Kultfiguren |09.03.2018|10:00

"Ralla": Edelfan aus 300 Kilometer Entfernung

Der große Abschied steht bevor: Ralf Kirchner bei der TuS Kinzigtal.[Foto: TuS Kinzigtal/Andreas Arens/privat/Collage Fussball.de]

Noch einmal die Fußballschuhe schnüren, noch einmal mit den alten Kumpels auflaufen: Ralf Kirchner macht sich derzeit fit für sein Abschiedsspiel. Das Besondere daran: Der heute 45-jährige, frühere Kreisligakicker verschiedener Trierer Vereine will sein letztes offizielles Match nicht etwa in der heimatlichen Moselmetropole austragen, sondern im rund 300 Kilometer entfernten Kinzigtal, einem Stadtteil von Wolfach im Schwarzwald.

Kirchner gilt seit einigen Monaten als Edelfan des Klubs, dessen erste Mannschaft in der Offenburger Kreisliga B III im Fußballverband Südbaden angesiedelt ist. „Die Jungs sind sehr sympathisch. Der Rahmen bei meinem Abschiedsspiel wird sicher hundertprozentig passen“, ist Kirchner überzeugt. Mit rund 15 früheren Weggefährten will er sich im Sommer auf den Weg nach Kinzigtal machen, um dann am 28. Juli die Begegnung mit einer TuS-Auswahl zu bestreiten.

Auf den Verein aufmerksam geworden ist er durch die Ende Oktober 2016 aufgenommene und wenige Wochen später ausgestrahlte Sport1-Fernsehshow mit Ex-Bundesligaprofi Hans Sarpei („Das T steht für Coach“). Wie sich die Kinzigtäler hier selbst auf die Schippe nahmen („Unabsteigbar“ – obwohl man in der für erste Mannschaften untersten Liga spielt) imponierte dem Fan des 1. FC Köln und Eintracht Trier auf Anhieb. Er kommentierte fortan Beiträge auf der Facebookseite des TuS, tauschte sich online mit Spielern und Fans des Vereins aus und verfolgte die Geschehnisse so immer aufmerksamer. „Dass sich jemand von so weit her derart für uns interessiert, hat uns von Anfang an schon ziemlich stolz gemacht. Das ist ja fast wie in der Bundesliga“, berichtet Oliver Kiefer, nicht nur Spieler der zweiten Mannschaft des TuS und Zweiter Vorsitzender, sondern auch noch Verantwortlicher für die umfangreichen Social-Media-Aktivitäten des 1953 gegründeten Clubs.

Sympathie auf den ersten Blick

"Ich habe direkt gemerkt, dass das ein super Haufen ist."

Zum Tag der Amateure lud man Kirchner, der in Trierer, wie auch mittlerweile in Kinzigtäler Fußballkreisen einfach „Ralla“ gerufen wird, ein. „Es war ein toller Empfang. Ich habe direkt gemerkt, dass das ein super Haufen ist“, erinnert sich der Glas- und Gebäudereiniger. „Die Chemie hat von Anfang an gestimmt“, betont Manuel Riedel, der Trainer des TuS. Im Meisterschaftsspiel seiner Schützlinge am 8. Oktober vergangenen Jahres gegen den SV Oberharmersbach II band er den „Ralla“ denn auch gleich ins Coaching ein: Der Gast von der Mosel durfte eine kurze Kabinenansprache halten, heizte dem Team kurz vor dem Anpfiff musikalisch mit „Eye oft the Tiger“ nochmal kräftig ein – und durfte auch Anweisungen von der Seitenlinie aus geben. Kinzigtal, das rund vier Jahre lang kein Pflichtspiel gewinnen konnte, sich in dieser Saison bislang aber immerhin ins untere Tabellenmittelfeld der B-Klasse vorkämpfen konnte, holte wohl auch dank Kirchners Unterstützung seinerzeit ein 1:1-Unentschieden.

Der weitgereiste Fan gab wenig später gar ein längeres Interview im lokalen Sender „Hitradio Ohr“, das Magazin „11 Freunde“ berichtete über ihn – immer wieder musste er erzählen, was ihm an dem kleinen Klub fernab der Heimat so gefällt. An der Weihnachtsfeier des TuS nahm er teil und Ende März will er erneut in den Schwarzwald reisen, um Details für sein Abschiedsspiel zu klären. Kirchner: "Das wird ein richtiges Fußballfest."

Vorbereitungen fast abgeschlossen

Die Trikots für „Ralla´s Eleven“ hat er bereits bestellt, schicke Fußballschuhe liegen schon griffbereit. Inzwischen besucht er dreimal wöchentlich ein Trierer Fitnessstudio, um knapp sieben Jahre nach seinem letzten Einsatz auf dem Platz – während der Arbeit hatte er sich eine dreifache Sprunggelenksfraktur zugezogen – nochmal eine ordentliche Rolle spielen zu können. „Herr Kirchner macht das sehr gewissenhaft“, lobt Fitnesstudio-Betreiber Harald Eichhorn. Zumindest leichte Übungen am Ball will der „Ralla“ in den kommenden Monaten dann eventuell noch in der vor kurzem wiedergegründeten Altherren-Mannschaft der DJK St. Matthias Trier machen.

„Auf den Punkt“ möchte er am 28. Juli topfit sein, merkt Kirchner hochmotiviert an. Dann will der Edelfan des TuS Kinzigtal seinen Schwarzwälder Fußballfreunden zeigen, dass er auch auf dem Platz noch einiges drauf hat.