister.“
"Unsere Ehrenamtler sind auch nach den beiden Aufstiegen nicht geldgeil geworden"
Abstiegskrimi in Trier
Er ist ein paar Tage mit seiner Frau und den beiden Kindern nach Zypern geflogen. Kraft tanken für die letzten entscheidenden Spieltage. Nach einem 2:1-Sieg über die Reserve der TSG Hoffenheim kletterte die Teutonia auf den 16. Tabellenplatz der Regionalliga Südwest. Und witterte Morgenluft. Doch zuletzt setzte es eine Niederlage gegen den Tabellenletzten FC Nöttingen . Das muss man erstmal verkraften. „Die aktuelle Situation ist nicht einfach. Wir kassieren dumme Gegentore“, sagt Teutonias Geschäftsführer. „Bis 2020 wollen wir uns fest in der Regionalliga etablieren, selbst wenn wir dieses Jahr nochmal runter müssen.“ Der Rückstand auf einen Nichtabstiegsplatz beträgt drei Punkte. Am Donnerstag tritt man bei Eintracht Trier an, beim Vorletzten der Regionalliga Südwest. Vielleicht schon eine Vorentscheidung.
Egal wie das Spiel ausgeht, Fischer ist stolz auf seine Ehrenamtler, die etwa dafür sorgen, dass die Heimspiele im Wetzlarer SCT-Sportpark reibungslos laufen. „Wir hatten vier Leute, die den Verein unterstützten, mit denen wir gesprochen haben. Die haben dann den nächsten Schritt getan und bringen sich heute unglaublich engagiert ein. Soviel Überzeugungsarbeit war gar nicht nötig.“ Der Kurs ist klar: Man will das Projekt Teutonia Schritt für Schritt entwickeln. Dominik Fischer sagt: „Immer wieder höre ich, Geld schieße Tore. Das ist aber nicht so. Es gehört auch eine Portion Glück dazu und auch sehr viel Hintergrundwissen. Und jeder Tag bringt neue Herausforderungen.“
Nachhaltige Entwicklung
Fußball an der Basis ist immer eine Wellenbewegung, auch beim „fast riser“ Teutonia Watzenborn. 2012 bekam der Kunstrasenplatz Flutlicht, in das Vereinsheim wurde eine Sauna eingebaut. Doch dann gab es Streit in der Nachwuchsabteilung, auf einen Schlag verlor man Trainer, Betreuer und viele Junioren, fast 150 Mitglieder wechselten zur JSG Pohlheim. Am Tag nach einem historischen 2:1-Sieg über Kickers Offenbach trat Trainer Daniel Steuernagel zurück. Ex-Bundesliga-Profi Francisco Copado kam als Trainer und musste wieder gehen. Immer wieder gab es Rückschläge auf dem Weg nach oben. Konstant blieb die Unterstützung durch die ehrenamtlichen Helfer im Verein.
Dominik Fischer sagt: „Ich bin sehr stolz auf unser Team. Unsere Ehrenamtler sind auch nach den beiden Aufstiegen nicht geldgeil geworden. Wir haben hier wirklich etwas Nachhaltiges aufgebaut. Ohne unser Ehrenamt wäre unser Erfolg mit den beiden Meistertiteln jedenfalls nicht möglich gewesen.“