Wunder |22.06.2017|12:45

Plötzlich Bundesliga: Niendorf wie im Rausch!

Nach dem Aufstieg ließ die Mannschaft Trainer Andreas Prohn hochleben. [Foto: Verein]

Mit einer jungen Truppe sind die A-Junioren des Hamburger Amateurvereins Niendorfer TSV in die Bundesliga aufgestiegen. Zukünftig heißen die Gegner RB Leipzig und VfL Wolfsburg. Mit ihrer mannschaftlichen Geschlossenheit wollen sie auch diese Aufgabe meistern. 

"Unser Ziel war eigentlich der Klassenerhalt. Nie hätten wir vor Saisonbeginn gedacht, ein Aufstiegskandidat zu sein"

„Bundesliga, Bundesliga“, riefen die Jugendlichen euphorisch, als der Aufstieg perfekt war. Mit einem Sieg beim MTV Treubund Lüneburg sicherte sich die A-Jugend des Niendorfer TSV den Aufstieg in die höchste Jugendspielklasse. „Das war ein mentales Nervenspiel für uns“, atmete Trainer Andreas Prohn durch. Erst als Lasse Lahrtz in der 89. Minute das 2:1 erzielte, war der Aufstieg nahezu sicher. Im Falle einer Niederlage wäre noch der TSV Havelse am letzten Spieltag vorbeigezogen. Als Kevin Apau in der Nachspielzeit sogar das 3:1 gelang, kannte der Jubel keine Grenzen mehr. Teammanager Lars Neca kann den Erfolg noch immer nicht fassen. „Unser Ziel war eigentlich der Klassenerhalt. Wir wollten uns einfach in der Liga etablieren. Nie hätten wir vor Saisonbeginn gedacht, ein Aufstiegskandidat zu sein“, erzählt er im Gespräch mit FUSSBALL.DE .

Die A-Jugend des Niendorfer TSV ist eine junge Truppe. Die meisten Spieler sind im Jahr 1999 geboren. „Aber dafür sind wir eine richtig geschlossene und eingespielte Mannschaft. Die meisten spielen bereits seit der C-Jugend zusammen“, sagt Neca. Dass die Jugendabteilung vor Saisonbeginn professioneller aufgestellt wurde, trug ebenfalls zum Erfolg bei. „Wir haben unser Trainerteam vergrößert, damit der Cheftrainer nicht alles alleine machen muss“, führt Neca fort. Carrel Segner und Lars Reese unterstützen Prohn als Co-Trainer bzw. Betreuer. Jörg Steinbach fungiert als Torwarttrainer, Neca als U 19-Koordinator. Nachdem das erste Saisonspiel noch verloren wurde, spielte sich die Mannschaft in einen regelrechten Rausch. „Die Jungs haben mit 62 Punkten eine super Saison gespielt und sich den Aufstieg verdient“, sagt Prohn.

Das Team bleibt beisammen

Der Trainer und ein Großteil der Spieler erleben nicht zum ersten Mal einen Aufstieg. Bereits im Vorjahr gelang in fast identischer Zusammensetzung die Qualifikation für die B-Junioren-Bundesliga. Weil die meisten Spieler danach allerdings in die A-Jugend wechselten, konnten die Nachrücker das hohe Niveau nicht halten. Die B-Junioren gewannen nur zwei von 26 Saisonspielen. Als abgeschlagener Tabellenletzter stiegen sie nun aus der Bundesliga wieder ab. Dieses Schicksal soll der A-Jugend möglichst erspart bleiben. Dass der Kern der Mannschaft zusammenbleibt, stimmt das Trainerteam zuversichtlich.

Sogar Stürmer Kilian Utcke, der vergangene Saison 22 Tore erzielte und laut Neca von Profivereinen wie dem FC St. Pauli und Holstein Kiel umworben wurde, bleibt dem Verein erhalten. Utcke hatte letzte Saison bereits zwei Einsätze für die 1. Herren des Niendorfer TSV in der fünftklassigen Oberliga Hamburg. Seine beeindruckende Bilanz: Zwei Spiele, zwei Tore. „Letztendlich geht es uns darum, Spieler für unsere 1. Mannschaft auszubilden“, sagt Neca. In Amir Ahmadi hat nur einer der absoluten Leistungsträger den Verein verlassen. Der Mittelfeldspieler wechselt in die Jugendabteilung des Zweitliga-Aufsteigers Holstein Kiel. Böse ist ihm deshalb niemand. „Ich verstehe, wenn junge Spieler so eine Chance nutzen möchten“, sagt Neca und fügt scherzhaft hinzu: „Vielleicht wechselt er ja in einigen Jahren für 20 Millionen Euro zu Real Madrid. Dann hätten wir auch etwas davon.“ Zur Erklärung: Die Ausbildungsvergütung-Regelung gibt vor, dass der frühere Jugendverein eines Profis eine prozentuale Beteiligung an den Ablösezahlungen erhält.

Doch das ist (wenn überhaupt) nur Zukunftsmusik. Die volle Konzentration des Vereins ist darauf gerichtet, sich in der höchsten Spielklasse zu etablieren. Neca weiß um die Schwierigkeit: „Wir sind der einzige Verein in unserer Bundesliga-Staffel, deren 1. Herren nicht im Profifußball vertreten sind. Daher haben unsere Konkurrenten ganz andere Möglichkeiten.“ In der Staffel Nord/Nordost warten Gegner wie der VfL Wolfsburg, RB Leipzig, Hertha BSC und der Hamburger SV. Der Teammanager sagt: „Der Klassenerhalt wäre ein kleines Fußball-Wunder.“ Aber das war der Aufstieg bekanntlich auch.