2:0 bis zur 92. - und noch 2:3 verloren!
Was für eine Partie! Buer dreht das längst verloren geglaubte Spiel gegen Günnigfeld. [Foto: Fotos FUSSBALL.DE, Buschmann; Collage FUSSBALL.DE]
Was für eine verrückte Landesliga-Partie! Der VfB Günnigfeld führt bei der SSV Buer nach 92 Minuten mit 2:0. Und verliert das Spiel noch 2:3! Die unfassbare Partie aus der 7. Liga stand ihren prominenten Vorbildern in nichts nach.
Ole Gunnar Solskjaer, Felipe Santana oder Dejan Lovren hätten ihren Spaß gehabt, ihre Namen stehen für drei unvergessliche Momente der Fußballgeschichte – und zwar jeweils in der Nachspielzeit. Der heute 44 Jahre alte Norweger Solskjaer war es, der im Champions-League-Finale 1999 Bayern München aus allen Henkelpott-Träumen riss. 1:0 führte der deutsche Meister durch Mario Basler frühen Treffer in Barcelonas Camp Nou, ehe Manchester United spät und gnadenlos zurückschlug: Teddy Sheringham in der 91. und eben Solskjaer in der 93. Minute drehen die Partie zum 2:1 für die „Red Devils“, die spät, aber entscheidend auf Europas Fußball-Thron kletterten.
"Wer es nicht gesehen hat, wird es nicht glauben"
Fast noch atemraubender war die Aufholjagd von Borussia Dortmund am 9. April 2013. Im Viertelfinal-Rückspiel der europäischen Königsklasse lag der BVB nach einem 0:0 im Hinspiel beim FC Malaga zweimal zurück, ehe Marco Reus in der 91. Minute gegen die Spanier zum 2:2 traf. Das reichte aber noch nicht zum Weiterkommen, doch keine 60 Sekunden später verwandelte der Brasilianer Santana mit seinem Tor das Westfalenstadion in ein Tollhaus und sicherte so Dortmunds Einzug ins Halbfinale.
Noch nicht genug von Fußballspielen, bei denen wohl Hollywood-Altmeister Hitchcock Regie führte? Wieder ist der BVB beteiligt, und als ob das Duell der Schwarzgelben in der Europa League gegen ihren vorherigen Meistertrainer Jürgen Klopp nicht schon für genügend Drama sorgte, überschlugen sich an der legendären Anfield Road am 14. April dieses Jahres die Ereignisse. Nach dem 1:1 im Viertelfinal-Hinspiel führte der BVB unter Klopp-Nachfolger Thomas Tuchel beim FC Liverpool mit 2:0 und 3:1, sah bereits wie der sichere Sieger in diesem Adrenalin-Duell aus. Bis zur 78. Minute aber glichen die „Reds“ zum 3:3 aus, doch auch dieses Ergebnis reichte Dortmund noch zum Weiterkommen – bis in der 91. Minute Dejan Lovren mit dem 4:3 den Kop explodieren ließ.
Barcelona, Liverpool, Buer
Und nun kommt Buer. Im Gelsenkirchener Norden werden 125 Zuschauer Augenzeugen eines irren Spielverlaufs. Der VfB Günnigfeld mit Ex-Profi Sascha Wolf als Trainer an der Seitenlinie und Kapitän Maximilian Schreier, einer von drei Söhnen des früheren Bundesligaspielers Christian Schreier, sieht bei der SSV Buer nach 90 Minuten wie der sichere Sieger dieses Landesliga-Duells aus. Die Gäste aus Bochum führen an der Löchterheide durch Tore von Max Schreier und Gökhan Touran bis zur Nachspielzeit mit 2:0. „Da dachte ich: Schlecht gespielt, 2:0 gewonnen, da kann man noch mit leben“, unkt Wolf im Gespräch mit RevierSport .
Falsch gedacht: 90+3, 90+5 und 90+7 lauten die Koordinaten dieser verrückten Partie , sie markieren Buers späte Treffer durch Daniel Moritz, Jan Trampe und Tim Woberschal – alle nach Standardsituationen - Ecken oder Freistoßflanken. „Wer es nicht gesehen hat, wird es nicht glauben“, reibt sich Buers Trainer Holger Siska die Augen und gibt gegenüber der WAZ zu: „Ich habe schon viele Spiel erlebt, aber so eins noch nicht.“
Barcelona, Dortmund, Liverpool, Gelsenkirchen-Buer: Vier Städte, vier Spiele, das gleiche Drama, ob Profi- oder Amateurfußball – Fußball im Ausnahmezustand!