Lahm-Abschied: Hier spricht sein 1. Trainer!
Im Duell mit Cristiano Ronaldo: Philipp Lahm (rechtes Bild, rechts) hat bei den FT Gern angefangen. Auf dem linken Foto ist Lahm (ganz links) neben seinem ersten Trainer Günther Behr zu sehen. [Foto: privat, Imago / Collage: FUSSBALL.DE]
Wenn Philipp Lahm heute (ab 15.30 Uhr, live bei Sky) mit dem Heimspiel des FC Bayern München gegen den SC Freiburg seine außergewöhnliche Karriere beendet, sitzt einige Kilometer von der Arena entfernt Günther Behr vor dem Fernseher. 28 Jahre ist es her, als er diesen schon damals außergewöhnlichen Fußballer vor sich hatte. Behr war Philipp Lahms erster Trainer, in den F-Junioren der Freien Turnerschaft Gern, wo Philipp Lahms Mutter Daniela bis heute als Jugendleiterin tätig ist und sein Onkel Gerhard Haas dem Vorstand angehört. Im Interview mit FUSSBALL.DE erzählt der heute 69-Jährige, wie er den späteren Weltmeister-Kapitän im Sommer 1989 kennengelernt hat.
FUSSBALL.DE: Herr Behr, wie haben sie Philipp Lahm als kleinen Jungen erlebt?
Günther Behr: Er ist ja im November geboren und war daher erst gut fünfeinhalb Jahre alt, als er zu mir in die F-Jugend kam. Die meisten seiner Mitspieler waren sechs, manche sieben Jahre alt und dennoch war er eine absolute Ausnahmeerscheinung. Philipp konnte am Ball alles, war in seinem Bewegungsablauf allen Mit- und Gegenspielern meilenweit voraus, wendig und schnell. Kurzum: Er war mit Abstand der beste Spieler, den ich in dem Alter je gesehen habe!
"Er war mit Abstand der beste Spieler, den ich in dem Alter je gesehen habe!"
Man sagt ja oft, Talent allein reicht nicht, und wer es zu etwas bringen will, muss dafür hart arbeiten, gerade im Sport.
Das stimmt, trifft aber auch Philipp Lahm absolut zu. Er war sehr ehrgeizig, natürlich bei jedem Training dabei und schon oft früher auf dem Platz. Wenn die anderen Kinder bei Übungen, wie mit Ball am Fuß laufen, gemeckert haben, war er kaum zu bremsen. Er brachte also von Hause aus alles mit, was es für einen guten Fußballer braucht, wollte sich aber jeden Tag noch verbessern. In den Trainingsspielchen wollten natürlich alle ihn in ihrer Mannschaft haben, denn das bedeutete automatisch, zu gewinnen. Philipp hätte es auch alleine mit sieben Gegenspielern ( Die F-Jugend spielt auf einem Kleinfeld sieben gegen sieben, Anmerkung der Redaktion ) aufgenommen. (lacht)
Dann haben Sie also mit der kleinen FT Gern die großen Klubs in München, Bayern und 1860, geärgert?
Nein, wir haben nur gegen die Klubs aus unserer Nachbarschaft gespielt – und anfangs viel Prügel bekommen. Wir hatten einen sehr jungen Jahrgang beisammen, die meisten Kinder hatten bei uns gerade erst mit dem Fußball angefangen, während die meisten anderen Mannschaften im zweiten F-Jugend-Jahr waren. Nach einem halben Jahr wurden wir besser und konnten mithalten, natürlich vor allem dank Philipp Lahm.
Seine Eltern sind noch heute im Verein aktiv. Wie haben Sie damals ihren Sohn Philipp unterstützt?
Daniela und Roland Lahm gehörten zu den Spielereltern, die bei fast allen Spielen dabei waren und uns zum Beispiel auch bei Auswärtsfahrten unterstützt haben, damit wir alle Kinder im Auto unterbringen konnten. Wie bodenständig und heimatverbunden sie sind, zeigt ja die Tatsache, dass sie bis heute bei der FT Gern geblieben sind. Auch Philipp Lahm hat sich ja später, als er seine große Karriere hingelegt hat, immer wieder bei seinem Heimatverein blicken lassen.
Wie haben Sie selbst seine fußballerische Erfolgsgeschichte weiter verfolgt?
Als Trainer hatte ich ihn ja tatsächlich nur in seinem ersten Jahr als Fußballer, damals in der F-Jugend, ehe ich bei der FT Gern in die B-Jugend gewechselt bin und sein Vater Roland die F-Jugend übernommen hat. Danach habe ich zwar immer wieder mal geschaut, was er macht, aber er hat ja auch keine Blitzkarriere hingelegt, wie heute so einige ganz junge Spieler, die mit 17 oder 18 Jahren schon oben glänzen. Philipp Lahm hat ja erst bei den Bayern-Amateuren in der Regionalliga gespielt und wurde dann zum VfB Stuttgart ausgeliehen, ehe er von den Bayern zurückgeholt wurde und Stammspieler in der Bundesliga wurde. Da war er ja schon 22.
2006 schrieb er dann schon am deutschen Sommermärchen und hielt acht Jahre später als Kapitän der DFB-Auswahl den WM-Pokal in den Himmel von Rio. Sind Sie auch ein wenig Stolz, einen Weltmeister geformt zu haben?
Nein, denn ich habe sicherlich am wenigsten dazu beigetragen, ich hatte ihn ja nur ein Jahr lang. Viel mehr Anteil an seinem Werdegang haben spätere Trainer wie Hermann Gerland, der ihn bei den Bayern-Amateuren trainiert und ihn damals Felix Magath beim VfB Stuttgart empfohlen hat. Natürlich aber habe ich mich riesig darüber gefreut, als Deutschland Weltmeister wurde und zuhause vor dem Fernseher Philipp Lahm mit dem WM-Pokal in der Hand gesehen habe.