Goretzkas Heimatklub ist gerettet - vorerst
Auf der Anlage des WSV Bochum lernte Schalkes Bundesligastar und Nationalspieler Leon Goretzka einst das Kicken. [Foto: Fotos Getty, JNJ; Collage FUSSBALL.DE]
Leon Goretzka hat hier gespielt, Matthias Ostrzolek auch und früher sogar Thorsten „Kasalla“ Legat. Der WSV Bochum, beziehungsweise die Vorgängervereine des Fusionsklubs, galt viele Jahre als Talentschmiede im Schatten des VfL Bochum. Nun hätte nicht gefehlt und der einstige Vorzeigeverein aus dem Stadtteil Werne wäre Geschichte gewesen. Aber es leuchtet wieder Licht am Ende des Tunnels.
Bei einer außerordentlichen Versammlung am Donnerstagabend stimmte die Mehrheit der Mitglieder gegen die drohende Auflösung des WSV. „Wir machen jetzt erst einmal bis zur turnusmäßigen Jahreshauptversammlung im Februar 2018 weiter“, teilte der zweite Vorsitzende Wolfgang Strank mit.
Nachdem der WSV Bochum bereits vor zwei Wochen seine erste Mannschaft vom laufenden Spielbetrieb in der Kreisliga A abgemeldet hatte, schien das totale Aus des Traditionsvereins unausweichlich. 1906 als STV Werne 06 gegründet, ging der Klub im Jahr 1972 eine erste Fusion mit dem SC Werne 19 zur SG Werne 06/19 ein. 1994 erfolgte der nächste Zusammenschluss, diesmal mit dem TuS Vorwärts Werne 09, zum heutigen WSV Bochum 06. Frühere Profis wie Thorsten Legat (Vorwärts Werne) oder Kai Michalke (SG Werne), später beide unter anderem für den VfL Bochum in der Bundesliga am Ball, sowie die aktuellen Bundesliga-Stars Matthias Ostrzolek (Hamburger SV) und Nationalspieler Leon Goretzka (Schalke 04/beide früher WSV Bochum) haben auf der Sportanlage an der Heinrich-Gustav-Straße kicken gelernt.
Die Nummer drei in der Stadt
"Nach der Versammlung am Donnerstag sind wir nun wieder zuversichtlich, dass der WSV Bochum 06 doch noch eine Zukunft haben wird"
Zur erfolgreichsten Zeit in den 90er Jahren war der Verein hinter dem VfL Bochum und der SG Wattenscheid 09 die beste Fußballadresse in der Stadt und spielte in der Verbandsliga. Doch wie bei so vielen Klubs, die zwar von einer großen Tradition erzählen, aber die Gegenwart ein wenig vernachlässigen, folgte auch in Werne nach und nach der Absturz bis in die untersten Klassen des Fußballs. Eine Jugendabteilung gab es schon seit Jahren nicht mehr, sodass der WSV Bochum zuletzt lediglich mit einer einzigen Mannschaft im offiziellen DFB-Spielbetrieb gemeldet war – eben der „Ersten“ in der Kreisliga A. Zudem gab es eine Altliga-Truppe und die Minikicker, die jeweils lediglich Freundschaftsspiele oder Turniere bestreiten, sowie neben den Fußballern eine Tennisabteilung.
Wegen sinkender Mitgliederzahlen, immer weniger Sponsoren und Zuschauern sowie vor allem fehlenden ehrenamtlichen Helfern zog der amtierende Vorstand vor wenigen Wochen dann die Reißleine. Bei der turnusmäßigen Mitgliederversammlung im März sollte zunächst die übrig gebliebene WSV-Familie nur wach gerüttelt werden, um engagierte Fußballfreunde neu für den WSV Bochum zu begeistern. „Die Resonanz darauf ließ aber zu wünschen übrig“, berichtet Strank von dem ernüchternden Abend im Werner Vereinsheim. Es folgte, wie beschrieben, der Rückzug der ersten Mannschaft und nach insgesamt fast 111-jähriger Geschichte die Androhung zur Auflösung des kompletten Vereins.
Neue Saison, neues Leben
„Unsere große Sorge war einfach, dass wir nicht mehr genügend ehrenamtlich tätige Mitglieder zusammen haben würden, um die jetzigen Aufgaben im Verein zu bewältigen“, erläutert Vereinsvize Strank. „Nach der Versammlung am Donnerstag sind wir nun wieder zuversichtlich, dass der WSV Bochum 06 doch noch eine Zukunft haben wird. Für die nächste Saison melden wir wieder unsere erste Mannschaft, die dann in der Kreisliga B starten wird. Neben der Altliga-Truppe und den Minikickern werden wir außerdem wohl zusätzlich mit einer F-Junioren-Mannschaft starten.“
Der Überlebensplan für die Zukunft heißt dennoch wohl erneut: Fusion. Zwar verfügt der WSV Bochum 06 an der Heinrich-Gustav-Straße über einen ganz schönen Naturrasen, aber zusätzlich nur über einen Aschenplatz. „Damit sind wir für Kinder aus der Umgebung, die Fußball im Verein spielen wollen, nicht attraktiv“, weiß Strank. Nur gut einen Kilometer weiter ist zum Beispiel der BV Langendreer 07 beheimatet, der sich über einen regen Zulauf freuen darf, seit er einen Kunstrasen hat, und inzwischen mit zehn Junioren- sowie drei Seniorenteams am Ball ist. „Wir führen Gespräche mit anderen Vereinen“, kündigt Wolfgang Strank an. Mit welchen Klubs eine Zusammenarbeit oder gar ein Zusammenschluss angedacht ist, möchte er noch nicht verraten. Der SC Werne 02 oder der BV Langendreer 07 sollen es dem Vernehmen nach nicht sein. Wichtig ist zunächst, dass es beim WSV Bochum 06 weiter geht – irgendwie.