Torwand-Spektakel! Gooßen 4:4 vs. Olli Kahn
Drochtersen-Gruppenbild mit Olli Kahn. Jannes Elfers, Torwand-Schütze Thilo Gooßen, sein Bruder Jasper und Maximilian Kühlcke (v.l.) und der Titan.[Foto: Privat]
An der Torwand des aktuellen sportstudios hat es schon viele legendäre Duelle gegeben. Wer erinnert sich nicht daran, wie einst „Kaiser“ Franz Beckenbauer vom Weizenbierglas traf oder Günter Netzer fünfmal einlochte? „Drei unten, drei oben“, das gehört zur Fußball-Geschichte wie die Bundesliga oder der DFB-Pokal. Sechs Treffer auf die im Durchmesser 55 Zentimeter großen Löcher allerdings schaffte noch nie jemand. Seit dem 5. Februar 1966 wird im Fernsehen auf die Wand gezielt – Sigi Held war übrigens damals der erste Schütze.
Acht Treffer von zwei Kandidaten sind allerdings auch eine höchste seltene Angelegenheit. Ex-Welttorhüter Oliver Kahn und Thilo Gooßen gelang das am vergangenen Samstag. In einem irren Wettschießen legte der heute als Experte fürs ZDF tätige frühere Münchner erst einen Treffer unten und dann drei (!) Treffer oben vor. Der Amateurkicker Gooßen, der sich mit einem 50-Meter-Tor im Bezirksliga-Spiel der SV Drochtersen/Assel III gegen den SC Cranz-Estebrügge für die Torwand empfahl, ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen und lochte ebenfalls viermal ein.
Im Interview mit FUSSBALL.DE erzählt Thilo Gooßen, Innenverteidiger und Student des internationalen Steuerrechts in Hamburg, wie er seinen großen TV-Auftritt erlebt hat und was danach in Drochtersen los war.
FUSSBALL.DE: Thilo Gooßen, vier Treffer gegen den 'Titan' Olli Kahn sind ganz schön frech, oder?
"Irre! Ein Wahnsinns-Erlebnis, das ich sicher nie mehr vergessen werde"
Thilo Gooßen: Zum Glück hat er ja selbst viermal getroffen (lacht). Nein, im Ernst: Es war wirklich ein verrücktes Torwandschießen. Auch Moderatorin Katrin Müller-Hohenstein und die anderen Leute vom ZDF haben gesagt, dass sie so etwas noch nicht erlebt hätten.
Olli Kahn hat den Ball unten nur einmal versenkt, Sie haben dann zwei Treffer vorgelegt. Haben Sie zur 'Halbzeit' schon gedacht, das Ding ist durch?
Gooßen: Nicht ganz! Als ich gesehen habe, wie Olli Kahn den ersten Ball direkt unten reingemacht hat, habe ich schon gedacht, dass er gut drauf ist. Dann ist die erste Runde aber richtig gut für mich gelaufen, ich war auch nur beim ersten Schuss nervös. Da sieht man, glaube ich, meinen Fuß ein wenig zittern.
Dann kam der furiose zweite Durchgang, in dem Olli Kahn oben drei Stück macht. Was ging Ihnen da durch den Kopf?
Gooßen: Ich dachte im ersten Moment: 'Das kann doch nicht wahr sein!' Erst trifft er den ersten oben, dann den zweiten. Da habe ich gedacht: Na gut, 3:2, dann musst du auch mindestens einen oben versenken. Aber dann macht er den dritten auch noch rein, unglaublich. Er hat sich ja auch richtig gefeiert und gedacht, er hätte gewonnen. Als ich den ersten Ball dann oben nicht getroffen habe, wurde es eng, aber dann waren ja die letzten beiden Bälle wieder drin. Irre! Ein Wahnsinns-Erlebnis, das ich sicher nie mehr vergessen werde.
Olli Kahn war doch früher als Profi so wahnsinnig ehrgeizig und ist fast durchgedreht, wenn er mal verloren hat. Diesmal nicht?
Gooßen: Nein, nein! Er hat zwar spaßeshalber ein paar Mal gefragt: 'Habe ich jetzt gewonnen?' Insgesamt aber war er okay, anfangs vor der Sendung ein wenig distanziert, aber nachher hat er noch Fotos mit uns – meinem Bruder und zwei Kumpels – gemacht und war richtig nett.
Ein 4:4 an der legendären Torwand ist wirklich etwas für die Geschichtsbücher, aber hätten Sie nicht lieber gewonnen?
Gooßen: Nein! So schade es ist, dass ich die 1.000 Euro und den Trikotsatz für unseren Verein nicht mitnehmen konnte: Das 4:4 ist mir viel lieber, als wenn ich 1:0 gewonnen hätte. Darüber würde heute sicher keiner mehr reden.
Stattdessen kennt Sie jetzt halb Fußball-Deutschland! Was war denn am Sonntag in Drochtersen los, als Sie von ihrem sensationellen Auftritt im aktuellen sportstudio wieder zurück in der Heimat waren?
Gooßen: Das ging natürlich schon direkt nach der Ausstrahlung los! Mein Handy war voller Nachrichten und unzähligen Glückwünschen. Wir haben im Hotel in Mainz übernachtet und sind dann am Sonntagmorgen zurückgefahren, allerdings war Stau, sodass wir erst um 19 Uhr angekommen sind. Da war leider unser Spiel schon längst zu Ende und auch auf dem Sportplatz nichts mehr los. Wir sind übrigens schon auf der Hinfahrt in einen Stau gekommen und fast zu spät zur Sendung gekommen. Wir sollten eigentlich um 21 Uhr da sein, dann ist es aber 22 Uhr geworden. Das war zum Glück gerade noch rechtzeitig.
Qualifiziert für die Torwand haben Sie sich mit einem Treffer aus 50 Metern. Machen Sie öfter solche Sachen?
Gooßen: Nein, ich bin ja Innenverteidiger und schieße daher nicht so oft Tore. Bei unserem 2:1 gegen den SC Cranz-Estebrügge hat einfach alles gepasst. Der Gegner hat bei uns auf dem Kunstrasen nie wirklich etwas geholt, die letzten drei Duelle haben wir alle gewonnen. Bei meinem Schuss stand dann der Torwart zu weit vor seinem Kasten und dann hat er auch noch in die Sonne geguckt. In solch einer Szene gehört auch etwas Glück dazu, aber es war definitiv das schönste Tor in meiner Karriere.
Das kleine Drochtersen scheint sich ja zu einer großen Nummer im deutschen Fußball zu entwickeln. Vor Ihrem Hammer-Auftritt im ZDF-Sportstudio gab es ja schließlich schon das Pokalspiel gegen die Bayern...
Gooßen: Das war für unseren Verein natürlich das größte Spiel aller Zeiten. Schade, dass ich nicht mehr in der Ersten spiele, aber mein Bruder Jasper war ja dabei und schwärmt noch heute davon. Ich war auch ganz nah dran, wir haben vor dem Anpfiff sogar noch auf einem Nebenplatz mit einigen Jungs aus unseren Teams gegrillt. Nach dem Pokalspiel, in dem sich unsere Erste beim 0:1 großartig verkauft hat, und jetzt dem Torwand-Duell mit Oliver Kahn muss man sagen: Die Bayern liegen uns (lacht) .