"Sieger-Gen"|12.12.2018|11:00

Glöckner: "Ich habe gerne das letzte Wort"

Viktoria-Trainer Patrick Glöckner: "Die Jungs tragen das Sieger-Gen in sich."[Foto: imago/Noah Wedel]

Unter der Regie von Ex-Zweitligaprofi Patrick Glöckner läuft es für den Regionalliga West-Spitzenreiter Viktoria Köln rund. In den ersten 20 Ligaspielen mit dem 42-jährigen Fußball-Lehrer, der bei der Viktoria in der zurückliegenden Saison noch Assistent von Olaf Janßen (jetzt Co-Trainer von Bruno Labbadia beim Bundesligisten VfL Wolfsburg) war, holten die Domstädter 45 Zähler - das sind durchschnittlich 2,25 Punkte pro Partie. Der Vorsprung auf den ersten Verfolger SV Rödinghausen beträgt bereits neun Zähler. Nach vielen vergeblichen Anläufen ist die Viktoria diesmal auf einem guten Weg, den seit Jahren angepeilten Aufstieg in die 3. Liga zu realisieren.

Im FUSSBALL.DE -Interview spricht Patrick Glöckner, der auch schon Co-Trainer von Eintracht Frankfurt-Legende Alexander Schur im Nachwuchsbereich war, über die beeindruckende Saison von Viktoria Köln, den großen Vorsprung, den monatelangen Ausfall von Kapitän Mike Wunderlich und den Jahresabschluss bei der SG Wattenscheid 09 .

FUSSBALL.DE: Viktoria Köln marschiert mit neun Zählen Vorsprung in Richtung Meisterschaft, ist damit offenbar auf dem besten Weg in die 3. Liga. Wie bewerten Sie den großen Abstand zum ersten Verfolger SV Rödinghausen, Herr Glöckner?

Patrick Glöckner: Es war im Sommer auf jeden Fall nicht vorhersehbar, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt die Liga so souverän anführen. Wir hatten von Beginn an viel Verletzungspech. Umso mehr freuen wir uns darüber, dass der Vorsprung derzeit so groß ist und wir tun alles daran, um ihn mindestens zu festigen. Noch ist die Saison aber sehr lang und wir wissen, dass wir noch nicht durch sind.

"Die Jungs tragen das Sieger-Gen in sich."

Schon seit einigen Jahren will die Viktoria aufsteigen, mehrfach scheiterte der Verein nur knapp. Warum wird es diesmal klappen?

Glöckner: Wir spielen nicht nur attraktiven, sondern auch erfolgreichen Fußball. Die Jungs tragen das Sieger-Gen in sich, und wir bereiten uns Woche für Woche akribisch auf jeden Gegner vor. Dabei spielt es keine Rolle, ob wir auf den Tabellenzweiten oder auf den Tabellenletzten treffen. Es wird schwer sein, uns aufzuhalten.

Zum Jahresabschluss gastieren Sie mit Ihrer Mannschaft am Samstag bei der SG Wattenscheid 09, die nur eine ihrer zurückliegenden zehn Begegnungen gewonnen hat. Warum könnte Wattenscheid Ihrem Team dennoch gefährlich werden?

Glöckner: Im Endeffekt können wir uns nur selbst besiegen - und zwar, wenn die Einstellung nicht stimmt. Wir stellen derzeit die beste Offensive und die stabilste Defensive der West-Staffel, das beweist auch das Torverhältnis. Geben wir aber nicht 100 Prozent, dann kann das schnell zu Punktverlusten führen.

Wie wichtig wäre es, nach einer so dominanten Hinserie auch mit einem Erfolgserlebnis in die Winterpause zu gehen?

Glöckner: Unser Ziel ist es weiterhin, mit so vielen Punkten Vorsprung wie möglich das Kalenderjahr zu beenden, damit wir die spielfreie Zeit auch optimal genießen können. Verlieren wir, könnte der SV Rödinghausen bis auf sechs Punkte herankommen und der Druck wäre beim Pflichtspielstart im neuen Jahr deutlich höher. Das wollen wir vermeiden.

Ein letztes Mal nicht dabei ist Kapitän Mike Wunderlich, der im November wegen einer Tätlichkeit für zehn Wochen gesperrt wurde. Wie sehr fehlt er auf dem Platz?

Glöckner: Mike ist ein Unterschiedsspieler mit hoher individueller Klasse, den man nicht ersetzen kann. Seinen Ausfall muss nicht nur ein Spieler, sondern die komplette Mannschaft kompensieren. Das hat bis jetzt zwar gut funktioniert. Dennoch sind wir natürlich alle froh, wenn er im neuen Jahr wieder spielberechtigt ist.

Mit Ex-Bundesligaprofi Albert Bunjaku haben Sie einen Spieler im Kader, der die Aufgabe von Wunderlich als Torjäger derzeit übernimmt. In den zurückliegenden beiden Partien gegen die U 23 von Borussia Dortmund und gegen den Bonner SC traf er jeweils, insgesamt stehen fünf Saisontore für Bunjaku zu Buche. Merkt man ihm seine 35 „Lenze“ gar nicht an?

Glöckner: (lacht) Albert befindet sich mit seinen 35 Jahren auf jeden Fall noch in einer sehr guten Verfassung. Er hat weiterhin die nötige Spritzigkeit und genug Biss. Albert ist immer noch sauer, wenn er mal ausgewechselt wird oder erst gar nicht von Beginn an spielt. Sein Willen und seine Leidenschaft sind vorbildlich. Wir dürfen uns deshalb glücklich schätzen, ihn zu haben.

Für Sie ist es Ihre erste Station als Cheftrainer nach langer Zeit. In den zurückliegenden Jahren waren Sie unter anderem Assistent von Eintracht Frankfurt-Legende Alexander Schur im Nachwuchsbereich der Hessen und später Co-Trainer von Olaf Janßen beim FC St. Pauli und bei Viktoria Köln. Jetzt sind Sie Cheftrainer und ausgebildeter Fußball-Lehrer. Ist Ihre Zeit als Co-Trainer vorbei?

Glöckner: Man sollte im Fußball ja bekanntlich niemals nie sagen. Allerdings ist es schon so, dass mir der Job als Cheftrainer am besten gefällt und er auch hervorragend zu meinem Charakter passt.

Wie meinen Sie das?

Glöckner: Ich bin jemand, der gerne das letzte Wort hat und recht dominant ist. (lacht) Und das ist in der ersten Reihe besser möglich als in der zweiten. Als Assistent kannst du zwar deine Ideen mit einbringen, die Entscheidungen trifft aber der Cheftrainer. Mit dem größeren Druck, den ich nun als Cheftrainer habe, kann ich auch sehr gut umgehen. Die ständige Drucksituation, wie wir sie bei der Viktoria verspüren, bereitet mir sogar Spaß.

Ihr Vertrag bei Viktoria Köln läuft bis Juni 2019, im Aufstiegsfall verlängert er sich automatisch bis 2020. Wo sehen Sie den Verein in anderthalb Jahren?

Glöckner: Bestenfalls spielen wir dann Profifußball. Allerdings gehen wir professionell mit der aktuellen Lage um. Im Hintergrund beschäftigt sich der Verein bereits ein wenig mit der 3. Liga. Wir sind aber nicht so blauäugig, dass wir die Planung für die kommende Saison schon jetzt komplett darauf ausrichten. Noch hatten wir keine größere Schwächephase - aber man muss damit rechnen, dass das noch passieren kann. Deshalb machen wir alles step by step und konzentrieren uns immer nur auf das anstehende Spiel. Jetzt liegt unser Fokus auf der Partie in Wattenscheid.