Heimkehrer |08.10.2018|12:00

ETB-Voß: Von Sydney in die Oberliga

"Es war eine wunderschöne Zeit": Paul Voß vor der Skyline Sydneys.[Foto: Privat]

Die Sonne scheint das ganze Jahr, der Pazifik mit seinen Traumstränden liegt vor der Haustür. Australien ist noch immer ein Paradies für Aussteiger. Paul Voß war allerdings nur ein paar Monate in Down Under, und zwar auch nicht, um zu surfen und chillen, sondern um sich fortzubilden. Der 24 Jahre alte Abwehrkicker des Oberligisten Schwarz-Weiß Essen war ein halbes Jahr an einem College in Sydney angestellt. Mit seinem Kumpel Jasper Möllmann trainierte der Student der Sportwissenschaften die Schüler an der Knox Grammar School und gab zudem Individualunterricht am Ball. Jetzt ist Paul Voß wieder im Ruhrpott zurück – und sogar ganz froh drum, wie er im Gespräch mit FUSSBALL.DE klar macht.

FUSSBALL.DE: Paul Voß, vom Sommer in Australien kommen Sie in den deutschen Herbst. Bereuen Sie es schon, nicht einfach auf der Sonnenseite des Lebens geblieben zu sein?

Paul Voß: Ganz und gar nicht! Es war eine wunderschöne Zeit, die ich nicht missen möchte. Nach dem halben Jahr als Trainer habe ich noch einen Monat in Australien verbracht und bin die Ostküste rauf gefahren, um das Land noch besser kennen zu lernen. Wer weiß denn schon, ob ich da jemals wieder hinkomme? Danach war ich noch eine Woche in Südkorea und, doch nun bin ich sehr gerne wieder hier.

Warum?

"Deutsches Essen habe ich vermisst, zum Beispiel ein echtes Vollkornbrot"

Voß: Das hat mehrere Gründe. Natürlich habe ich meine Familie und Freunde vermisst und mich total gefreut, sie jetzt zu Hause wieder zu sehen. Auf dem Rückweg bin ich in Berlin gelandet, um noch einen Freund in der Hauptstadt zu besuchen, dort haben mich meine Eltern schon vom Flughafen abgeholt. Das war sehr schön. Und mal vom Wetter abgesehen, dass ja hier auch gerade nicht so schlecht ist: Ich muss zugeben, dass ich so einige deutsche Eigenschaften – Ordnung, Struktur, Pünktlichkeit – richtig gut finde. In Australien geht man halt etwas lockerer mit den Dingen um. Auch das deutsche Essen habe ich vermisst, zum Beispiel ein echtes Vollkornbrot, Mein Vater hat mir allerdings bei seinem Besuch in Sydney einiges von zu Hause mitgebracht (lacht).

Und was haben Sie aus Ihrer Auszeit am anderen Ende der Welt an positiven Erfahrungen mitgenommen?

Voß: Da muss ich an erster Stelle die Mentalität der Menschen nennen. Die Leute sind alle sehr offen und nett, daher konnte ich mich schnell in der neuen Umgebung eingewöhnen. Für mich war außerdem wichtig, mich insgesamt weiter zu bilden, persönlich und als Sportler. Anfangs hatten Jasper und ich noch ein wenig Probleme, die fachlichen Begriffe alle richtig zu verstehen und weiter zu geben, aber das hat sich schnell eingependelt, sodass mein Englisch jetzt ziemlich gut ist. Davon kann ich für mein weiteres Leben auf jeden Fall profitieren.

Wie groß sind die Unterschiede zwischen dem deutschen und dem australischen Fußball?

Voß: Der Stellenwert des Fußballs ist in Australien einfach nicht so groß wie bei uns. In Deutschland ist er ja ganz klar der Volkssport Nummer eins, während da unten Rugby und Australian Football noch beliebter sind. Aber der Fußball hat in den letzten Jahren aufgeholt und wird sich auch noch weiter entwickeln. Die Kids, die wir trainiert haben, waren auf jeden Fall sehr neugierig auf uns und was sie von deutschen Trainern lernen können.

Europameister Babbel als Nachbar

Ex-Profi Thomas Broich hat in Brisbane große Erfolge gefeiert, die frühere Mönchengladbacher Bundesliga-Hoffnung ist sogar zu Australiens Fußballer des Jahrzehnts gewählt worden. Derzeit ist Europameister Markus Babbel als Trainer von den Western Sydney Wanderers in Down Under tätig. Deutsche Fußballer scheinen also am anderen Ende der Welt gefragt. Haben Sie Babbel eigentlich in Sydney getroffen?

Voß: Nein, dazu gab es leider keine Gelegenheit, denn wir waren schon von morgens bis nachmittags an der Schule beschäftigt und hatten am Wochenende ja auch immer Turniere oder Spiele. Ich finde es aber gut, wenn ein deutscher Trainer nach Australien geht und dort seine Erfahrungen macht, denn von einem Auslandserlebnis kann man immer etwas mitnehmen.

Nun sind Sie zurück in Ihrer Heimat, haben die ersten Trainingseinheiten mit Ihren Essener Teamkollegen und das erste Testspiel für den ETB gegen Sterkrade hinter sich. Klappt es schon wieder auf dem Platz?

Voß: Ja, es geht (lacht). Ich habe natürlich ziemlichen Nachholbedarf, weil ich in Australien hauptsächlich als Trainer tätig war und nur gelegentlich mit einem örtlchen Team selbst gekickt habe. Deshalb muss ich in den nächsten Wochen erst einmal meinen Trainingsrückstand aufholen, bis ich wieder ein Thema für die erste Elf sein werde. Aber damit komme ich gut klar, ich habe mir ja meine Auszeit selbst ausgesucht und bin sehr froh darüber, diese Erfahrung gemacht zu haben. Jetzt hat hier aber wieder der Alltag begonnen, an der Uni Bochum und in der Kabine am Uhlenkrug. Ich freue mich darauf!